Wenn Gottes Geist lebendig wird

Katholische Kindertagesstätten sind gefragt – auch weil christliche Werte vermittelt werden

Spielerisch den Glauben erlebbar zu machen, ist das Ziel der Kitas Horizonte. (c) Ann-Katrin Roscheck
Spielerisch den Glauben erlebbar zu machen, ist das Ziel der Kitas Horizonte.
Datum:
20. Okt. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 43/2021 | Ann-Katrin Roscheck

„Ich bin davon überzeugt, dass sich die Atmosphäre in katholischen Kindertagesstätten von Kitas ohne konfessionelle Bindung unterscheidet“, sagt Sina Cremer als Leiterin der Kindertagesstätte (Kita) St. Antonius in Tönisvorst. „Bei uns verbringen Kinder jeglicher Konfession oder auch ohne Konfession ihren Alltag. Aber christliche Werte wie Respekt, Toleranz oder Nächstenliebe werden hier doch besonders stark gelebt.“ 

Kita-Leiterin Sina Cremer ist sich sicher, dass das Leben der christlichen Werte die Atmosphäre in Kitas verändert. (c) Ann-Katrin Roscheck
Kita-Leiterin Sina Cremer ist sich sicher, dass das Leben der christlichen Werte die Atmosphäre in Kitas verändert.

Während immer mehr Menschen aus der katholischen Kirche austreten, freuen sich katholische Kindertagesstätten im Bistum Aachen weiterhin über großen Zulauf. Zwar entscheiden sich einige Eltern noch immer, ihr Kind rein aufgrund der Standortnähe zum eigenen Zuhause in der Kita anzumelden, Cremer ist aber sicher, dass vielen Eltern – vielleicht sogar zunehmend – die katholische Orientierung der Kitas wichtig ist. „Ihnen geht es unter anderem darum, dass die christlichen Bräuche und Traditionen nicht verloren gehen“, erklärt sie. „Ist die eigene katholische Prägung vielleicht nicht mehr so stark, wünschen sie sich, dass ihre Kinder die Werte und die biblischen Geschichten rund um Feste wie zum Beispiel Ostern, Weihnachten, St. Martin oder auch dem Erntedankfest kennenlernen.“

Die Kindertagesstätte St. Antonius in Tönisvorst steht in der Trägerschaft des gemeinnützigen Trägers Horizonte, zu dem 14 weitere katholische Kindertageseinrichtungen in den Regionen Krefeld und Kempen-Viersen gehören. Horizonte nahm unter anderem vor rund zwei Jahren am Pilotprojekt „Qualität aus christlicher Überzeugung“ des Bistum Aachens und des Caritasverbandes teil. Jede teilnehmende Kita erarbeitete hier ein auf ihre Einrichtung zugeschnittenes Praxisbuch, das in sieben Qualitätsbereichen die Anforderungen, Standards und Aufgaben, die das Profil und die Arbeit katholischer Tageseinrichtungen charakterisieren, in die eigene Einrichtung trägt. Zu diesen Qualitätsbereichen gehören neben Kindern, Eltern und Personal auch die Bereiche Glaube und pastoraler Raum. Regelmäßig nehmen die Kita-Leitungen an speziellen Fortbildungen teil und lernen hier unter anderem, entsprechende Audits im eigenen Team durchzuführen.

Der Leiterin der Kita St. Bartholomäus in Niederkrüchten zeigen diese Audits, dass die Horzionte-Kitas Orte lebendigen Glaubens sind. „Wir stehen für Zugewandtheit, Inklusion und Partizipation der Kinder“, erklärt Brigitte Böken. „Ganz nach dem Motto ,Hilf mir, es selbst zu tun‘ vermitteln wir den Kindern so Stärke und Persönlichkeit.“ Dass nicht jede Erzieherin selbst ein festes theologisches Wissen mitbringt, ist für sie nicht verwunderlich. 
Besuchten die pädagogischen Mitarbeiter früher oft katholische Schulen oder kamen aus christlichen Familien, erleben auch sie heute eine andere Sozialisation. „Bei Horizonte arbeiten Menschen jedes Glaubens, und darauf sind wir stolz“, erklärt Böken. „Bedingung ist natürlich, dass die Mitarbeiter bereit sind, sich auf die katholischen Werte einzulassen und diese auch vermitteln zu wollen.“ Dafür besuchen die Erzieher unter anderem selbst Seminare beim Katholischen Forum in Viersen. Hier lernen sie, wie sie beispielsweise mit Kindern über Pfingsten sprechen oder die christlichen Feste im Kita-Umfeld feiern können.

Aber auch die pastorale Begleitung ist im Alltag ein wichtiger Baustein. Denn sind die Erzieher der Kindertagesstätte eben von Haus aus Pädagogen und keine Theologen, bringen die Pastoralreferenten noch einmal anderen Input mit in die Kindertagesstätten. „Im ländlichen Bereich sind wir mit einer sehr guten Anbindung an die Kirche gesegnet. Aber ich weiß, dass es gerade im städtischen Umfeld Schwierigkeiten gibt, noch pastorale Anbindung zu finden, weil es dort einfach keine Kapazitäten mehr gibt“, erklärt Böken.

Christliche Elemente werden spielerisch in den Alltag eingebunden

Auch Medien helfen bei der Glaubensvermittlung. (c) Ann-Katrin Roscheck
Auch Medien helfen bei der Glaubensvermittlung.

Nicht nur die Kita in Niederkrüchten liegt ländlich, sondern auch Sina Cremer aus St. Antonius weiß die dörfliche Gemeinschaft in Tönisvorst zu schätzen. Auch hier gehört eine Pastoralreferentin aus der zugehörigen Gemeinde fest zum erweiterten Team. Mit ihr werden Gottesdienste oder Feste vorbereitet. So wurde gemeinschaftlich zuletzt etwa auch das Erntedankfest in Tönisvorst begangen. Der sechsjährige Younes erinnert sich daran gut: „Wir haben Essen auf den Altar gebracht, es gab einen Traktor aus Plastik, mit dem wir an die Bauern gedacht haben, und dann haben wir dem lieben Gott gedankt.“ Auch die fünfjährige Eyda weiß noch: „Wir haben für die Erde gedankt und für die Sonne, den Regen und die Wiesen.“

Für Cremer ist es wichtig, dass diese christlichen Elemente spielerisch in den Alltag eingebunden werden. Das kann durch Bastelangebote oder Gesprächskreise zu christlichen Festen geschehen, das kann aber auch einfach nur durch die Bereitstellung von katholischen Materialien passieren. Keines der Kinder soll sich gezwungen fühlen, mitzumachen. Vor dem gemeinsamen Mittagessen sucht die fünfjährige Nelly zum Beispiel ein Gebet aus, das gemeinsam mit der Gruppe gesprochen wird. Einige Kinder haben die Hände gefaltet und sprechen fleißig mit, andere schauen aber auch verträumt durch die Weltgeschichte. Als anschließend die Zeilen „Gott, gib uns Mut, unsre Wege zu gehen“ angestimmt werden, machen dagegen alle gutgelaunt mit und zeigen mit den Armen entsprechend des Liedtextes ihre Muskeln. „In diesen Momenten wird unsere katholische Anbindung ganz deutlich“, sagt Cremer und lacht. „Oft aber ist es auch nur ein besonderes Gefühl der Wärme, das in der Kita spürbar ist und zeigt, dass Gottes Geist hier irgendwie lebendig wird.“Christliche Elemente werden spielerisch in den Alltag eingebunden