„Wenn die Ukraine fällt, dann fällt auch Europa!“

Zwei Jahre Kampf um die Freiheit: Diskussionen und Perspektiven

(c) Karollyne Videira ubert/unsplash.com
Datum:
28. Feb. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 09/2024

„Traurig, stark, aber auch mutig“: Mit diesen Adjektiven umschreibt Julia Pich vom Verein „Ukrainer in Aachen“ ihre persönliche Befindlichkeit nach zwei Jahren Krieg. „Auch wenn wir schon länger mit dieser Situation leben müssen, stellt der Angriff auf die Ukraine für mich eine unglaubliche Erschütterung dar.“ 

Zwei Jahre Krieg. Mitten in Europa: Zu diesem Anlass haben sich gleich mehrere Formate mit diesem Thema auseinandergesetzt. Unter dem Titel „Zwei Jahre Kampf um die Freiheit – Aachener Perspektiven auf den Ukraine-Krieg“ hatte die Görres-Gesellschaft in Kooperation mit der Bischöflichen Akademie zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen. Neben Julia Pich saß mit der NRW-Landtagsabgeordneten Annika Fohn (CDU) auch eine Politikerin auf dem Podium. Moderiert hat die Diskussion Dr. Angela Reinders, Direktorin der Bischöflichen Akademie.

„Jenseits der Theorie wollen wir uns hier vor allem mit der Praxis befassen, denn – und das ist keine Floskel – in der Ukraine steht auch die Freiheit Europas auf dem Spiel“, unterstreicht Dr. Martin Barth, Generalsekretär der Görres-Gesellschaft. Wie beide Rednerinnen die vergangenen zwei Jahre erlebt hätten, wollte Dr. Angela Reinders wissen. Von einer überwältigenden Hilfsbereitschaft berichtet Annika Fohn. „Die Menschen wollten in der Anfangszeit gar nicht mehr aufhören zu spenden“, sagt die 37-jährige Politikerin. Dennoch sei es später auch zu einer Übersättigung innerhalb der Gesellschaft gekommen. Und Julia Pich ergänzt: „Der Krieg ist leider zur Normalität geworden. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass jeder Ukrainer, der an der Front steht, auch für uns kämpft.“ Zudem, sagt die Juristin, die seit mehr als 20 Jahren in Deutschland lebt, dass der Verein „Ukrainer in Aachen“ bereits kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 gegründet worden sei. „Wir versuchen, die Stimme vor Ort zu sein und helfen den Geflüchteten, die zu uns in die Städteregion kommen.“ 

„Warum gebt ihr nicht einfach auf?“

Darüber hinaus sei aber auch viel Aufklärungsarbeit nötig gewesen. „Ich habe oftmals hören müssen: Warum gebt ihr nicht einfach auf? Doch wenn wir aufgeben, werden wir vernichtet.“ Aus diesem Grund appelliert Julia Pich an das überwiegend junge Publikum, sich darüber Gedanken zu machen, was Freiheit wirklich bedeutet. „Die Demokratie ist das Wertvollste, was wir in Deutschland haben.“ Zudem forderten beide Diskutantinnen sowohl die deutsche Regierung als auch die Bevölkerung dazu auf, in ihrer Unterstützung für die Ukraine nicht nachzulassen. „In der Situation, in der wir uns befinden, dürfen wir nicht zögerlich sein,“ betont Annika Fohn. Prägnant formuliert es Julia Pich, als sie sagte: „Wenn die Ukraine fällt, dann fällt auch Europa!“

Auch die pax christi-Gruppe Aachen hat sich in Kooperation mit der Bischöflichen Akademie mit dem Ukraine-Krieg befasst. Unter dem Titel „Der lange Weg zum Frieden“ sollte es darum gehen, den Menschen vor Ort eine Stimme zu geben. „Gerade wir stehen vor der Herausforderung, mitten in einem Krieg von Frieden zu sprechen“, sagt Hennes Schnettler, der als Moderator durch den Abend führte. Als Gäste waren neben dem orthodoxen Priester Oleksandr Petrenko („Wir haben die Hoffnung, dass das russische Regime von innen zusammenfällt“) noch die Aktivistin Iryna Rotar eingeladen, die sich für eine offene und demokratische Gesellschaft in der Ukraine engagiert und mit Beginn des Krieges aus der Region Luhansk geflohen ist. Deutliche Worte für die Situation fand mit Robert Zurek der geschäftsführende Vorstand der Stiftung Kreisau (Polen) für europäische Verständigung, indem er feststellte, dass die entscheidende Frage nicht die eines möglichen Friedens sei, „sondern wie wir das freie Europa und unsere Werte verteidigen und die Diktaturen stoppen können. Auf diese Weise entscheidet sich in der Ukraine auch die Zukunft des Westens und der Welt.“ 

Hilfen und Angebote im Bistum Aachen

Aachen

Der Migrationsdienst Herkunft:Zukunft der Caritas bietet ein Willkommenscafé für Frauen aus der Ukraine an. Das traumasensible Angebot ist gedacht als Erstanlaufstelle für neuzugewiesene Frauen, die hier Kontakte zu anderen Frauen aus ihrem Heimatland und Unterstützung finden, in Aachen anzukommen.

