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Im Aachener Dom wurden die Preisträger des Wettbewerbs „Ein Kleid für Maria“ ausgezeichnet

Schwester Klara Antons OSB vor ihrem Entwurf im Aachener Dom. (c) Domkapitel Aachen/Andreas Steindl
Schwester Klara Antons OSB vor ihrem Entwurf im Aachener Dom.
Datum:
5. Feb. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 06/2019 | Kathrin Albrecht
Seit fast 700 Jahren wird das Gnadenbild im Aachener Dom verehrt. Gläubige und Pilger tragen nicht nur ihre Sorgen vor die Marienstatue mit Kind, sondern beschenken das Gnadenbild auch mit Schmuck und mit Kleidern.

Ein stattlicher Kleiderschrank ist dabei zusammengekommen, der selbst, wie das Gnadenbild, zum Teil historisch bedeutsam ist. Mit dem Wettbewerb „Ein Kleid für Maria“ wollte das Domkapitel diese jahrhundertelange Tradition in die Moderne führen und rief dazu auf, ein zeitgemäßeres, ein Alltagskleid für das Gnadenbild zu entwerfen. Angelehnt war die Idee, erklärte Birgitta Falk bei der abschließenden Preisverleihung im Aachener Dom, an das „Magnificat“, das Hohelied Mariens, sowie an das Kirchenlied „Maria, dich lieben ist allzeit mein Sinn“. Es sollte deutlich werden, dass Maria eine „Frau aus dem Volk“ sei, eine „einfache Magd“, wie sie sich selbst im Lukasevangelium beschreibt.

Bei den Künstlern wurde der Wettbewerb gut angenommen, früh seien dazu viele Rückfragen gekommen, berichtete Falk. Zu einer ersten Ausstellung, bei der das Gnadenbild ohne übergezogene Prachtgewänder besichtigt werden konnte, kamen 150 Besucher. Fast 100 Entwürfe aus sechs Ländern wurden eingereicht, darunter auch Künstler aus Aachen, unter anderem Claudia Merx und Michael Scheu. Alle Entwürfe ließen erkennen, dass sich die Künstler ernsthaft und respektvoll mit der Aufgabe auseinandergesetzt hatten, sagte Birgitta Falk. Im Zuge des Wettbewerbs hatte es aber auch eine Welle der Kritik gegeben, mit der die Ausrichter des Wettbewerbs so nicht gerechnet hatten. Ausgelöst durch einen Fernsehbericht, indem Aachener Bürger befragt wurden, was sie sich denn unter einem neuen Kleid für Maria vorstellten, kamen auch spontane und dem Wetter angepasste Äußerungen wie „Bikini“ zustande. Unterschriften gegen den Wettbewerb wurden gesammelt. Abschließend könne sie dem auch etwas Positives abgewinnen, sagte Falk: „Es zeigt, wie emotional berührt Menschen bis heute von dem Gnadenbild sind.“Eine zehnköpfige Jury aus Liturgiewissenschaftlern und Kunsthistorikern begutachtete die Entwürfe. Dass es keinen ersten Platz gebe, begründete Falk damit, dass beide zweitplatzierten Entwürfe sehr eng in ihrer Symbolik und Aussage beieinanderlagen.

Aktuell ist im Dom der Entwurf von Schwester Klara Antons OSB zu sehen. Sie verzichtete darauf, das Gnadenbild komplett einzukleiden. Stattdessen stellte sie durch eine neue Rahmung einen Bezug zum Marienkleid, einer der Tuchreliquien des Aachener Doms, her. Ein auf Holz gezogener vergoldeter Leinenstoff zeigt den Umriss des Marienkleides. Zum Marienkleid hat die gelernte Textilfachfrau und promovierte Liturgiewissenschaftlerin eine persönliche Beziehung. „Wie der Heilige Rock in Trier ist das Marienkleid für Textiler faszinierend“, erzählt sie. Das Marienkleid hat die Benediktinerin aus der Abtei St. Hildegard bei Rüdesheim bei der Heiligtumsfahrt 2007 auch selbst gesehen und begutachten dürfen. „Das Kleid selbst ist eine Inkarnation: Es ist aus Leinen. Der Stoff ist schwierig herzustellen. Die Pflanze muss wachsen, die Samen müssen geröstet, die Fasern gesponnen werden. Aus Erde entsteht Kleidung – das ist die Inkarnation.“ Über die Statue selbst ist ein schlichter Leinenstoff drapiert, einem Taufschal gleich. Es erinnere daran, sagte Laudator Albert Gerhards, dass die Aachener Tuchreliquien keine prächtigen Gewänder seien. Bei den Aachenern, die der Preisverleihung beigewohnt hatten, löste das so neu eingekleidete Gnadenbild unterschiedliche Reaktionen aus. Von „wunderschön“ bis „sehr gelungen“ reichte die Zustimmung, anderen fehlte das „historische Gewicht“.

Auch der Entwurf der zweiten Preisträgerin spielt mit der ambivalenten Bedeutung von Bekleidung und Pracht. Heinke Haberland aus Düsseldorf hüllte das Gnadenbild in eine Rettungsfolie, die in jedem handelsüblichen Erste-Hilfe-Kasten zu finden ist. Vielleicht eindringlicher ist der Bezug zu aktuellen Nachrichtenbildern, die aus Seenot gerettete Geflüchtete mit solchen Tüchern zeigen. Haberland spielt damit nicht nur auf eine alte Form des Marienmotivs, die Schutzmantelmadonna, an, sondern verdeutlicht auch, dass Maria nicht nur Schutz Gewährende, sondern auch Schutzsuchende ist. Das prächtige Gold der Folie ist ein Gold der Armut und steht damit im Kontrast zur prächtigen Ausschmückung des Doms.

Auch der dritte Platz, ein Entwurf des Künstlers Gerlach Bente, nimmt Bezug auf den Raum. Das Gnadenbild ist gehüllt in mehrere Lagen Seide, vornehmlich in verschiedenen Blautönen. Diese nehmen Bezug auf die Kirchenfenster der Chorhalle, der halbtransparente Stoff gibt den Blick frei auf die Holzfigur. 18 weitere Entwürfe aus dem Wettbewerb sind in einer Ausstellung in der Domschatzkammer zu besichtigen. Bis zum Ende der Fastenzeit ist der Entwurf von Schwester Klara im Aachener Dom zu sehen. Dann wird das Gnadenbild zur Fastenzeit neu eingekleidet.

Die Ausstellung „Ein Kleid für Maria“ ist bis zum 28. April in der Aachener Domschatzkammer zu sehen. Eintrittskarten gibt es in der Dominformation. Zur Ausstellung ist ein Begleitkatalog erschienen. Er ist zum Preis von 12,- Euro an der Kasse der Domschatzkammer erhältlich.