Wie sauber ist E-Mobilität?

Elektromotoren sollen die Alternative für Verbrennungsmotoren sein. Aber auch sie sind problematisch

(c) Garnet Manecke
Datum:
5. Mai 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2022 | Garnet Manecke

Knappe Ressourcen fossiler Energieträger, Klimaerwärmung, Umweltverschmutzung und steigende Energiepreise: Ein Umdenken ist erforderlich. Das Projekt „Schwein gehabt“(siehe unten) , das die Kirchenzeitung von Anfang an begleitet, ist Anregung, über Konsum und Umwelt nachzudenken. Mobilität und speziell E-Mobilität ist ein Aspekt. Die Frage: Ist es wirklich besser für Mensch und Umwelt, wenn Autos statt an der Zapfsäule an der Steckdose betankt werden?

Wenn ein Satz neuer Reifen fällig ist, ist das mehr als eine unangenehme Ausgabe für den Fahrzeughalter. Es ist auch die Erinnerung an den persönlichen Anteil zur Belastung der Umwelt mit Feinstaub. Rund 48,5 Millionen Fahrzeuge sind laut Kraftfahrt-Bundesamt auf Deutschlands Straßen unterwegs. Seit 2010 ist die Zahl kontinuierlich gestiegen. Und mit ihr die Belastungen durch CO2-Emissionen und Feinstaub – obwohl die Werte der CO2-
Emissionen pro Auto mit Hilfe neuer Techniken im gleichen Zeitraum gesunken sind.

Der Abrieb von Reifen und Bremsbelägen auf den Straßen sorgt für die Feinstaubbelastung der Umwelt. Ein Problem, das auch beim Einsatz von mehr E-Fahrzeugen bestehen bleibt.
Elektro-Fahrzeuge gelten vielen als der Ausstieg aus der Misere, die durch die Anforderungen an eine steigende Mobilität und dem sich verschärfenden Klimawandel entsteht.

Der Straßenverkehr steht bei der Produktion von Treibhausgasen an dritter Stelle – nach der Energiewirtschaft und der Industrie. Laut Umwelt- Bundesamt hat Kohlendioxid (CO2)
einen Anteil von 87,1 Prozent an den freigesetzten Treibhausgasen. Mit dem Umstieg
auf Elektro-Fahrzeuge könnte der Wert in den kommenden Jahren erheblich gesenkt werden. Weil E-Motoren emissionsfrei arbeiten, ist ihr Einsatz ein wichtiger Faktor bei den Plänen Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden. Aber ganz unproblematisch sind die Elektro-Motoren auch nicht.

Für die Herstellung der Akkus werden seltene Erden wie Lithium, Kobalt, Praesodym oder Dysprosium benötigt. Gewonnen werden diese Metalle vor allem in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, in China oder Lateinamerika. Vor allem Kinder arbeiten in Minen, um die dringend benötigten Rohstoffe anzubauen. „Schon Kinder im Alter von sieben Jahren riskieren beim Abbau von Kobalt im Kleinbergbau im Kongo ihre Gesundheit
und ihr Leben“, warnte Amnesty International schon 2017. Auch Kinderhilfswerke wie Unicef und misereor weisen immer wieder darauf hin. Seltene Erden werden nicht nur in den Akkus für E-Fahrzeuge eingesetzt. Auch Smartphones, Laptops und andere elektronische Geräte funktionieren nur, weil diese Stoffe darin verarbeitet sind.

Es gibt keine ausreichende Möglichkeiten, um regenerative Energie zu speichern

Der Anteil von Elektro-Autos im Straßenverkehr nimmt rasant zu. (c) Garnet Manecke
Der Anteil von Elektro-Autos im Straßenverkehr nimmt rasant zu.

Gottes Schöpfung zu schützen und zu bewahren ist eine der zentralen Botschaften des Christentums. Wenn es um die Gewinnung von Rohstoffen geht, wird das oft und gern vergessen. Im Bistum Aachen ist der Tagebau Garzweiler ein sichtbares Zeichen, welche Folgen der erhöhte Energiebedarf hat – für die Gesellschaft, die einzelnen betroffenen Menschen sowie die Natur mit ihren Pflanzen und Tieren.

Es gibt zwar mit der Energiegewinnung aus Windkraft und Sonne Alternativen. Damit sie fossile Energieträger aber vollständig ersetzen können, muss ein zentrales Problem gelöst werden: Bisher gibt es keine ausreichenden Speichermöglichkeiten der gewonnenen Energie, so dass auch an trüben Tagen oder bei einer Windflaute der Energiebedarf
gedeckt werden kann.

