Wind im Haar

„Flaniermobil“ macht Ausflüge mit nicht mehr mobilen Menschen

Beide Damen strahlen: Die gemeinsamen Ausfahrten sind für Pilotin Monika Förster ebenso ein Gewinn wie für ihre Passagierin Maria Groten. (c) Caritas Aachen
Beide Damen strahlen: Die gemeinsamen Ausfahrten sind für Pilotin Monika Förster ebenso ein Gewinn wie für ihre Passagierin Maria Groten.
Datum:
18. Juli 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 29/2023 | Andrea Thomas

Wenn die Sonne scheint und die Temperaturen sommerlich sind, zieht es den Menschen an die frische Luft. Zum Beispiel um bei einer Fahrradtour die Umgebung und den erfrischenden Fahrtwind zu genießen. Nur was tun, wenn man nicht mehr so mobil ist? Daheim bleiben? Oder andere in die Pedale treten lassen!

Seit 2021 gibt es in Aachen das „Flaniermobil“, ein Angebot des Regionalcaritasverbands, bei dem ehrenamtliche „Pilotinnen“ und „Piloten“ Seniorinnen und Senioren mit einer motorunterstützten Fahrradrikscha zu Spazierfahrten durch ihren Stadtteil abholen. Das Projekt orientiert sich dabei an dem Konzept des Vereins „Radeln ohne Alter“ Deutschland. Unter dem Motto „Für ein Recht auf Wind in den Haaren!“ wird darüber der Radius älterer Menschen erweitert, und neue Beziehungen zwischen Älteren und Jüngeren entstehen.

Angebunden sind die Aachener „Flaniermobile“ an das Seniorenzentrum St. Severin in Eilendorf, das Lourdesheim in Aachen und zwei Tagespflegen in Burtscheid (Diakonie und Villa Flora). Als neuer Standort ist jetzt das Seniorenzentrum St. Elisabeth dazugekommen, so dass nun auch in Aachen-West Fahrten angeboten werden können. Dabei geht es, wie der Name „Flaniermobil“ schon verrät, nicht um Tempo, sondern darum, gemeinsam die Umgebung zu genießen.

Koordiniert wird das Angebot von Ute Fischer, Mitarbeiterin des Caritasverbands. Für die beiden Standorte in Burtscheid kooperiert sie mit dem Verein „Gut! Branderhof“. „Ich freue mich, dass immer mehr Stadtteile mit ,Flaniermobilen‘ ausgestattet werden können. Es ist ein Angebot, bei dem alle gewinnen, bei dem die Freude bei den Fahrenden, den Passagieren und bei den Passanten zu sehen ist und bei dem modernes flexibles Ehrenamt gelebt wird.“ 

Aktuell treten 30 Ehrenamtliche in die Pedale oder organisieren die Fahrten. Monika Förster ist eine der Pilotinnen, und ihr neues Hobby macht ihr viel Spaß: „Als begeisterte E-Bike-Fahrerin gefällt es mir, mobilitätseingeschränkte Menschen mit einer Flanierfahrt durch ihr altes Viertel oder in die Natur zu erfreuen. Ich bin frei in der Terminplanung und kann die Touren gut in meinen Alltag integrieren. Die Freude der Menschen während der Fahrten, die Gespräche und das manchmal plötzlich erwachte Interesse an ihrer Umwelt beeindrucken mich.“

Gemeinsam Abenteuer erleben

Norbert Lack unterstützt das Projekt digital und lernt die Ehrenamtlichen und Mitarbeitenden der Einrichtungen an, das Buchungssystem zu nutzen, damit Einrichtungen und Ehrenamtliche unkompliziert miteinander in Kontakt treten können. Gleichzeitig ist er Angehöriger, fährt gerne Rad und kann – statt seine Frau nur in der Einrichtung zu besuchen – mit ihr etwas unternehmen.

Für Mareike Kahlert, Pflegedienstleitung des Seniorenzentrums St. Elisabeth, ist das „Flaniermobil“ ein gutes Beziehungsangebot, über das Bewohnerinnen und Bewohner den Stadtteil kennenlernen oder altbekannte Orte wiederentdecken könnten. So wie Passagierin Maria Groten. Die 95-Jährige freut sich über die regelmäßigen Ausflüge mit der Fahrradrikscha. „Für mich sind das einmalige Erlebnisse. Ich komme mal wieder in Gegenden von Aachen, wo ich schon lange nicht mehr war“, erzählt sie.  So ist jeder Ausflug ein kleines Abenteuer für das Gespann ­­– nicht nur, aber gerade auch im Sommer in der Stadt.