„Wir sehen, wie die Klasse wächst“

Das Projekt „Anders lernen“ in Krefeld hilft Kindern, soziale und schulische Kompetenzen zu entwickeln

Sich selbst und andere wahrnehmen, Stärken erarbeiten, das fördert das Projekt „Anders Lernen“ des Sozialwerks Krefelder Christen. (c) Annie Spratt/unsplash.com
Sich selbst und andere wahrnehmen, Stärken erarbeiten, das fördert das Projekt „Anders Lernen“ des Sozialwerks Krefelder Christen.
Datum:
21. Nov. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 47/2024 | Chrismie Fehrmann

Schule ist heutzutage bunt aufgestellt. Lehrerinnen und Lehrer blicken auf heterogene Schullandschaften. Deutsche Mädchen und Jungen – oftmals aus sozial schwachen Familien – besuchen die Klassen. Dazu kommen Flüchtlingskinder aus vielen Teilen der Welt, deren Kultur und Sprache anders sind, die bereits Gewalt und Angst erfahren haben, die traumatisiert sind.

Hier zieht das Sozialwerk Krefelder Christen. An der Albert-Schweitzer-Realschule engagieren sich seine Mitarbeiter in werteorientierter Bildung in allen fünften Klassen mit dem Projekt „Anders lernen“. Das bedeutet für knapp 90 Kinder der Eingangsklassen: Gemeinschaftliches Agieren, zusammen, gleichberechtigt, an einem Strang ziehend. Es wird auch durch das „Stiftungsforum Kirche im Bistum Aachen“ gefördert.

„Es geht um die Dinge, die Kinder zum Leben brauchen“, berichtet Schulleiterin Christina Eckhard. „Wie gehe ich mit einem Konflikt um, wie löse ich ihn mit anderen? Wie gehe ich mit Werten und Normen des Mitschülers aus einem kulturell anderen Raum um? Wie kann ich meine Meinung äußern?“ Dies seien Themen in allen Schulen, erklärt sie weiter. „Kinder und Jugendliche brauchen Werte.“

Wenn eine Klasse gut zusammen arbeitet, hilft das auch gegen Mobbing und Konflikte. (c) National Cancer Institute/unsplash.com
Wenn eine Klasse gut zusammen arbeitet, hilft das auch gegen Mobbing und Konflikte.

Seit 15 Jahren agieren die Sozialarbeiter an dieser Schule. Im zweiten Jahr steht in einer Doppelstunde pro Woche zusätzlich „Anders lernen“ auf dem Stundenplan. „Es ist ein großes Geschenk, da wir dadurch alle Kinder der gesamten Jahrgangsstufe 5 in den Blick nehmen können. Sie müssen sich willkommen fühlen, indem wir ein gutes Klima für alle Schüler anbieten. Das ist unser Anliegen“, berichtet Schulsozialarbeiterin Stefanie Knodt. „Wir müssen aber auch die Eltern mitnehmen.“ 

An ihrer Realschule sei die Sozialarbeit besonders wichtig. Eckhard: „In Nordrhein-Westfalen gibt es schon länger einen Sozialindex. Demnach werden die Schulen in neun Sozialindex-Stufen aufgeteilt. Stufe eins entspricht der niedrigsten Belastung, Stufe neun der höchsten. Zur letzten gehören wir, gemeinsam mit zwei weiteren Schulen in Krefeld.“
Der Sozialindex für Schulen beschreibt die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und die unterschiedliche Zusammensetzung der Schülerschaft an Schulen.

Hella Saternus, die Geschäftsführerin des Sozialwerkes Krefelder Christen, sagt: „Einmalig soziale Lerntrainings anzubieten, ist nicht unser Ansatz. Wir möchten konstant die sozialen Fähigkeiten der Klassen mit den Schülerinnen und Schülern entwickeln. Wir sind das ganze Schuljahr da, damit von der fünften Klasse an die Konfliktfähigkeit, das Sozialverhalten und die -kompetenzen wie auch der Zusammenhalt so wachsen, dass Schülerinnen und Schüler die Schule nicht frühzeitig verlassen.“ Denn Mobbing und Konflikte führten oft dazu, dass Schülerinnen und Schüler zum Teil einfach nicht mehr zur Schule gehen würden.    

Schwerpunkte von „Anders lernen“ sind: „Aufeinander achten, sich selbst und andere wahrnehmen, Stärken erarbeiten, gemeinsam Projekte auf die Beine stellen, Konflikte klären.“ Die Arbeit ist mit spielerischen Methoden erlebnispädagogisch ausgerichtet und funktioniert oft auch ohne Sprache. „Durch Wiederholungen sehen wir, wie die Klasse wächst“, freut sich die Geschäftsführerin. „Und die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende des Schuljahres sind durchweg positiv.“

Das bestätigt die Schulleiterin: „Wir sind mit der Kooperation sehr zufrieden. Besonders erstaunt waren wir, als eine der fünften Klassen zur Abschlussfeier ein gemeinsames Projekt auf die Beine stellte. Die Kinder haben das Knowhow, das sie mit den Mitarbeiterinnen des Sozialwerks erworben haben, selbstständig umgesetzt.“
Alles, was in dem Jahr angelegt wurde, ist nicht nur für den Moment angekommen, sondern es hat weitergearbeitet. Die Schule will die Kooperation auf jeden Fall weiterlaufen lassen.

Das Sozialwerk Krefelder Christen gibt es bereits seit 30 Jahren und ist seitdem stark gewachsen. Aus einem Zweimannbetrieb ist mittlerweile ein Träger mit 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Mini-Jobbern und Honorarkräften geworden. Das Werk ist ein eingetragener Verein der Jugendhilfe, Freier Träger im Bereich der Jugendberatung, der Schulsozialarbeit und der Förderung benachteiligter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt.

Saternus: „Das ist eigentlich auch unsere Herkunft. Wir sind gegründet worden mit Bezug auf den von Bischof Klaus Hemmerle implementierten Schwerpunkt Kirche und Arbeiterschaft. Wir haben in all den Jahren versucht, die Jugendhilfelandschaft in Krefeld mitzuprägen, mit dem Hintergrund, dass wir von unserer Herkunft her unsere christliche Haltung in die Maßstäbe der Jugendhilfe der kommunalen Arbeit mit einbringen wollten. Was sehr gut geglückt ist. Wir sind ein Träger, der einen guten Ruf hat in Krefeld.“