Auch beim Thema Mobilität ist das eines der zentralen Probleme. Zwar steigt die Nachfrage nach reinen Elektro-Autos rasant an. Ihr Anteil an den zugelassenen Fahrzeugen beträgt aber gerade mal ein Prozent. In den Städten und Landkreisen im Bistum Aachen liegt der Anteil über dem Bundesdurchschnitt und rangiert von 1,1 Prozent (Kreis Heinsberg, Mönchengladbach und Krefeld) bis 1,4 Prozent (Kreis Düren und Städteregion Aachen). Um Akkus wieder zu füllen, müssen sie an eine Stromquelle angeschlossen sein. Im Prinzip könnte das eine normale Steckdose sein – wäre da nicht die Überlastung. Ein Akku von 40 Kilowattstunden aufzuladen, würde etwa 17 Stunden dauern. Unangenehmer Nebeneffekt: Das Stromnetz wäre überlastet, und die Gefahr von Bränden steigt. Deshalb bekommen
Privathaushalte für den Anschluss Wallboxen, mit denen auch die Ladezeit
erheblich verkürzt wird.

Wie klimafreundlich die Elektromobilität am Ende wirklich ist, hängt vor allem vom Strommix ab, der durch die Steckdose kommt. Der Strom für den Antrieb an öffentlichen Ladesäulen wird bisher zu großen Teilen aus fossilen Energieträgern gewonnen. Angesichts der CO2-Belastung bei der Gewinnung der Energieträger und den mit dem Abbau verbundenen Umweltschäden ist das nicht wirklich klimafreundlich.

Um zehn Kilogramm Lithium zu gewinnen, werden bis 10 000 Liter Wasser verbraucht

Ein weiteres Problem ist die Wasserverschmutzung beim Abbau der seltenen Erden.
Um zehn Kilogramm Lithium, das neben den Akkus auch in anderen Batterien ist, zu gewinnen, werden etwa 2000 bis 10 000 Liter verbraucht. In den Kleinminen der Demokratischen Republik Kongo wird Kobalt mit Hilfe von Chemikalien gelöst, die ins Trinkwasser gelangen können und so bei den Menschen vor Ort
schwere gesundheitliche Probleme verursachen können. China hat sich schon früh
durch Lieferverträge mit dem Kongo das Geschäft der Veredelung von Kobalt gesichert.
Etwa 80 Prozent der weltweiten chemischen Veredelung von Kobalt findet dort statt. Entsprechend sind Länder, die große Mengen davon brauchen, abhängig.

Dass es in Deutschland Lithiumvorkommen gibt, ist nur auf den ersten Blick unproblematisch. Denn die Vorkommen liegen in der Erde. Der Abbau würde wieder
einen großen Eingriff in die Natur bedeuten. Und schließlich stellt sich irgendwann das Problem mit der Entsorgung der Batterien und Akkus, die nach einer Lebensdauer von etwa 20 Jahren nicht mehr aufbereitet werden können.

Ferkel Frieda wiegt inzwischen über 100 Kilogramm

(c) Stautenhof

Frieda, das Schwein aus dem Projekt „Schwein haben“ der Katholischen Arbeitnehmerbewegung sowie der Katholikenräte der Regionen Heinsberg und Mönchengladbach, ist kein Ferkel mehr. Das im September vergangenen Jahres geborene Tier ist auf stattliche 100 Kilogramm angewachsen. Pro Tag legt es etwa 700 Gramm an Gewicht zu. Das bedeutet, ihr Ende ist nah. Bei etwa 120 Kilogramm ist das Schlachtgewicht erreicht. Frieda, deren Mutter zur Schweizer Landrasse gehört und deren Vater ein Duroc ist,
wird in der Schlachterei des Stautenhofs in Willich-Anrath ihr Ende finden. Auf dem Bio-Hof wächst sie auf. Das macht am Ende den Schlachtvorgang etwas stressfreier für das Tier, weil zum einen lange Anfahrtswege wegfallen. Zum anderen kennt Frieda die Landwirte, die sie schlachten. „Schweine sind ängstliche Tiere, die sofort auf ungewohnte Situationen und Menschen reagieren“, hat Hofbesitzer Christoph Leiders bei einer Veranstaltung des
Projekts (www.projekt-schwein-haben.de) erklärt.