„Vereint im Glauben“ sind die christlichen Gemeinden weltweit. Da den katholischen Messen auf allen Kontinenten dieselben Riten zugrunde liegen, fühlen sich immer alle eingeladen und können mitfeiern. Allerdings gibt es auch kleine, feine und wunderbare regionale Unterschiede. Die KirchenZeitungsredaktion hat sich zu Weihnachten in den Regionen des Bistums Aachen umgetan und stellte einige „Besonderheiten“ vor.
Von Kathrin Albrecht
Besinnlich feiert die vietnamesische Gemeinde die Gottesdienste an den Weihnachtsfeiertagen. Dabei, so erzählt Pater Dominic Nguyen Ngoc Long, seit zehn Jahren der zuständige Seelsorger für die vietnamesische Gemeinde im Bistum Aachen, gebe es keine großen Unterschiede zu einer deutschen heiligen Messe. „Weihnachten ist ein religiöses Fest, wir haben keine eigenen kulturellen Weihnachtsbräuche entwickelt, wie es das in Deutschland gibt.“ Das Christentum kam etwa im 16. Jahrhundert über europäische Missionare nach Vietnam. Rund acht Prozent bekennen sich in Vietnam zur römisch-katholischen Kirche. Vietnam ist damit das Land mit dem viertgrößten Anteil an Katholiken in Südostasien. Im Bistum Aachen werden in Aachen, Mönchengladbach, Krefeld und Viersen Gottesdienste in vietnamesischer Muttersprache angeboten. „Mönchengladbach und Krefeld zusammen zählen etwa 1000 Gläubige“, berichtet Pater Dominic.
An Heiligabend feiert die vietnamesische „Gemeinschaft des heiligen Herzens“ in Krefeld um 16 Uhr eine heilige Messe in der Kirche St. Josef, zuvor ist Beichtgelegenheit. Am zweiten Weihnachtstag wird um 15 Uhr in Mönchengladbach eine heilige Messe zelebriert. Auch in der heiligen Messe der vietnamesischen Gemeinde spielt die Krippe eine zentrale Rolle: „Wir ziehen mit Statuen der Heiligen Familie in einer kleinen Prozession von der Sakristei zur Krippe am Altar“, erzählt Pater Dominic. Die Statuen dafür hat er extra angeschafft. Weitere Personen, die die Prozession begleiten, tragen Laternen. In Vietnam würden die Gemeinden große Krippen aus Papier bauen, die auch beleuchtet werden. In Coronazeiten war alles ein wenig reduzierter, langsam versuche die Gemeinde, wieder zum alten Weg zurückzufinden. Im Anschluss an die Messfeier gibt es eine kleine Aufmerksamkeit für die Kinder. Genauso wie für die Deutschen ist Weihnachten auch für die vietnamesischen Christen ein Familienfest. Man feiert und isst zusammen. Doch einen gravierenden Unterschied gibt es: „Es gibt keine Geschenke zu Weihnachten“, erzählt Pater Dominic. Die gibt es erst zum vietnamesischen Neujahrsfest – das fällt 2023, berechnet nach dem Mondkalender, auf den 22. Januar.
Von Andrea Thomas
Eigentlich ist für sie erst am 25. Dezember Weihnachten. Doch hier in Deutschland ist alles eben etwas anders, und so feiert die „African Catholic Community of Aachen“ wie die englischsprachige afrikanische Gemeinde ganz offiziell heißt, ihren Weihnachtsgottesdienst am 24. Dezember, dem deutschen Heiligen Abend. Seit vergangenem Jahr nutzt sie für ihre Gottesdienste die Kirche St. Mariä Heimsuchung in Herzogenrath-Kohlscheid. Die ist groß genug und bot auch mit den vorgeschriebenen Abstandsregeln während der Hochphase der Coronapandemie genug Platz für die Gemeinde.
Deren Mitglieder kommen aus Ghana, Togo, Nigeria, Kamerun, Tansania und Kenia und sind einander hier in der Fremde sowas wie eine zweite Familie. Die Familie sei in ihrer Heimat gerade zu Weihnachten sehr wichtig, berichten Aliu Fred, Julius Ngwa und Sampson Odurukwe, die Sprecher der Gemeinde. Zu keiner anderen Zeit im Jahr könne man am Flughafen mehr ihrer Landsleute mit einem Ticket in die alte Heimat treffen. „Weihnachten ist mehr als Christi Geburt zu feiern, es ist die Liebe feiern“, sagt Aliu Fred. Daher gehe es auch ums Zusammensein, darum, gemeinsam zu essen, sich gegenseitig in der Familie zu unterstützen und denen zu helfen, denen es zum Beispiel finanziell nicht so gut gehe. Außerdem sei Weihnachten ein Fest für die Kinder. Sie bekommen Geschenke, aber vor allem gibt es für sie neue Kleider, die sie zur Weihnachtsmesse zu Ehren der Geburt des Christuskindes tragen.
