Weil die Liebe gewinnt

Auch im Bistum Aachen wurden zahlreiche Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare gefeiert

Welche Bedeutung die Segnung durch Pfarrer Christoph Simonsen hat, zeigt sich deutlich in den tief berührten Gesichtern des Paars. (c) Andreas Baum
Welche Bedeutung die Segnung durch Pfarrer Christoph Simonsen hat, zeigt sich deutlich in den tief berührten Gesichtern des Paars.
Datum:
18. Mai 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 20/2021 | Garnet Manecke

Im Rahmen der bundesweiten Aktion #liebegewinnt hat auch Pfarrer Christoph Simonsen in der Citykirche Mönchengladbach gleichgeschlechtliche Paare gesegnet. Das Gotteshaus war damit einer von 110 Orten in Deutschland, an dem katholische Priester, Gemeinde- und Pastoralreferenten gleichgeschlechtliche Paare gesegnet haben – als Zeichen für die Liebe zu den Menschen.

60 Teilnehmende feierten zusammen den Segnungsgottesdienst in der Citykirche Mönchengladbach. (c) Andreas Baum
60 Teilnehmende feierten zusammen den Segnungsgottesdienst in der Citykirche Mönchengladbach.

Wenn es um homosexuelle Menschen geht, wird oft das Wort „bunt“ benutzt. Von einer „bunten“ Gesellschaft ist gerne die Rede, und dieses „bunt“ findet sich auch im Logo der Aktion #liebegewinnt wieder: die Regenbogenfarben durcheinander gewürfelt, durchzogen von einem feinen Liniengitter. Aber im „bunt“ schwingt auch immer eine Verniedlichung mit, die dem ernsten Hintergrund nicht ganz gerecht wird.

Worum es wirklich geht bei der Aktion, drückt sich in der Citykirche Mönchengladbach in einer kleinen Szene aus: Die Heinsberger Rapperin Scapsis singt ihr neues Lied „Sag nichts“, eine Liebeserklärung an ihre Ehefrau Anna. Während der letzte Ton noch in der Luft hängt, verwandelt sich die coole Rapperin in Sofia Eleftheriadu. „Ich liebe meine Frau“, sagt Sofia in einem weichen Ton, der jede Silbe mit dem Gefühl ummantelt. Ihre Augen strahlen, als sie dabei zu Anna schaut. Später zeigt ein Foto die tiefe Rührung der Rapperin in dem Moment, als Pfarrer Christoph Simonsen seine Hände auf die Köpfe des Paares legt und den Segen spricht.

Neun Paare hatten sich allein in Mönchengladbach für die Segensfeier angemeldet. „Aber zwei Paare haben wieder abgesagt, weil sie dachten, das sei nur eine Show-Veranstaltung“, sagt Christoph Simonsen. Sein Gesicht zeigt deutlich seine Erschütterung darüber. 
Das Verbot der Glaubenskongregation des Vatikans Mitte März, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, und die Bezeichnung ihrer Beziehung als „Sünde“ lösten in Deutschland die Aktion #liebegewinnt aus. In seiner Rede findet Simonsen klare Worte für die in weiten Teilen herrschende Empörung. „Es ist ein Skandal, dass die katholische Kirche alle Erkenntnisse zur Seite fegt und an starren Dogmen festhält. Es ist ein Skandal, Liebe als Sünde zu bezeichnen“, sagt der Priester zu den rund 60 Teilnehmenden des Gottesdienstes. „Diesem Skandal setzen wir hier und heute ein fröhliches Segensfest gegenüber.“


Letztlich ist es Gott, der alle und alles segnet – und nicht der Mensch

Festlich geschmückt ist die Kirche, in der Simonsen nicht nur homosexuellen Paaren den Segen spendet. Wieder verheiratete Geschiedene und ohne Trauschein zusammen lebende Paare werden genauso gesegnet wie jeder, der an diesem Abend den Segen empfangen will. „Dass wir Segensuchende sind, verbindet uns“, betont Simonsen.
Auch in anderen Regionen im Bistum Aachen wurde zu Segnungsgottesdiensten eingeladen.

Bereits am 9. Mai wurden Paare in St. Fronleichnam Aachen gesegnet. Einen Tag später feierte die Zeitfenster-Gemeinde in der Aachener Citykirche St. Nikolaus, zu der auch Paare aus dem Umland kamen. Weil das Leuchtfeuer-Team der Weggemeinschaft Gangelt aufgrund der Inzidenzwerte keinen Präsenzgottesdienst anbieten darf, feiert es einen Online-Gottesdienst, in dem ausdrücklich für alle liebenden Paare gebetet wird. Ähnlich organisiert es die Katholische Studentengemeinde Jülich, die zusammen mit dem Hochschulzentrum Lakum in Krefeld und Mönchengladbach einen Segnungsgottesdienst per Zoom anbietet.

In Düren segnet Pfarrer Ernst-Joachim Stinkes die Paare unter freiem Himmel vor dem Muttergotteshäuschen der Pfarrei St. Lukas. Schon im Vorfeld hatten Pastoralteam und GdG-Rat deutlich gemacht, dass sie mit der Segensfeier eine Praxis fortsetzen, die in der GdG bereits lange gelebt wird. „Wir sind empört angesichts der Absage der Glaubenskongregation, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften einen Segen zu erteilen. Als Mitglieder der katholischen Kirche erheben wir unsere Stimme: In unserer Kirche grenzen wir niemanden aus und lassen Diskriminierungen nicht zu“, heißt es in einer Mitteilung der GdG vom 24. März. „… Es ist für uns daher unvorstellbar, Menschen für ihre Partnerschaft den Segen zu verweigern, weil letztlich nicht wir es sind, sondern Gott, der alle und alles segnet. Diese bisher gelebte Praxis in unserer Pfarrei St. Lukas wollen und werden wir weiterführen.“

Der 10. Mai war für die bundesweite Aktion gewählt worden, weil er einer der Gedenktage des Noach ist, des biblischen Stammvaters aller Geschlechter. Gott sandte ihm den Regenbogen als Zeichen seines Bundes. Noach bedeutet „der Ruhe Bringende“ und „der Tröster“.