Eigentlich sollten ab diesem Wochenende 60 Mädchen und Jungen in der GdG Jüchen ihre erste heilige Kommunion empfangen. Der Termin wurde kurzfristig auf September verschoben. Auch die Vorbereitungen waren in diesem Jahr ungewöhnlich: Die Kinder und ihre Eltern waren weitestgehend auf sich allein gestellt. Hilfe bot eine App, die Gemeindereferent Alexander Tetzlaff mit Inhalten bestückt hat. Die Kommunionkinder hat er in diesem Jahr kaum getroffen.
Nehmen wir eine Frage zur Bibel: Sind die Texte heilig, mittelheilig, gar nicht heilig oder einfach nur lustig? Jetzt haben die Kinder die Wahl. Wer schon das Buch „Jesus begegnen in der heiligen Kommunion“ gelesen hat, hat einen kleinen Vorteil. Denn da steht so manche Antwort auf die Fragen drin, die die Erstkommunion-App der GdG Jüchen den Kindern stellt.
Die App ist der digitale Ersatz für den Kommunionunterricht. Weil der zurzeit nicht so stattfinden kann, wie er sollte, hat Gemeindereferent Alexander Tetzlaff nach einer Lösung gesucht, um den Kindern wenigstens mit abwechslungsreichem Material eine Vorbereitung in Eigenregie zu ermöglichen – angeleitet von den Eltern.
Aber zurück zur Frage: Wer jetzt die Antwort „heilig“ markiert, wird mit einem klingelnden Kassengeräusch und dem Bild eines runden Glücksschweins belohnt. Wer etwas anderes markiert, bekommt ein streng schauendes Smiley, dessen lächelnder Mund sich zu einem missbilligenden Strich verzogen hat. Begleitet wird es von einem durchdringenden Warnton, der einen gleich aufschrecken lässt. Das Quiz zur Bibel ist eine von vielen Aufgaben und Impulsen, die Kinder und Eltern in der App finden, um sich auf die erste heilige Kommunion vorzubereiten.
Die Inhalte der App sind nicht nur für die Kinder – manche richten sich an die Eltern
Die Kommunionvorbereitung den Eltern zu überlassen, ist zwar nicht die Wunschlösung. Aber immerhin ist es ein Weg, die Erstkommunion zu ermöglichen. Um das leichter zu machen, hat Alexander Tetzlaff eine bestehende App genutzt, in die man selbst Inhalte geben kann. Die Eltern bekamen für ihren Zugang einen QR-Code zugeschickt. Die Resonanz ist nicht so groß, wie Tetzlaff das erhofft hatte. „Schaut man nur auf die Zugriffszahlen, halten sich die in Grenzen“, sagt er. 38 Mal sei die App heruntergeladen worden.
Dabei sind die Inhalte nicht nur für Kinder interessant. Neun Themen sind in der App aufbereitet worden: Beten, Bibel, Glaube, Gott, Jesus, Kirche, die Zehn Gebote, Eucharistie und die Sakramente. Hinter jedem Kapitel stecken Audiobotschaften, die Tetzlaff eingesprochen hat, kindgerechte Videos, Quizfragen, Texte zum Selber- und Vorlesen oder Aufgaben. Die Videos hat die GdG Jüchen nicht selbst produziert. „Da verlinken wir Videos von katholisch.de“, sagt Tetzlaff.
Wichtig ist für ihn, dass die Kinder nicht nur Informationen bekommen, sondern auch selbst aktiv werden. Da Ausflüge und gemeinsame Gruppenstunden nicht möglich sind, werden die Kinder aufgefordert, sich mit einigen Fragestellungen intensiver zu befassen. Dabei sollen sie immer wieder Bezüge zu ihrem eigenen Leben herstellen. Im Kapitel um den Glauben geht es zum Beispiel um das Vertrauen zu Gott als Kern des Glaubens. Nach der Geschichte, in der Jesus über das Wasser läuft und Petrus wegen seiner Zweifel in das Wasser sinkt, steht die Aufgabe, ein Bild zu malen. „Hattest du schon mal so ein Erlebnis? Wo du vor einer Herausforderung standest, fest daran geglaubt hast, es zu schaffen, und es tatsächlich geklappt hat?“
Wer sich durch die Themen und Kapitel in der App klickt, stellt fest, dass nicht nur die Kinder vorbereitet werden, sondern auch die Eltern. Einige der Videos richten sich gezielt an die Eltern und geben Hilfestellungen. Zum Beispiel, wie man mit Kindern über den Glauben spricht oder wo man im Internet weitere Informationen zu den Themen findet. Unterstützung kommt dabei auch von der Maus des WDR: Ein Link führt zu einem Film, in dem der Unterschied zwischen Glauben und Wissen erklärt wird.
Die Technik macht es möglich, dass die Entdeckungstour durch den Kirchenraum St. Jakobus der Ältere trotz der Umstände stattfindet, wenn auch abgespeckt und virtuell. Und natürlich gibt es im Anschluss ein Wissensquiz über Taufbecken, Altar und Tabernakel.
Wie sehr sich Eltern und Kinder mit den bereitgestellten Arbeitsblättern, dem Buch und der App beschäftigen, kann Tetzlaff nicht beeinflussen. „Die Verantwortung liegt in diesem Jahr in der innerfamiliären Katechese“, sagt er. Das kann sehr gut sein, weil Eltern und Kinder so ins Gespräch über den Glauben kommen und sich intensiv austauschen können. „Aber es ist ein zweischneidiges Schwert, weil wir darauf angewiesen sind, dass die Eltern das machen.“
Die App soll auch bei der Firmung eingesetzt werden. Bei den Jugendlichen liegen die Erwartungen wesentlich höher als bei den Kommunionkindern. „Wir erwarten ganz klar, dass sich die Jugendlichen die App herunterladen und sich damit beschäftigen“, sagt Tetzlaff. Das ist bei den Grundschulkindern, die zur Erstkommunion gehen, anders. Sollte eines doch unvorbereitet sein, wird es trotzdem seine erste heilige Kommunion empfangen. „Wir sind ja nicht die Einladenden an den Tisch, sondern Christus“, sagt Tetzlaff. „Jesus hat ja gesagt: ,Lasst die Kinder zu mir kommen.‘ Und ich glaube nicht, dass ein Kind wusste, wer da vor ihm stand.“
Wie die GdG Jüchen gehen auch andere Gemeinden digitale Wege, um die Kinder auf ihre Erstkommunion vorzubereiten. In der GdG Korschenbroich wendet sich Gemeindereferent Peter Lentz in knapp fünfminütigen Videos an die Kinder. Hier erklärt er die Bedeutung des Kreuzes, warum wir beten oder dass der Regenbogen das Zeichen der Freundschaft von Gott zu den Menschen ist. Das Motto der Erstkommunion in der GdG Korschenbroich ist entsprechend: „Geborgen unterm Regenbogen“. Auch hier stehen Arbeitsblätter, Texte und Anleitungen für „Taschengottesdienste“ zum Herunterladen zur Verfügung, die nicht nur für Kommunionkinder interessant sind.