All das versuchen die Gemeindemitglieder auch hier hochzuhalten. Was jedoch nicht so einfach sei, wie sie erzählen, da sie in Kohlscheid zwar eine Kirche für ihre Gottesdienste hätten, aber leider keinen Raum, um danach zusammenzukommen. Das sei sehr schade, weil es eigentlich für sie als Gemeinde dazugehört, Weihnachten gemeinsam zu essen (alle bringen etwas Typisches aus ihrer Heimat mit) und die Kinder zu beschenken. So konzentriert sich in diesem Jahr alles auf die Messe. Der Chor wird in den verschiedenen Dialekten ihrer Heimatländer singen und im Anschluss wird es noch so eine Art Konzert geben, wo die Kinder singen und die Weihnachtsgeschichte nachspielen. Am 25. Dezember feiern sie dann ihre Sonntagsmesse und daheim in den Familien Weihnachten.
Von Garnet Manecke
Weihnachten beginnt für Familie Minke erst am 6. Januar. Das Fest beginnt mit dem Gottesdienst der russisch-orthodoxen Gemeinde des heiligen Antonius des Großen zu Mönchengladbach. Der beginnt um 22 Uhr und dauert bis tief in die Nacht. Auf diesen Höhepunkt der Weihnachtszeit bereitet sich die Familie vor: „Davor fasten wir 40 Tage“, sagt Olga Minke. Das bedeutet im Wesentlichen: Tierische Produkte kommen in dieser Zeit nicht auf den Tisch. Auch außerhalb der Weihnachtszeit gehört das Fasten zum Alltag: Mittwochs und freitags sind ebenfalls fleischfreie Tage. Auch die drei Söhne im Alter von vier, sechs und zehn Jahren machen mit.
Ihren Weihnachtsbaum haben Olga und Alexander Minke schon früh aufgebaut und geschmückt. „Das macht den Kindern Freude“, sagt Olga Minke. Auch eine kleine Krippe mit bunten Holfiguren gibt es. „Damit ist es leichter, den Kindern die Weihnachtsgeschichte zu erzählen“, sagt die 43-Jährige.
Der 7. Januar beginnt wieder mit einem Gottesdienst. Erst am Nachmittag wird in der Familie gefeiert. „Dann gibt es auch Geschenke“, berichtet Olga Minke. „Wir feiern dann mit der Familie.“ Vor Corona gab es nach dem Gottesdienst ein Essen in der Gemeinde, zu dem jeder etwas mitbrachte. Heute ist das etwas anders: Das Essen wird geliefert. „Aber das macht jede Gemeinde anders“, sagt Alexander Minke.
Der 41-Jährige ist im Alter von sieben Jahren mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Weil die Eltern bei der Anmeldung nur zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche entscheiden konnten, wurde für sie die evangelische Religionszugehörigkeit eingetragen. „Obowohl ich bis dahin russisch-orthodox aufgewachsen bin, haben wir, auch beeinflusst durch die Schule, dann vom 24. bis 26. Dezember Weihnachten gefeiert“, erinnert er sich.
Als Alexander Minke seine Frau Olga kennenlernte, besuchte er mit ihr die russisch-orthodoxen Gottesdienste. Zur Hochzeit konvertierte er. Die Kinder des Paares besuchen in der Schule den katholischen Religionsunterricht und lernen in der Sonntagsschule das Wesen des russisch-orthodoxen Glaubens.
In der Zeit vom 24. bis 26. Dezember feiert die Familie heute kein Weihnachten mehr. „Für mich ist das Datum wie ein normaler Geburtstag“, sagt Olga Minke. Die Familie verreist in der Zeit. „Die Kinder haben Ferien, und wir fahren meist an die Nordsee. Dort ist es ruhig.“ Die Religion spielt für die Familie eine zentrale Rolle. „Sie bedeutet für mich alles. Das ist unsere Lebensweise“, sagt Olga Minke. Fast jeden Sonntag besuchen sie die Kirche – eine Ausnahme gibt es eigentlich nur, wenn eines der Kinder krank ist.
„Die Kinder bekommen damit eine Basis“, sagt Olga Minke. Das ist ihr wichtig. „Unsre Kinder kennen den Weg zu Gott.“ Damit haben sie eine Grundlage, auf die sie im Leben immer wieder bauen können – ganz gleich, was sonst passiert.