Wieder heil und glücklich

Repair-Cafés sind sehr beliebt, denn sie bieten weit mehr als Tipps zur Reparatur defekter Gegenstände

 Die „Linux-Sonderschicht“ ist in Korschenbroich sehr  beliebt. Mit dem kostenlosen Betriebssystem können Computer  lange laufen. (c) Repair-Café Korschenbroich
 Die „Linux-Sonderschicht“ ist in Korschenbroich sehr beliebt. Mit dem kostenlosen Betriebssystem können Computer lange laufen.
Datum:
25. Juli 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 30/2023 | Garnet Manecke

Die Konsumgesellschaft ist auch eine Wegwerfgesellschaft. Geht etwas kaputt, wird es durch Neues ersetzt. Doch Klimawandel und Ressourcenknappheit führen zum Umdenken. Die Europäische Union arbeitet an einem Gesetz zum „Recht auf Reparatur“. Das Recht gibt es zwar noch nicht, die Möglichkeiten aber schon. Repair-Cafés zeigen, wie es geht.

Fahrräder sind besonders im Frühjahr und Sommer zu reparieren. (c) Garnet Manecke
Fahrräder sind besonders im Frühjahr und Sommer zu reparieren.

Das Sommerloch ist ausgeblieben. „Im Juni und Juli hatten wir sehr viel zu tun“, sagt Michael Kock vom Repair-Café in Erkelenz. 25 bis 30 Gäste haben an den Öffnungstagen die Dinge gebracht, die nicht mehr funktionieren: Toaster, Fotoapparate, Lampen, Fahrräder. Seit das Repair-Café in Erkelenz 2017 zum ersten Mal öffnete, sind über 900 Leute gekommen. Die Sachen der weitaus meisten Gäste laufen nach dem Besuch wieder einwandfrei. „Zwei Drittel aller Sachen, die zu uns gebracht werden, können wieder repariert werden“, sagt Michael Kock.

Das hat sich in der Region herumgesprochen. Nach Erkelenz kommen auch Ratsuchende aus Hückelhoven oder der Region Mönchengladbach. Im September erwartet das Erkelenzer Team den 1000. Gast in seinen Räumen im Pfarrheim von Christkönig.
In den Räumen der Jugendkirche „Jack“ der Pfarrei Christkönig Erkelenz wurde vor sechs Jahren die ehrenamtliche Reparatur-Werkstatt eingerichtet. Das Konzept der Repair-Cafés sieht vor, den Gästen bei der Reparatur zu helfen – mit fachlichen und praktischen Tipps. Hilfe zur Selbsthilfe ist der Grundsatz, ein Reparatur-Service sind die Cafés nicht. „Das könnten wir zum einen nicht leisten und zum anderen müssten wir dann auch Gewährleistungen übernehmen“, sagt Kock. Wer hier repariert oder reparieren lässt, macht das auf eigene Verantwortung.

Die übernehmen die Gäste gerne. Das einmal monatlich stattfindende Café hatte von Anfang an einen guten Zulauf. Dabei geht es nicht nur darum, die kaputte Nähmaschine wieder flott zu bekommen oder eine offene Naht im Lieblingskleid wieder zu schließen. „Wir haben Stammgäste, die kommen, um mit jemandem zu reden oder einen Kaffee zu trinken“, sagt Kock, der bis vor zwei Jahren Gemeindereferent in der Pfarrei war.
Das Repair-Café habe ihn mit vielen Menschen in Kontakt gebracht, die er sonst nicht im kirchlichen Kontext traf. „Von dem Team habe ich nur einen einzigen vorher gekannt“, sagt Kock. Auch die Gäste waren ihm anfangs weitestgehend unbekannt. Die Atmosphäre beim gemeinsamen Tüfteln und das Zusammensitzen bei Kaffee und Kuchen habe dazu geführt, dass sich die Menschen mehr geöffnet hätten. „Manche haben ein weitergehendes Bedürfnis zum Reden“, sagt Kock. Als er noch Gemeindereferent war, hat ihm das so manch neuen Blick ermöglicht.

Das Motto des Repair-Cafés Korschenbroich: „Reparieren macht glücklich!“ (c) Reapir-Café Korschenbroich
Das Motto des Repair-Cafés Korschenbroich: „Reparieren macht glücklich!“

Auch kirchenferne Menschen kommen über die Repair-Cafés mit Kirche in Berührung
Mit den Repair-Cafés kommen Menschen mit Kirche in Berührung, die sonst nichts mit Kirche zu tun haben. Das zeigt auch das Beispiel des Repair-Cafés Korschenbroich. Entstanden ist es aus der Initiative „Transition Town“. Die Initiative setzt sich für ein ressourcenschonendes, klimafreundliches und nachhaltiges Leben ein. Veranstaltungen wie Besuche bei regionalen Produzenten von Lebensmitteln und Informationen zum Gemüseanbau oder Baumpflanzungen gehören dazu.

Etwa acht Mal im Jahr öffnet das Repair-Café seine Türen. Über das Katholische Forum für Erwachsenen- und Familienbildung kann das Team Pfarrräume nutzen. Die Orte wechseln dabei regelmäßig, so dass das Angebot immer an verschiedenen Orten in der GdG besteht. „Bei einem unserer Treffen hat einer das Repair-Café vorgeschlagen“, sagt Sprecher Oliver Sitt. Etwa sechs Jahre ist das her. Inzwischen ist es in Korschenbroich fest etabliert. Die Öffnungszeiten des Repair-Cafés veröffentlicht das Team über verschiedene Medien. In Korschenbroich gehen die Reparaturen schon längst über den Austausch von Verschleißteilen hinaus.

Ein großes Feld ist die „Linux-Sonderschicht“, die eingeführt wurde, als Microsoft den Support für das Betriebssystem Windows 7 einstellte. „Wir fanden es schade, funktionsfähige Rechner auf den Müll zu schmeißen“, sagt Sitt. Linux ist ein kostenloses Betriebssystem. „Gerade für Privatleute reicht das oft“, sagt Sitt. Also hat das Team begonnen, das Betriebssystem auf die mitgebrachten Rechner seiner Gäste zu installieren und bei den Updates zu helfen.

Auch die Spezialistin für Nähmaschinen ist an ihren Einsatztagen eine gefragte Frau. „Das hat sich mittlerweile herumgesprochen“, sagt Sitt. Wenn das Tüfteln auch noch so begeistert: Es gibt Grenzen. Smartphones werden nur dann angenommen, wenn die Reparatur nicht das Öffnen des Geräts erfordert. Elektronische Gegenstände werden von den Experten im Team freigegeben.

Info

17 Repair-Cafés gibt es zurzeit im Bistum Aachen. Zwei davon haben katholische Träger: Erkelenz und Krefeld. Das Café in Korschenbroich ist eine private Initiative in Kooperation mit dem Katholischen Forum für Erwachsenen- und Familienbildung.
Nachhaltigkeit durch Müllvermeidung und Gesellschaft sind die Ziele der Repair-Cafés.
Infos zu Öffnungstagen und Reparaturen sind unter www.reparatur-
initiativen.de abrufbar.