Zeugnis eines Schulleiters

Das erste Halbjahr in der Krefelder Marienschule liegt hinter Ralf Juntermanns. Eine Bilanz

Ralf Juntermanns beweist einen sicheren Blick auf die Marienschule und auch auf sich selbst. (c) Dorothée Schenk
Ralf Juntermanns beweist einen sicheren Blick auf die Marienschule und auch auf sich selbst.
Datum:
22. Jan. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2019 | Dorothée Schenk
Nach über zehn Jahren gab es einen Wechsel an der Marienschule in Krefeld: Klaus Neuenhofer reichte den Staffelstab an seinen Konrektor Ralf Juntermanns weiter.

Für die KirchenZeitung gibt der neue Schulleiter Juntermanns ein erstes „Halbjahreszeugnis“ ab. Dreimal sehr gut, aber auch zwei mangelhaft gehören dazu. Ein „blauer Brief“ ist nicht zu befürchten: Ein Ungenügend gab es nicht zu verteilen.


 >>Sehr gut

Nach den ersten Monaten würde ich sagen, dass die Zusammenarbeit mit allen am Schulleben Beteiligten – Kollegen, Mitarbeitern wie Eltern und Schülern – extrem positiv ist. Das heißt nicht, dass ich alle Wünsche erfüllen kann. Aber Gespräche auf Augenhöhe mit einer guten Mischung aus Kollegialität, aber auch klarem Rollenverständnis – das klappt gut. Es war tatsächlich eine Frage, die ich mir gestellt habe: Wie verliert man den Kontakt zum Kollegium nicht, obwohl man plötzlich ein Dienstvorgesetzter ist? Aber der Kontakt ist doch sehr gut.


 >>Sehr gut

Der Hans-Riegel-Fachpreis ist die Arbeit der Schüler! Wir sind in den letzten Jahren regelmäßig erfolgreich – übrigens auch als einzige Schule, die nicht mint-ec ist. Wir sind „nur“ mintfreundlich. Eine hochrangige Jury bewertet für den gesamten Regierungsbezirk Düsseldorf die Facharbeiten. Ich hab’ mich auch gefreut, weil die Arbeiten eine gute Mischung aus klassischen Aufgaben sind, die mit ganz modernen Werkzeugen gearbeitet haben: Computer oder Messwert-Erfassungssystemen. Auch das können wir! Da ist unsere Schule wirklich auch modern ausgestattet. Die Teilnahme an Wettbewerben zeigt den Schülern, dass sie nicht nur für den Unterricht lernen.  


 >>Sehr gut

Als Misereor-Schule holen wir die Welt mehr in die Marienschule – auch ganz praktisch. Die Misereor-Beauftragte von Südamerika hat mit unseren Schülern auf Spanisch im Spanisch-Kurs über die Flüchtlingssituationen diskutiert. Das ist ein enormer Wert. Künstler Uwe Appold war zu Gast und hat mit unseren Schülern zwei Tage einen Workshop zum Hungertuch gemacht – wo wechselseitig alle Beteiligten begeistert waren. Die Arbeiten werden jetzt in Aachen ausgestellt. Es gibt die Möglichkeit, dass wir bevorzugt Praktikumsplätze bekommen oder Plätze für das FSJ. Ein großer Vorteil ist, dass Misereor auch viel Unterrichtsmaterial entwickelt, das man in den Politik- oder Erdkundeunterricht einbinden kann, wenn etwa Entwicklungsländer eine Rolle spielen. Es ist eine gute Ergänzung zu SAM, unserer Sozial-Aktion-Marienschule, St. Martin singen, vorlesen mit Schülern im Altenheim – da hat man die konkrete christliche Erfahrung vor Ort und hautnah zu erleben, und das andere ist der Blick in die Ferne mit der Ausrichtung: Wie ist die Verantwortung als Christ in der Welt?


 >>Gut

Bei allem Ärger, den es zwischen Schülern und Lehrern gibt, haben wir hier eine besondere Vertrauensstellung. Es gibt viele Kinder, die einen großen Rucksack mit sich tragen, der gepackt ist mit Problemen. Wenn man merkt, dass die Kinder sich melden, wenn sie große Sorgen haben, oder auch Eltern, dann läuft doch eine ganze Menge richtig.


 >>Gut

Die Digitalisierung geht gut und schnell voran. Es gibt das Programm „Gute Schule 2020“. Mit dem Geld haben wir als erstes das Kabelnetzwerk in der Schule vollständig überarbeitet, einen neuen Server für die Verwaltung und die Schüler aufgesetzt. Wir sind dabei, WLAN für die Schule aufzubauen. Alle Lehrer und Schüler können auf eine Microsoft-Cloud zugreifen und bekommen damit das Office-Paket dazu, das sie auch zu Hause benutzen können; außerdem eine E-Mail-Adresse, was für die Schule auch praktisch ist. Weiterer Vorteil: Schülergruppen können über die Cloud – jeder von sich zu Hause aus – gemeinsam an Projekten arbeiten. Auch im Krankheitsfall ist das Referat an dem Vortragstag auf jeden Fall verfügbar.


