Katholiken müssen im Moment viel in und mit ihrer Kirche aushalten. Dazu zehren zwei Jahre Pandemie an den Nerven. Da ist eine kleine Auszeit vom Alltag wichtig für das Nervenkostüm. Klosterkirchen sind ruhige Orte, in denen die Hektik der Welt ausgeschlossen wird. In den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach gibt es eine kleine Auswahl.
Die Tür quietscht leise beim Öffnen. Das Geräusch, wenn sie wieder ins Schloss fällt, ist das letzte, das man von der Umwelt noch hört. Schon auf dem Weg von der Straße zur Klosterkirche Neuwerk wird der Lärm immer leiser. Nun ist man mit seinen Gedanken allein. Alles fällt von einem ab: der Stress, den zwei Jahre Corona-Pandemie mit sich bringen – auch dann, wenn es einem vergleichsweise gut geht. Aber auch wenn gerade keine Pandemie ist, gibt es Momente, in denen man aus dem Alltag aussteigen möchte. Nur kurz, um sich wieder zu sammeln.
Vier Klosteranlagen gibt es in den Regionen Mönchengladbach, Jüchen und Heinsberg: Im Kloster Neuwerk und im Franziskanerkloster in Mönchengladbach sowie im Nikolauskloster Jüchen leben noch Ordensfrauen und-brüder. Die Anlage des ehemaligen Kreuzherrenklosters Haus Hohenbusch in Erkelenz haben die letzten Kreuzherren 1802 verlassen. Die Anlage ist die einzige, die kein Kirchengebäude mehr hat. Wo sie einst stand, ist heute eine „Open-Air-Kirche“, die mit Hecken, Bäumen und Büschen auf dem Grundriss des Originals skizziert ist.
Die Kirche wurde 1802 abgetragen, als das Kloster im Rahmen der Säkularisierung unter Napoleon aufgelöst wurde. Aber immer noch ist der besondere Geist zu spüren. In der „Kirche“ ist man direkt mit der Natur verbunden. Ab Frühling erwacht sie wieder. Frisches Grün, Vögel bauen ihre Nester in den Baumkronen, Insekten suchen Nahrung. Ein Ort, an dem man fühlt, dass der Mensch ein Teil davon ist.
Zugegeben, hier im Gebet Ruhe und Einkehr zu finden, ist bei nass-kalter Witterung schwierig. Obwohl auch das geht, wie das Beispiel des Nikolausklosters zeigt. Auch bei Regen und Niedrigtemperaturen sind die Gottesdienste unter freiem Himmel im Garten von den Gläubigen sehr gut angenommen worden. Wer die Klosteranlage besucht, findet das Zelt mit Altar und Kreuz vor und findet hier auch einen Ort zur Besinnung.
Wobei gerade das Nikolauskloster reich an besonderen Orten ist, die sich
für eine geistigen Ausflug aus dem Alltag eignen. Im Zentrum steht die Klosterkirche, auf die der Weg vom Eingangstor direkt zuführt. Hier empfängt einen ein langer schmaler Kirchenraum mit hellen Wänden und einem eindrucksvollen Deckengemälde, in dessen Anblick man leicht versinken kann. Der Blick nach oben, quasi gen Himmel, bewirkt neben der geistigen auch eine körperliche Entspannung. Automatisch streckt sich der Rumpf, wenn man den Kopf ein wenig nach hinten legt, der Körper wird leicht gedehnt.
Auch das kann tröstlich und beruhigend sein: Überall auf dem Gelände gibt es Zeichen, dass man nicht allein ist. An der Lourdes-Grotte weisen die vielen Lichter darauf hin, dass zahlreiche Menschen hier zu Besuch waren. 1914 wurde die Lourdes-Grotte erbaut und eingeweiht. 500 Gläubige sind damals zu diesem Ereignis gekommen.
Allein ist man auch in der Klosterkirche St. Barbara an der Bettrather Straße in Mönchengladbach nicht immer. Vom Bunten Garten gegenüber finden Besucher ihren Weg hierhin: Großeltern mit ihren Enkeln, junge Mütter mit ihren Kindern, aber auch Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, wie Obdachlose. Sie entzünden eine Kerze oder wärmen sich einfach nur eine Weile auf.
St. Barbara ist mit der Jugendkirche St. Albertus, der Münsterbasilika und der Citykirche eine der vier Kirchen in der Innenstadt, die immer geöffnet sind. Während im Münster eine ehrenamtliche Aufsicht das möglich macht, gibt es derlei in St. Albertus und in St. Barbara nicht. Dass es schon mehrfach zu Vandalismus in der Klosterkirche gekommen ist, soll an der Öffnung nichts ändern. „Eine Kirche muss offen sein für die Menschen“, meint Pater Wolfgang Thome. Er lebt gemeinsam mit einem Mitbruder in dem Franziskanerkloster.
Dass Besucherinnen und Besucher hier willkommen sind, zeigt sich an jeder Kirchenbank. „Schön, dass Sie da sind“, ist auf grünen Schildern zu lesen. Der ungewöhnlich helle Kirchenraum, der auch am dunkelsten Regentag freundlich wirkt, gibt Zuversicht. Der Blick verliert sich automatisch in der Weite des großen hohen Raumes und bleibt am Ende an den Glasfenstern im Chorraum hängen.
Ganz anders ist die Wirkung der Klosterkirche Neuwerk, deren Eingang ein wenig versteckt liegt. Ihre heutige Form erhielt sie um 1175. Der älteste Teil, das linke Seitenschiff, war 1135 das Mittelschiff. Weil die Kirche klein ist, fühlt man sich selbst dann dem Triptychon hinter dem Altar nah, wenn man auf der Empore im Westwerk Platz genommen hat.
Der kleine Kirchenraum umhüllt einen wie ein Kokon und gibt ein Gefühl von Sicherheit und Nähe. Es kann sein, dass man eine Schwester der Salvatorianerinnnen hier trifft. Der Orden übernahm das Kloster 1961 von den Franziskanerinnen. Die Kirche ist ein Symbol für Beständigkeit. Wie viele Menschen haben hier schon gesessen und gebetet? Aus Verzweiflung oder aus Freude? Mehrere Kriege hat dieser Ort überstanden. War Zeuge von Liebe und auch von Intrigen, wie einige Bücher über die Klostergeschichte in der Bibliothek belegen. Obwohl man so nah an dem Geschehen der Außenwelt ist, ist man hier ganz entrückt. Und wenn man Glück hat, dann geht eine der Schwestern durch den Kirchenraum und wünscht einem im Vorbeigehen „Alles Gute“.