Wer kennt sie noch?

Sind die Zehn Gebote in der heutigen Zeit überhaupt von Bedeutung?

Joswowitz/Sterck-Degueldre u. a.: Zehn Gebote. Sinn & Design, 136 S., 29,7 x 21 cm, geb., mit farb. Abb., Verlag Butzon & Bercker, Kevelar 2023, Preis: 22,– Euro (c) Butzon & Bercker
Joswowitz/Sterck-Degueldre u. a.: Zehn Gebote. Sinn & Design, 136 S., 29,7 x 21 cm, geb., mit farb. Abb., Verlag Butzon & Bercker, Kevelar 2023, Preis: 22,– Euro
Datum:
15. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 20/2023 | Ruth Schlotterhose

Eine Mutter, die in der Kommunionkatechese tätig war, wunderte sich, dass das Auswendiglernen der Zehn Gebote nicht mehr zur Vorbereitung gehört. Ob sie denn nicht mehr von Bedeutung seien, fragte sie in einer Reflexionsrunde. Eine gute Frage, bei deren Beantwortung vielleicht ein neues Buch behilflich sein kann, das das Katechetische Institut des Bistums Aachen herausgegeben hat.

Unter dem Titel „Zehn Gebote. Sinn & Design“ greift es zentrale bibelwissenschaftliche Fragen rund um die Zehn Gebote auf: Haben Mose und das Volk Israel von Gott die Zehn Gebote erhalten? Oder ist das alles nur ein frommes Märchen? Wann wurden die Gebote für wen niedergeschrieben? Zu welchem Zweck? Und vor allem: Wie sind die Gebote heute zu verstehen? Sind sie überhaupt noch von Bedeutung? Herausfordernde Fragen an Pastoral, Katechese und Religionsunterricht.

Schärfer fragt Alexander Schüller, Leiter des Katechetischen Instituts: Sollen und können wir die Zehn Gebote in einer Zeit ertragen, die von der Zeit der Bibel so unüberbrückbar weit entfernt scheint, dass es notwendig geworden ist, selbst das Verbot des Tötens nach Notwehr, Totschlag, Mord zu differenzieren und es ausgehend von konkreten Fällen in unzähligen Gerichtsurteilen in unsere komplexe Welt einzupassen?

Schon 2017 formulierten die deutschen Bischöfe in ihrer Publikation „Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen“, dass der Religionsunterricht unter Berücksichtigung der veränderten religiösen Situation der Kinder und Jugendlichen neue Antworten finden muss. Zu seinen Aufgaben zähle unter anderem die Vermittlung strukturierten und lebensbedeutsamen Grundwissens über den Glauben der Kirche. Hier setzt das vorliegende Buch an.

Zum Autorenteam gehören Kirsten Joswowitz, Lehrerin an der Marienschule Krefeld für die Fächer Katholische Religionslehre und Geschichte sowie Regionalbeauftragte des Katechetischen Instituts im Bistum Aachen, und Jean-Pierre Sterck-Degueldre, Dozent für Religionspädagogik am Katechetischen Institut des Bistums Aachen und Autor vieler didaktischer Veröffentlichungen. Die beiden verknüpfen Kunst, Bibelauslegung und heutiges Leben miteinander und betrachten jedes einzelne Gebot aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei kommt der Kunst der Krefelder Grafik-Designerin 
Katharina Müller eine besondere Rolle zu. Mit ihren Arbeiten möchte sie die Zehn Gebote ins Heute übertragen und ihnen einen zeitgemäßen Sinn geben. Dabei verwendet sie verschiedene Techniken. „Mord, Mobbing, Neid, Ehebruch – wir erfahren doch täglich von diesen Dingen. Für mich sind die Zehn Gebote wie ein Leitfaden fürs Leben; Werte, die manche aus den Augen verlieren“, sagte die Künstlerin in einem Interview, das sie der Rheinischen Post gab.

Wer sich jetzt durch die Lektüre des Buches konkrete Antworten auf die eingangs genannten Fragen erhofft, wird enttäuscht sein. Einerseits werden Zugänge zu biblischen Traditionen vermittelt und die historische Bedeutung der Zehn Gebote erläutert, denn die Bibel ist unter ganz bestimmten zeitlichen und kulturellen Bedingungen entstanden, andererseits wird Interpretationen Raum gelassen.

Das Buch richtet sich vornehmlich an diejenigen, die mit der Vermittlung von Bibel und Glauben befasst sind – dabei bestimmen die Angesprochenen stärker als die Vermittelnden, was lebensbedeutsam ist. Aber auch am Glauben oder an der Bibel Interessierte haben mithilfe dieses Buches die Möglichkeit, die Zehn Gebote für sich (neu) zu entdecken. Die Zehn Gebote werden jeweils in einem eigenen Kapitel behandelt. In Informationsboxen können ergänzende Auskünfte zu Bibeltexten und altorientalischen Quellen nachgelesen werden.

Die Autoren

3 Bilder