 >>Befriedigend

Ich unterrichte nur noch fünf Stunden in der Woche im Mathe-Leistungskurs Q2, der jetzt gerade aufs Abitur zugeht. Das ist ein Teil der Arbeit, der mir viel Spaß macht und den ich umkehrt sehr vermisse. Wegen des Unterrichtens ist man ja Lehrer geworden. Zum Abschied hat mir meine Klasse ein Büchlein gemacht, da ist die perfekte Beschreibung drin: „Sie sind nicht mehr unser Klassenlehrer. Sie sind jetzt der Klassenlehrer der ganzen Marienschule.“ Das ist etwas, was ich mitnehme. Jetzt bestimmt der administrative Teil meist den Alltag. Hier läutet häufig das Telefon oder eine Türe geht auf … oder beides gleichzeitig. Es ist eine ganz spannende Aufgabe, weil man bei allen Rahmenbedingungen versuchen kann, zu gestalten. Der Austausch mit mehr Kollegen als früher über „Unterricht“ ist anregend. Insofern ist es eine Bereicherung, die ich als sehr positiv empfinde, aber ganz klar: Ich vermisse Schüler und Unterricht.


 >>Befriedigend

In der Hausordnung steht, dass wir uns energiesparend und wassersparend verhalten sollen. Wir haben jetzt eine Umwelt-AG, aber Mülltrennung in den Klassen findet noch nicht statt. Ich habe die Idee, dass wir Energie-Detektive durchs Haus schicken, die gucken, wo unsere Energie-Fresser sind. Gerade in diese Richtung muss aus meiner Sicht noch eine Menge passieren. Es gibt aber bereits
einen Trinkwasser-Automaten, um die Kunststoff-Flaschen zu reduzieren. Das wird gut angenommen. Es gibt auch immer einen Aushang, wie viele Plastikflaschen wir „gespart“ haben und damit CO2. Die Schüler können eine wieder befüllbare Flasche mit Schullogo kaufen oder eigene Flaschen mitbringen. Es ist befriedigend – aber mehr noch nicht.


 >>Ausreichend

Es gibt einen Haken an der Digitalisierung. Sie klappt im Innern der Marienschule ziemlich gut. Aber außerhalb nicht. Wir warten auf eine Glasfaser-Anbindung. Das Nadelöhr ist tatsächlich die Verbindung mit einem Breitband-Anschluss. Hiermit kämpfen alle Krefelder Schulen. Wir haben alle Unterrichtsräume über den Förderverein mit Beamern ausgestattet. Man muss ja inzwischen viel Filmanalysen machen oder in Fremdsprachen Kommunikationstraining. Damit wird der Bedarf an Bandbreite steigen. Wir werden an den Punkt kommen, an dem man nicht parallel in mehreren Räumen Filme gucken kann, wenn man sie nicht zu Hause heruntergeladen hat und auf dem USB-Stick mitbringt. Die Flexibilität wird erst wirklich da sein, wenn die größere Leitung kommt.  


 >>Ausreichend

Im Thema „Work-Life-Balance“ bin ich im ersten Halbjahr noch nicht so erfolgreich gewesen – jedenfalls sieht das meine Familie etwas kritisch. Natürlich gucke ich am Wochenende E-Mails an. Die Kollegen wissen, dass sie am Wochenende keine E-Mails von Eltern beantworten müssen. Das gilt aber auch für mich. Was ich wirklich wichtig finde, das wird beantwortet. Ich hab’ E-Mails auf dem Smartphone, aber ich kann die auch stehenlassen. Ein guter Zeitpunkt, sie zu kontrollieren, ist, wenn ich samstags meine Jungs auf den Fußballplatz begleite und gerade nichts passiert. Ich kann das Handy auch gut klingeln lassen, wenn ich am Samstagabend mit meiner Frau unterwegs bin.  


 >>Ausreichend

Ich möchte mehr Feierkultur in der Schule kultivieren. Es geht nicht um mehr Feten für die Schüler – sondern darum, das Wir-Gefühl zu steigern und positiv zu fassen. Wir feiern große Gottesdienste, und das ist auch sehr schön, aber ich würde gerne noch mehr gemeinsame Feste entwickeln – Feiern in der Vielfalt.  


 >>Mangelhaft

Beim Lebensraum „Schule“ sind wir auf gutem Weg, aber da können wir noch eine Menge nachlegen. Stichwort Sanierungsstau oder Toilettenanlagen. Wir wünschen uns immer noch eine Bewegungsstation auf dem Schulhof. Ich würde gerne eine Ausstattung in den einzelnen Klassen haben mit einer Lernumge- bung, die nicht nur Computer heißt, etwa eine Klassenbibliothek oder sinnvolle Plakate, die zum Lernen nebenher anregen. Da ist noch viel Potenzial, das man auf jeden Fall nutzen sollte.  


 >>Mangelhaft

Dafür können wir nicht wirklich, aber der Umbau G9 ist eine große Baustelle. Die Vorbereitungen haben angefangen, aber es gibt noch so viele Unklarheiten aus Düsseldorf. Und der aktuelle Fünfer-Jahrgang ist ja schon G9er Jahrgang. Wir unterrichten im Augenblick „ins Blaue“, das ist sehr unbefriedigend.