Wertschätzung füreinander

Der ökumenische Gottesdienst zum Tag des Flüchtlings in der Citykirche thematisiert die Menschenwürde

(c) Thomas Hummel/CC BY-SA 4.0 (wikimedia commons)
Datum:
14. Sep. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 37/2022 | Andrea Thomas

Wenn Sie in den Spiegel schauen, was sehen Sie dann? Ein königliches Wesen? Nein? Das sollten Sie aber, denn „Jeder Mensch hat königliche Würde“. Unter dieses Thema hat das Kooperationsbündnis „Save me“, getragen von Amnesty Aachen, der evangelischen und katholischen Kirche, seinen Gottesdienst zum nationalen Flüchtlingstag gestellt. Ein Denkanstoß, wie wir mit Geflüchteten, aber auch allgemein miteinander umgehen.

Mit seinen königlichen Holzfiguren macht sich Ralf Knoblauch für die Würde jedes Menschen stark. (c) Andrea Thomas
Mit seinen königlichen Holzfiguren macht sich Ralf Knoblauch für die Würde jedes Menschen stark.

Es gebe keine positivere Sicht auf den Menschen, betont das Vorbereitungsteam. Und sie gelte für alle Menschen ohne Ausnahme. „Königliche Würde ist dem Menschen grundsätzlich zuzusprechen aus Überzeugung und auf der biblischen Grundlage, dass Gott den Menschen als sein Bild erschaffen hat, sowie dem Glauben an Jesus Christus, der uns an seiner Königswürde teilhaben lässt“, sagt Pfarrer Josef Voß. Sein Kollege Timotheus Eller, Pfarrer an der ökumenischen Citykirche, wo der Gottesdienst stattfindet, ergänzt: „Wir sprechen jedem Täufling bei seiner Taufe königliche Würde zu.“ Eine Haltung, die im Grundgesetz in Artikel 1 zum Ausdruck kommt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Gefühl, abgehängt zu sein

Etwas, das wohl die wenigsten Menschen in Abrede stellen werden. Nur – leben wir das tatsächlich im gesellschaftlichen Miteinander? Gerade in Zeiten wie diesen, die voller Unsicherheiten sind – Krieg, Klimawandel, steigende Preise, explodierende Energiekosten und eine soziale Schere, die sich immer weiter öffnet – empfänden Menschen diese Würde oft nicht. Sie fühlten sich abgehängt und hätten das Gefühl, alle seien gleich, aber manche weniger gleich als andere, sagt Inge Heck-Böckler von Amnesty Aachen. „Menschen haben es im Moment schwer mit sich selbst, haben finanzielle Sorgen, Ängste vor der Zukunft. Viele haben ein angeknackstes Selbstwertgefühl, die Zahl psychischer Erkrankungen steigt“, erklärt Josef Voß. Wer vermittele ihnen noch, dass sie wertvoll seien? Da sieht er auch die Kirchen in der Pflicht, gerade weil königliche Würde zur christlichen Grundüberzeugung gehört.

(c) Josef Voß

„Wenn jeder königliche Würde hat, dann können wir auch verlangen, dass wir einander so begegnen“, sagt Martin Pier vom Büro der Regionen Aachen-Stadt und Aachen-Land und spinnt den Gedanken weiter: „Das würde bedeuten, dass wir uns voreinander verbeugen müssten. Aber wäre ich bei jedem, dem ich begegne, bereit dazu?“ Eine Frage, die die meisten, wenn sie ehrlich zu sich selbst seien, nicht sofort und uneingeschränkt mit „Ja“ beantworteten, die sich selbst zu stellen aber lohne.

Würde habe etwas mit Solidarität zu tun, betont Martin Pier. Damit, in Zeiten wie diesen nicht mehr alles zu machen, was ich kann, und auch mal eine Möglichkeit auszulassen. Zum Beispiel Energie einzusparen, auch wenn ich es mir noch leisten kann, sie zu bezahlen, weil andere das eben nicht können.

In der heutigen Zeit werde gerne unterschieden, besonders, wenn es ums Menschsein gehe: Alte und Junge, Männer, Frauen und Diverse, Fremde und Einheimische. Das sei an vielen Stellen hilfreich und wichtig, führe aber in eine Sackgasse, wenn eine Gruppe gegen eine andere ausgespielt werde, beschreibt das Vorbereitungsteam seinen Eindruck. „Wir dürfen nicht separieren, zum Beispiel danach, woher Geflüchtete kommen, ob aus der Ukraine oder einem anderen Land. Wir müssen alle vulnerablen Gruppen gleichermaßen sehen und für sie eintreten“, erklärt Inge Heck-Böckler.

Einem, dem dieses Thema auch schon länger am Herzen liegt, ist der Bonner Künstler und Diakon Ralf Knoblauch. Seine Könige und Königinnen aus Holz werden im Gottesdienst eine Rolle spielen und im Mittelpunkt einer Ausstellungs- und Veranstaltungsreihe stehen, die „Save me“ für die Fastenzeit 2023 geplant hat. In dieser Zeit sollen ganz unterschiedliche Gruppen sich zum Thema „Königliche Würde“ einbringen können. Beide Veranstaltungen sollen den Blick schärfen für die unantastbare Würde jedes Menschen und den Respekt vor ihr stärken.

Gottesdienst „Jeder Mensch hat königliche Würde“, 29. September, 18.30 Uhr, Citykirche St. Nikolaus, Aachen