Weitere Notwendigkeit erkannt

Wichtige Einsatznachsorge in der Region Düren wechselte von den kirchlichen Trägern zur Kommune

Im Einsatz vor Ort. (c) Michael Weidenfeld
Im Einsatz vor Ort.
Datum:
15. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 20/2023 | Mira Otto

Unter jeder Uniform, völlig egal, ob Feuerwehrfrau, Sanitäter oder sonstige Einsatzkraft, steckt ein Mensch, der während den Notlagen Dinge erlebt, die sich in das Gedächtnis einbrennen. Bis Ende 2022 gab es hierfür im Kreis Düren das Einsatzkräfte-Nachsorgeteam (EKNT) in ökumenischer Trägerschaft der Kirchen. Seit Jahresbeginn 2023 hat die Stadt Jülich übernommen. Der Titel lautet PSNV-E – Psychosoziale Nachversorgung für Einsatzkräfte.

„Die Trägerschaft ist beendet worden mit dem Einvernehmen aller Beteiligten, gerade auch der Rettungsdienste der Region“, schreibt Anja Klingbeil, tätig bei der Pressestelle des Bistums Aachen, auf Anfrage. „Hintergrund sind die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen mit den einhergehenden Qualitätsstandards, die sich entwickelt haben. Es ist mittlerweile klare Aufgabe der Arbeitgeber, für die psychosoziale Gesundheit der Bediensteten zu sorgen, in dem Fall von Feuerwehrleuten und Rettungsdiensten.“ Die Aufgaben beim „neuen“ Träger Stadt Jülich sind natürlich dieselben geblieben, und die Nachfrage ist weiterhin hoch.

Angegliedert ist das erfahrene Nachsorgeteam für die Einsatzkräfte bei der Freiwilligen Feuerwehr Jülich. „Dass ein solches Team einer Feuerwehr zugehörig ist, ist nicht gang und gäbe. Wir sind eigentlich stolz, dass wir die Leute, die es schon 25 Jahre gut gemacht haben, auf diesem Weg nicht verlieren“, sagt Wehrleiter Swen Henseler. Freude herrscht darüber, dass der Bürgermeister und die Stadt sofort die Notwendigkeit dieses besonderen Unterstützerteams erkannt und die Trägerschaft zugesagt haben. 
Zehn Personen besetzen das PSNV-E im Ehrenamt.

Die Leitung übernimmt Klaus Krauthausen, der auch schon im EKNT in führender Position unterwegs war. Er kann, auch mit Erfahrung als hauptberuflicher Rettungsdienstler und aus Katastrophenschutzeinheiten, auf 40 Jahre Einsatzdienst zurückblicken. Im Laufe der Jahre hat er sich hierbei als psychosoziale Fachkraft qualifiziert, in Teilen auch während seines Studiums der Betriebswirtschaft, in der er auch immer wieder Lehrscheine in der Psychologie machte. Martina Hahn, ebenfalls psychosoziale Fachkraft und die stellvertretende Leitung, hat eine anderthalbjährige Ausbildung in der Notfallseelsorge absolviert.

Für alle Einsatzkräfte ansprechbar

Im Einsatz für die Einsatzkräfte (v. l.): Klaus Krauthausen, Anke Dreßen, Martina Hahn, Anja Sommer, Jürgen Eskens-Dopichey. (c) Volker Goebels
Im Einsatz für die Einsatzkräfte (v. l.): Klaus Krauthausen, Anke Dreßen, Martina Hahn, Anja Sommer, Jürgen Eskens-Dopichey.

„Die verschiedenen Einsatzszenarien können auch die Feuerwehrleute unterschiedlich beeinflussen. Von daher ist diese Aufbereitung nachher auch sehr wichtig. Manchmal braucht man auch jemanden, der etwas weitsichtiger ist und sagt: ‚Wir hatten in diesem Einsatz jetzt eine gewisse Anzahl an Verletzten oder einen tödlichen Ausgang.‘ Das ist immer eine Sache, die jeder anders verarbeitet“, sagt Swen Henseler. Es sei wichtig, dass man weiß, dass man Hilfe bekommt. Bei manchen Fällen mit besonderer Schwere wird das PSNV-E sofort vom Einsatzleiter mit angefordert. Die Belastung für die Retter könne, sagt Krauthausen, dabei so groß werden, dass man den Beruf verlasse oder sich im schlimmsten Fall suizidiere. „Dem wollten wir entgegenwirken.“ 

Auch nach dem Trägerwechsel gilt: Das PSNV-E hat für alle Einsatzkräfte der Region ein offenes Ohr. Bei besonders großen Schadenslagen auch über die Kreisgrenzen hinaus. „Wenn Hilfe erforderlich ist, dann sind wir 24/7 für Euch da“, sagt Krauthausen. Jeder Ehrenamtliche sei dabei genauso vor psychischer Belastung zu schützen wie Vollzeitkräfte. „Das gehört zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers“, sagt Krauthausen. Die Polizei habe zwar ein eigenes Nachsorgeteam, doch steht das PSNV-E auch Polizisten, die eventuell außerdienstlich Hilfe in Anspruch nehmen wollen, ebenso zur Verfügung wie Ersthelfern.


Kontakt über die Hotline 01 60/3 07 31 82 oder die Leitstelle unter Tel. 112