Alle zwei Wochen dienstags treffen sich die Frauen zum Austausch und gemeinsamen Aktionen wie Kochen oder Basteln. Einmal in der Woche (Donnerstag) findet ein Sprachkurs statt. Inzwischen hat sich ein fester Kreis gebildet, zu dem immer wieder neuangekommene Frauen dazukommen. Kontakt: Géraldine Wronski, E-Mail: 
g.wronski@caritas-aachen.de, Tel.: 02 41/94 92 72 85

 

Aachen-Land

In Eschweiler begleitet der Verein „Mehr-als-Deutsch“ Geflüchtete dabei, in Deutschland anzukommen. Seit 2022 zählen dazu auch viele Frauen und Kinder aus der Ukraine. Die Ehrenamtlichen bieten Sprachkurse, helfen bei der Suche nach einer Arbeits- oder Lehrstelle, unterstützen in der Ausbildung und bei der Wohnungssuche, begleiten bei Behördengängen und Arztbesuchen. Darüber hinaus organisieren sie Freizeitangebote, wie Ausflüge oder ein gemeinsames „Fest der Nationen“, bei denen sich Geflüchtete aus verschiedenen Nationen und die Ehrenamtlichen besser kennenlernen können. Kooperationspartner sind unter anderem die Stadt Eschweiler, die Volkshochschule, das „Café Zuflucht“ aus Aachen und die katholischen Kirchengemeinden, deren Räume im Pastor-Zohren-Haus (Eschweiler-Roethgen) und im Gemeindezentrum St. Severin (Eschweiler-Weisweiler) der Verein nutzt. Infos und Kontakt: www.katholisch-
eschweiler.de/gemeinden/Sozialprojekte

 

Mönchengladbach

Migrationsberatung für Erwachsene 
Ziel der Migrationsberatung ist es, den Geflüchteten bei der sozialen, sprachlichen und beruflichen Integration zu helfen. Sie sollen ihr Leben in Mönchengladbach eigenverantwortlich und selbstständig gestalten können. Telefonische Sprechzeiten der Migrationsberatung: montags 14-15 Uhr, donnerstags 9-10 Uhr, Telefon: 0 21 66/1 30 97 26

Online-Beratung 
Auch online bietet der SKM Unterstützung. Ratsuchende können sich auf diesem Weg vertraulich und unabhängig vom Alter kostenlos Hilfe suchen. Auch der Aufenthaltsstatus spielt keine Rolle. 
Die Themen reichen von persönlichen und familiären Problemen, über den Umgang mit Ämtern, aufenthaltsrechtliche Fragen, Gesundheit und Schule bis zur Wohnungssuche und Deutschkursen oder finanzielle Probleme. Kontakt: https://beratung.caritas.de

Café Welcome
Sich mit anderen Geflüchteten auszutauschen, kann entlastend sein. Auch der Kontakt zu Menschen, die schon lange in der Stadt leben oder hier geboren sind, kann helfen, das neue Umfeld zu verstehen und sich einzuleben. Im Café Welcome des SKM kommen Geflüchtete mit anderen in Kontakt und können im informellen Rahmen bei Kaffee und Keksen miteinander ins Gespräch kommen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SKM helfen auch bei konkreten Anliegen. Montags 15-17 Uhr. 

Psychosoziales Zentrum 
Krieg, Gewalt, Folter und Flucht sind traumatische Erlebnisse, deren Folgen sich oft erst zeigen, wenn die Menschen wieder in Sicherheit sind. Das Psychosoziale Zentrum für Flüchtlinge Mönchengladbach (PSZ) des SKM Rheydt bietet hier psychosoziale Unterstützung. Das Angebot ist freiwillig, kostenlos und findet auf Wunsch auch anonym statt. Infos und Anmeldung unter Telefon 02 1 66/1 30 97 66, oder per E-Mail: psz@skm-ry.de. Sprechzeiten: mittwochs von 10-12 Uhr.

 

viersen

Seit zwei Jahren bietet der wöchentliche Gesprächskreis für geflüchtete Frauen und Migrantinnen vor allem für Frauen, die vor dem Krieg aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, einen geschützten Raum und Hilfe bei Anträgen oder Behördengängen an. 
Kurz nach Beginn des Krieges startete das Angebot, das Caritas-Gemeindesozialarbeiterin Manuela Nazemi-Bogda mit Jutta Simon-Karrenberg leitet. „Acht bis zehn Frauen treffen sich regelmäßig im Haus der Caritas“, erzählt Manuela Nazemi-Bogda. Hier ist Raum für ihre Themen, die Sorgen um die Angehörigen, aber auch, um sich einfach auszutauschen. „Wir lachen und wir weinen zusammen“, sagt Manuela Nazemi-Bogda.  Grundsätzlich steht das Angebot allen geflüchteten Frauen und Migrantinnen offen, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Die Treffen finden mittwochs in der Zeit von 9.30 bis 12 Uhr statt. Kontakt: Manuela Nazemi-Bogda, Tel. 0 21 62/ 93 89 35 60, m.nazemi@caritas-viersen.de.

 

Weitere Angebote:

https://germany-help-ukr.de/de

Segelfliegen für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine

(c) Stephan Johnen

„Über den Wolken - muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, sang Reinhard Mey. So hoch mussten die jungen Ukrainer gar nicht aufsteigen, um zumindest für einen Augenblick ihre Sorgen am Boden zurückzulassen. 
Auf Einladung des Luftsportvereins Düren-Hürtgenwald hatten Kinder und Jugendliche, die vor dem Krieg geflüchtet waren, im Herbst die Möglichkeit, mit dem Segelflugzeug oder dem Motorsegler abzuheben. Eine Aktion, die die Segelflieger wiederholen möchten. „Unser Traum war es, uns wieder frei zu fühlen“, sagt Olena Shchehlova vom Kulturzentrum COD. „Die Flugzeuge, die die Kinder zuhause gesehen haben, brachten Zerstörung und Tod.“