„Lege deine Sorgen nieder, lege sie ab in meine Hand“ – es ist ein einprägsames Liedzitat, das Michelle Engel als Gemeindereferentin und Seelsorgerin der Katholischen Kirchengemeinde Papst Johannes XXIII. in Krefeld immer wieder durch den Kopf geht, wenn sie zum Abschluss eines herausfordernden Tages in der Citykirche St. Dionysius eine Kerze anzündet.
„Gott befreit uns von unseren Sorgen, wir dürfen unsere Gedanken bei ihm lassen“, beschreibt sie. „Das hilft mir in meiner täglichen Arbeit, schenkt Trauernden gleichzeitig aber auch Halt in schweren Zeiten.“ Denn, da ist sich die Gemeindereferentin mit Elisabeth Bastians als Koordinatorin der Seelsorge der Hospiz Stiftung Krefeld einig: Wer glaubt, der findet leichter Trost.
Beide Frauen sind Teil eines neuen Projektes, das im Moment in Krefeld beginnt: Initiiert durch das Krefelder Hospiz und in Zusammenarbeit mit vielen Ehrenamtlichen und Kooperationspartnern werden im Moment Trostorte in Krefeld eingerichtet. Auf Bänken in den Stadtteilen Hüls und Uerdingen finden Menschen, die Trost suchen, zukünftig einen Ort zum Innehalten. Alle zwei Wochen stehen hier zu festen Zeiten ehrenamtliche Trauerbegleiter als stille Zuhörer, als anonyme Gesprächspartner oder als Kraftspender zur Verfügung. Das Konzept, das in anderen Städten bereits erfolgreich ist, möchten Elisabeth Bastians und Alexander Henes, Leiter des Krefelder Hospiz, nun auch in Krefeld verankern.
„In vielen Kommunen sind Trostorte fest an die Hospizarbeit gebunden. Zu unserem Konzept gehört, dass wir es für alle öffnen, denn Menschen, die Trost suchen, gibt es überall“, beschreibt Henes. Nicht nur Krefelder, die einen geliebten Menschen im Hospiz verlieren, benötigen Trost, auch einsamen Männern und Frauen oder Menschen, die zum Beispiel durch Krankheit oder einen schweren Schicksalsschlag Themen verarbeiten möchten, tut es gut, einen Ansprechpartner zu finden.
„Oft ist es leichter, mit jemand Fremden über die eigenen Sorgen zu sprechen“, beschreibt es Monika Rehring, die als Ehrenamtliche das Projekt unterstützt. „Gerade Haupttrauernden kommt nach einem Verlust oft noch eine andere Rolle zu. Das Umfeld schaut auf sie und weist sie unter Umständen auch zurecht – wenn sie nach einigen Wochen noch trauern, geht schnell ein ,Reiß dich zusammen‘ über die Lippen.“ Aber Trauer kennt keine Zeit. Gerade im Alltag, so schildert Elisabeth Bastians vom Hospiz weiter, müssen wir ihr Raum geben, um sie zu- und am Ende auch loszulassen. Und genau da setzen die Trostorte an.
Ein erster Trostort wurde an der Rheinpromenade in Uerdingen eingerichtet. Mit Blick auf den Rhein weisen hier die Worte „Trostorte Krefeld“ auf einer kleinen Plakette auf das Angebot hin. Der zweite Trostort wurde in Krefeld-Hüls auf dem Friedhof eingerichtet. Auch hier kennzeichnet eine Plakette die Bank. Über den hier abgebildeten Link sowie über einen QR-Code gelangen Interessierte auf eine Webseite. Hier sind Termine abgebildet, zu denen die Trostorte besetzt sind.
Alle zwei Wochen sitzt eine Ehrenamtliche auf der Bank. Alle ehrenamtliche Trauerbegleiter verfügen über eine entsprechende Ausbildung. Sie sind im Umgang mit Trauernden erprobt und kennen Schnittstellen zu weiteren Hilfsangeboten. Über das Hospiz gibt es zudem Supervisionsangebote für die Ehrenamtlichen. „Wenn Trauer pathologisch wird, sind wir nicht mehr die richtigen Ansprechpartner“, sagt Hospiz-Leiter Alexander Henes. „Wir können dann aber an andere Strukturen verweisen und Hilfestellung geben.“
Neben Michelle Engel als Gemeindereferentin von St. Dionysius und Pfarrer Hans Russmann hat sich auch Leonie Peuten-Thomas entschieden, das Projekt zu unterstützen. Sie ist ehemalige Gemeindereferentin und vor kurzem in den Ruhestand gegangen. „Anderen Menschen Trost zu geben, gibt mir unheimlich viel zurück. Ich erlebe auch immer wieder, dass Menschen über die Trauer einen neuen Zugang zum Glauben finden“, führt sie aus. Die Gemeindereferentin in Rente erzählt die Geschichte ihres Enkels: Als sein Opa, ihr Mann, starb, flog ein Flugzeug vorbei. „Opa ist jetzt im Himmel bei den Flugzeugen, oder Oma?“, fragte der Junge. „Alleine dieses Bild hat ihm geholfen, mit seiner Trauer umzugehen. Der Glaube ist etwas, an dem man sich festhalten kann“, erklärt Peuten-Thomas.
Elisabeth Bastians und Alexander Henes ist es wichtig, die Trauerorte für eine breite Zielgruppe zu öffnen. Bislang sind mit Absicht nicht-konfessionelle Orte ausgewählt, aber auch mit Gemeinden steht das Hospiz im Kontakt. „Wir führen auch Gespräche mit der Türkischen Union – überall findet Trauer statt und überall tut Trost gut“, sagt Henes. „Wir wünschen uns jetzt, dass das Projekt gut anläuft und wir viele weitere Trostorte in Krefeld integrieren können.“
Weitere Informationen zu den Trostorten in Krefeld gibt es online auf www.trostorte-krefeld.de. Hier finden Interessierte auch Informationen zu den Angebotszeiten. Das Team ist außerdem immer auf der Suche nach Ehrenamtlichen, die das Projekt unterstützen möchten.