Würdevoller Abschied

Trauerfeiern im Ausnahmezustand sind immer noch eine Herausforderung

(c) Ursula Weyermann
Datum:
18. Mai 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 21/2020 | Ursula Weyermann

Abschied nehmen. Loslassen. Für immer. Sterben und Trauer gehören zum Leben dazu. In Zeiten von Corona ist alles ein bisschen anders. Wie kann bei den gesetzlich verordneten SARS-CoV-2-Schutzmaßnahmen eine gewisse Würde bewahrt bleiben und eine „bessere Versorgung sterbenskranker und sterbender Menschen“, wie es sich die Deutsche Bischofskonferenz wünscht?

 Wie wird das zurzeit im Hospiz gehandhabt? „Wir richten uns da schon nach  den Empfehlungen des Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verbandes und natürlich nach den gesetzlichen Bestimmungen“, sagt Petra Müller. Sie arbeitet seit vier Jahren im Stationären Hospiz des St.- Augustinus-Krankenhauses in Lendersdorf. Die dort zu betreuenden Menschen werden als Gäste bezeichnet. „Der Besuch pro Gast wird auf maximal zwei Personen pro Tag begrenzt“, so die Diplom-Sozialarbeiterin. „Und alle tragen einen Mundschutz.“ Im Vorfeld hätten sie und ihre Kollegen „wie die Weltmeister Masken genäht“. Aber im Zimmer selbst, wenn der Sohn zu Besuch bei der Mutter sei, dürften auch die Masken abgenommen werden.

Corona sei  natürlich bei den Gästen als auch deren Besuch Thema. Und an manchen Stellen seien die Einschränkungen deutlich zu spüren. „So zum Beispiel bei einem Gast, der sehr in eine Hausgemeinschaft integriert war. Da kommen normalerweise vier Leute gemeinsam zu Besuch. Das ist im Moment leider nicht möglich.“  Petra Müller bedauert auch, dass manche Wünsche der Gäste zurzeit nicht  realisierbar sind. „Da war die 91-jährige Mutter eines Ehrenamtlers, die sich zum Begräbnis ein ,buntes Fest des Lebens‘  mit vielen Menschen gewünscht hatte.“  Das Stationäre Hospiz steht Menschen allen Glaubens offen. Ein Pfarrer besucht die Gäste nach Wunsch auf deren Zimmern. „Eine Kommunion ist leider nicht möglich, aber eine Krankensalbung und intensive Gespräche auch mit den Angehörigen.“

Der erfahrene Trauerbegleiter Toni Straeten ist erleichtert, was in diesen Zeiten im Stationären Hospiz noch möglich ist. „In den Krankenhäusern und Seniorenheimen ist manchmal leider nur noch eine Krankensalbung in Schutzkleidung möglich.“ Ob Angehörige in der Phase des Sterbens dabei sein dürften, würde von Haus zu Haus unterschiedlich gehandhabt. 

Was die katholischen Bestattungen während dieser schwierigen Zeit betrifft, gilt Hans-Otto von Danwitz für den Bereich Düren als Experte. Aufgrund seines Alters und seiner Konstitution nimmt er derzeit die meisten Bestattungen vor. Zum einen, weil andere Aufgaben wegfallen, zum anderen, weil vorerkrankte Kollegen und die meistens schon älteren ehrenamtlichen Begräbnishelfer geschützt werden sollen. Hans-Otto von Danwitz freut sich, dass jetzt wieder eine Trauerfeier in der Kirche stattfinden kann. Natürlich nur als Wortgottesfeier. „Wir haben bis dato versucht, das Beste aus der Situation zu machen: Treffen am Eingang des Friedhofes und gemeinsamer Gang zum Grab. Dort gab es dann einen kleinen Gottesdienst mit Gedanken zum Verstorbenen, wenn die Menschen das mochten.“ Nach wie vor gilt es, Schutz- und Abstandsbestimmungen einzuhalten. „Ich habe immer versucht, die Beerdigung so persönlich wie möglich zu gestalten, auch mit Riten und Kreuz und Weihwasser.“

Was die Kondolenzbesuche und Organisationsgespräche betrifft, so bietet der Hausherr von St. Anna mehrere Möglichkeiten an: „Wir können das telefonisch besprechen, ich kann einen Hausbesuch machen, wenn ausreichend Platz da ist, und natürlich mit Schutzmaske. Oder wir können uns im Papst-Johannes-Haus treffen. Da ist reichlich Platz, um auch auch den nötigen Abstand einzuhalten.“

„So würdevoll wie möglich“ versucht auch von Danwitz’ Kollege Erik Pühringer in Mechernich die momentanen Beerdigungen zu gestalten. Auch in der Eifel steht der Schutz der Ehrenamtler im Vordergrund, und die Geistlichen erledigen so gut wie alle Aufgaben selbst. Was die Teilnehmerzahl an den Verabschiedungen am Grab betrifft, so ist man hier großzügiger. „Das können auch bis zu 25 Personen sein, wenn der nötige Abstand eingehalten werden kann.“ Der Seelsorger aus Mechernich stellt fest: „Ein positiver Nebeneffekt der Krise ist die Entschleunigung. Man hat wieder Zeit für lange Gespräche mit den Gläubigen auch über deren Ängste und Sorgen.“ Auch in der Eifel-Kommune läuft derzeit viel über das Telefon. Und vielen sei es ein Trost, das eine besondere Würdigung des Verstorbenen zu einem späteren Zeitpunkt in einem Gottesdienst stattfände.

 

Auch in dieser schwierigen Zeit für Sorgen und Nöte der Menschen da sein

Die Trauerhallen haben jetzt mittlerweile wieder bistumsweit geöffnet. „Bis dato wurde das unterschiedlich gehandhabt“, erklärt Barbara Vanderheiden vom Bistum Aachen. „Die Kommunen haben die Hoheit über die Friedhöfe, und da hat jede Kommune anders entschieden.“ Natürlich gilt auch in den Trauerhallen das Abstandsgebot. Körperkontakt in Form der Beileidsbekundung oder des Grußes ist nach wie vor verboten.  Urne oder Sarg? „Da hat sich das Verhältnis nicht verschoben“, sagt Toni Straeten. Was die Bestattung im Sarg betrifft, so gilt weiterhin die Regel, dass diese innerhalb der nächsten Tage nach dem Tod erfolgen muss. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Frist der Urnenbeisetzung von sechs Wochen aufgrund der Krise verlängert.

Viele Angehörige setzen auf die Zeit und hoffen, den lieben Verstorbenen bald wieder auf die altbewährte Art beerdigen zu können. Toni Straeten, aber auch Hans-Otto von Danwitz und Erik Pühringer ist es ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass sie da sind und viel Zeit haben für die Sorgen und Nöte der Menschen in dieser schwierigen Zeit. „Und natürlich trauern Menschen, die vor der Krise jemanden verloren haben, ja jetzt auch noch“, sagt Straeten. „Der Verlust wird oftmals noch stärker wahrgenommen, weil man jetzt meint, alleine durch diese Zeit zu müssen.“ Aber dem sei nicht so. „Leider ist momentan die Vorstellung verbreitet, dass alles zu ist“, aber die Kontaktstelle für Trauerbegleitung sei immer unter  Tel. 0 24 21/28 02 56 erreichbar. Auch kann jedes Pfarrbüro ein tröstendes Gespräch mit einem Seelsorger vermitteln.

Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Trauerbegleitung

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