„Wo hast du die denn her, aus dem Urlaub?“ Als Autorin Diana Dua beginnt, aus ihrem Buch „Zeilen gegen das Unbehagen“ zu lesen, geht ein Raunen durch die Zuhörenden, ungläubiges Kopfschütteln oder Lachen ist wahrzunehmen.
Der Prolog ihres Buches „Zeilen gegen das Unbehagen“ (story one.publishing, ISBN 978-3-7115-0826-3, Preis: 18 Euro) schildert noch andere Situationen und Äußerungen, die von den Sprecherinnen und Sprechern so gedankenlos dahingesagt sind, aber so verletzend wirken: „Es sind Worte, die wie Kettensägen die Wirklichkeit zerstückeln“, schreibt Diana Dua, die mit ihrem Buch auch auf Lesereise geht. In Hamburg, wo sie lebt und arbeitet, hat sie schon gelesen, und auch in Krefeld, auf Einladung von Anne Pelster, die als systemischer Coach und Kommunikationstrainerin in Krefeld arbeitet und Dua über ein Online-Forum zum Thema Alltagsrassismus kennengelernt hat.
Diana Dua wählt bewusst diesen krassen Einstieg, denn er zeigt anschaulich, was Alltagsrassismus bedeutet. Dass sie bei einem Ferienjob ein Lob dafür bekommt, dass sie so gut Deutsch spricht, das beharrliche Nachbohren, wo sie wirklich herkomme oder die Reaktion der Klassenlehrerin, dass sich die Mutter von Diana Dua wohl etwas zu übertrieben darüber aufregt, dass ein Kinderlied mit dem N-Wort im Unterricht gesungen wird. „Das Buch ist eine Aufarbeitung. Das Thema begleitet mich ein Leben lang“, erzählt Diana Dua. Lange habe sie es vermieden, sich dazu Gedanken zu machen, „weil es kein schönes Thema ist.“ Doch dann habe sie einfach drauf los geschrieben. Diana Dua fasst ihre Gedanken in Mikrotexte: „Sie kamen so raus, es fühlte sich richtig an.“ Und: „Ich möchte eine Emotion transportieren.“
Aufgewachsen ist Diana Dua in Rheinland-Pfalz. In ihrem Ort war sie das einzige „Kid of Colour“, ihr Vater war der einzige schwarze Mensch. „Wir fielen auf, ich konnte mich nicht verstecken. Ich gehörte schon dazu, aber ich konnte nicht ,untertauchen‘“, erzählt sie. Sie studierte in Paderborn, ging dann nach Hamburg: „Da hatte ich das erste Mal das Gefühl, nicht so aufzufallen.“ Was aber nicht heiße, dass in der Großstadt nicht auch unschöne Dinge passierten.
Und es müssen auch nicht nur negative Äußerungen sein. Den sogenannten positiven Rassismus thematisiert Diana Dua in „Not Beyoncé“ - im Gegensatz zur US-amerikanischen Sängerin könne sie weder tanzen noch singen, auch, wenn sie, wie Beyoncé, eine People of Colour ist.
Diana Dua ist freiberufliche Texterin und Lektorin. Als Sensitivity-Readerin befasst sie sich auch mit Sprache, die verletzend auf Leserinnen und Leser wirken kann. Das auch renommierte Medien mit Begriffen wie „Flüchtlingsflut“ arbeiteten, kritisiert sie: „Sprache ist ein Abbild unserer Zeit und es ist vielleicht an der Zeit, hier umzudenken, anstatt unreflektiert die Sprache aus dem rechtspopulistischen Lager zu übernehmen.“
Gegen das Unbehagen schreibt Diana Dua weiter an. Neue Texte lässt sie in die Lesungen mit einfließen. Und sie bereitet Workshops zum sensiblen Umgang mit Sprache vor. Die Menschen, die zu ihren Lesungen kommen, brächten allerdings
schon Empathie mit. Die müsse sie nicht mehr überzeugen, sagt Diana Dua. Sie würde sich auch einen Dialog auf Augenhöhe mit den Menschen wünschen, „die anderer Meinung sind als ich.“
Lesungen seien ihr zu Beginn schwer gefallen, erzählt Diana Dua, denn jedes Mal laufe wieder ein Film mit. Die Erlebnisse zu teilen, sei befreiend.
Ihr gehe es darum, zum Nachdenken anzuregen, Menschen dazu zu bringen, sich ein Stück aus ihrer Komfortzone zu bewegen. „Fragen wie: ,Wo kommst du her?‘ oder Äußerungen wie: ,Du sprichst aber gut deutsch.‘ vermitteln das Gefühl des Nicht-Dazugehörens. Das Gefühl, mich für mich selbst rechtfertigen zu müssen, kostet Kraft“ schildert Diana Dua ihre Erfahrungen.
Bei der Lesung in Krefeld gehen einige der Zuhörenden mit sich kritisch ins Gericht: „Wenn ich das höre, fühle ich mich beschämt, aber Scham hilft nicht, da muss etwas anderes greifen“ sagt ein Zuhörer.
Nicht über Rassismus sprechen zu müssen, sei ein Privileg, sagt Diana Dua. „Da wir aber in einer vielfältigen Gesellschaft leben, ist es wichtig, über Rassismus zu sprechen und ihn zu benennen. “