Der Klimawandel ist eines der Themen unserer Zeit, das aus christlicher Sicht auch immer verbunden ist mit dem Gedanken der Bewahrung der Schöpfung. Die Pfarrei St. Josef und Fronleichnam in Aachen-Ost hat sich unter der Überschrift „Nagelt den Planeten nicht ans Kreuz“ intensiver damit beschäftigt, was das für Gemeinden und ihre Mitglieder heißt, ganz bewusst auch mit Blick auf Ostern.
Wie ist die Idee dazu entstanden und warum ist das dem Team in St. Josef und Fronleichnam ein Anliegen?
Yasmin Raimundo Ochoa: Als Gemeinde im Ostviertel nehmen wir gesellschaftliche Debatten wahr und lassen uns davon inspirieren. Die Bewahrung der Schöpfung ist einer unserer „Ur-Aufträge“ als Christinnen und Christen, und das Thema Klimaschutz hat im letzten Jahr vor allem durch die Klimastreiks am Freitag viel bewirkt und Menschen weltweit neu wachgerüttelt. Auch wenn die Debatte dazu polarisiert, hat „Fridays for Future“ auf kreative und unkonventionelle Weise gezeigt, dass junge Menschen sich für Politik interessieren und dass die Klimakrise ernst ist und unser Leben und das der nachfolgenden Generationen bedroht.
Das Wissen um den Klimawandel ist nicht neu, aber jetzt gibt es Motivation, neue Energie und Ideen, daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt, an dem Thema dranzubleiben. Unser liturgisches Jahresthema hier in St. Josef und Fronleichnam heißt „weiblich.mutig.stark“. Greta Thunberg und auch andere weibliche Umweltaktivistinnen weltweit zeigen, wie Frauen sich für Menschenrechte und Klimaschutz einsetzen und zu einer hörbaren Stimme werden. Das halten wir auch für uns als Kirche wichtig, daher hatten wir uns im letzten Jahr als Gemeinde intensiv mit Maria 2.0 und Gleichberechtigung in der Kirche auseinandergesetzt. Wir leben in keiner Parallelwelt, sondern sind als Gemeinde Teil der Welt und Gesellschaft und stehen gemeinsam vor den gleichen Herausforderungen.
Für die Aktion haben Sie ganz bewusst die Fastenzeit, also die Zeit der Vorbereitung auf das Osterfest gewählt und als Titel den Satz „Nagelt den Planeten nicht ans Kreuz“, der ebenso wie das Banner auf eine Aktion des BDKJ Köln zurückgeht. Warum?
Die Kampagne „katholisch + anders, als du denkst“ des BDKJ Köln mit vielen passenden Slogans hat uns sehr angesprochen. Und da uns das Thema Klimaschutz in dieser Fastenzeit so wichtig war, hat der Satz „Nagelt den Planeten nicht ans Kreuz“ perfekt dazu gepasst. Denn Ostern ist das Fest der Auferstehung und des Lebens und wir können nur auf dieser Welt leben, wenn es unserem Planeten gut geht. Mit Blick auf Leben, Leiden und Tod Jesu und seine Auferstehung ist es klar, dass wir uns heute fragen: Was können wir tun, damit unser Planet nicht ans Kreuz genagelt wird? Dabei ist für uns ökologische Gerechtigkeit direkt mit sozialer Gerechtigkeit verbunden. Klimawandel ist auch eine Fluchtursache, die in den nächsten Jahren noch stärker werden wird, wenn sich unser Lebensstil und Wirtschaftssystem nicht ändern. Wir stellen diese Facette des christlichen Grundauftrags für Frieden und Gerechtigkeit in den Mittelpunkt dieser Fastenzeit und suchen für uns kreative und neue Methoden, Maßnahmen und Aktionen vor Ort.
Ein Thema im Rahmen der Aktion ist die Beschäftigung mit dem ökologischen Fußabdruck, den eine Gemeinde/Pfarrei hinterlässt. Was kann eine Kirchengemeinde mit Blick auf den Klimawandel bewegen?
Wir können als Gemeinde den gleichen Beitrag leisten wie andere Institutionen oder auch jeder einzelne in der Gesellschaft. Zunächst erscheint es wenig, aber mit Blick auf das Ganze entfaltet sich eine große Wirkung. Das kann man ganz deutlich in diesen Tagen sehen, in denen viele Alltagsgewohnheiten wie Autofahren und Fliegen reduziert und ausgesetzt werden durch die Corona-Pandemie, auch wenn das absolut kein Grund zur Freude und unbeabsichtigt ist. Alles was getan oder nicht getan wird, wirkt sich auf unser Klima aus, und wir als Gemeinde möchten unsere Erde langfristig schützen und für nachfolgende Generationen erhalten.
Gibt es bereits konkrete Ideen und Maßnahmen zu Klima- und Ressourcenschutz, die sich aus der Beschäftigung mit dem Thema ableiten?
Wir überlegen noch, wie wir möglichst viele Leute hier in der Gemeinde und im Viertel motivieren mitzumachen und wie wir uns gegenseitig davon erzählen können, was wir auch schon Gutes im Alltag tun. Denn es soll nicht um Verbote und Moralisierung gehen, sondern wir hoffen, dass ein Gemeinschaftsgefühl und Umweltbewusstsein entsteht mit viel positiver Energie und kreativen Ideen. Dabei wollen wir uns auch mit anderen Akteuren und Initiativen im Viertel und in der Region vernetzen. Klar ist, dass wir Plastikmüll reduzieren und soweit möglich vermeiden wollen, regional, saisonal und fair gehandelt einkaufen und unsere Grünflächen nachhaltig und bienen- und umweltfreundlich bepflanzen möchten.
Wie soll die Aktion fortgeführt werden?
Für uns ist die Fastenzeit nur der Auftakt, um das Thema in den Mittelpunkt zu rücken und Input zu erhalten. Leider konnten aufgrund der aktuellen Situation nicht alle Veranstaltungen wie geplant stattfinden, daher werden diese verschoben und nachgeholt. Danach soll es praktisch weitergehen. Wir wollen nicht nur reden, sondern etwas tun; es soll möglichst viel angepackt und hier vor Ort umgesetzt werden, gemeinsam und mit viel Spaß.
Das Gespräch führte Andrea Thomas.