Drei Mädchen machen sich für die Krippe in der Krefelder Kirche St. Anna stark – und das nicht nur einmal im Jahr. Sie beratschlagen mehrfach zu Hause, wie sie das Weihnachtsevangelium nach Lukas an jedem Adventssonntag mit einem neuen Bild so schön und so gut wie möglich umsetzen können. Danach treffen sie sich im Gotteshaus. Küsterin Ulrike Acker und Pfarrer Thorsten Obst lassen ihnen freie Hand. Alina, Flora und Rosalie sind kleine Krippen-Profis.
Jetzt steht der dritte Adventssonntag an. Aber vor dem ersten haben sie am meisten zu tun. Sie waren mit Eifer bei der Sache, gingen ungezählte Male den Weg durch das Kirchenschiff von St. Anna zwischen Krypta und dem Platz neben dem Portal hin und her. Für das erste Krippenbild trugen sie die großen, glücklicherweise aber nicht so schweren Figuren von Menschen und Tieren und auch die Kleidung für die Hirten herbei.
Zuvor war es laut im Gotteshaus. Das Podest, das unwahrscheinliche 24 Quadratmeter groß ist und nacheinander die Bilder der biblischen Weihnachtsgeschichte und auch die Mädchen bei der Aufbauarbeit tragen wird, musste festgenagelt werden. „Es geht alles genau nach Bauplan“, berichtet Eberhard Bittner, einer der helfenden Väter.
„Ich habe mir schon vor einiger Zeit überlegt, wie wir das erste Krippenbild gestalten und zeigen wollen“, erzählt Alina Bittner (13). „Zu Hause habe ich bereits Sonne, Mond und Sterne, den Hut für Josef und Fische aus Papier gebastelt. Blaue, grüne und beigefarbene Tücher deuten Meer, Ufer und Land an. Wir können uns kreativ austoben“, sagt sie und lacht. Küsterin Ulrike Acker freut sich über die Begeisterung der Mädchen. „Sie helfen mir sehr.
Alina ist schon seit einigen Jahren beim Krippenbau dabei. Nun hat sie ihre Freundinnen Flora (10) und Rosalie (8) mitgebracht. Die beiden gucken viel bei ihr ab. Ich lasse ihnen freie Hand. Trotzdem fragen sie stets, was geht. Die Drei kennen die Kirche besser als manches erwachsene Gemeindemitglied.“ Die Küsterin hat die Krippe dann noch mit Olivenbäumen ergänzt.
Das Mädchen-Trio hatte zum Start die großen, über 100 Jahre alten Figuren vor sich und die Kleidung, die eine Frau aus der Gemeinde sehr schön neu genäht hat. Puppen anziehen, das kann das Trio. „Dieser Hirte bekommt den Umhang aus Kunstpelz, dem anderen ziehen wir das weiße Gewand an, der dritte erhält ein Tuch um den Kopf.“ Es verläuft alles sehr friedlich.
Der Evangelist Lukas berichtet: „Es werden Zeichen sein an Sonne, Mond und Sternen, und auf Erden wird Angst und Bestürzung sein … wegen des Tosens des Meeres.“ Also kommen die gebastelten Himmelskörper per Klebestreifen oben auf den Vorhang. Das Meer erscheint den Kindern zu ruhig. „Wir legen einige Schafe, die nicht mehr so ansehnlich sind, unter das Tuch. Jetzt haben wir hohe Wellen.“ Mutter Ursula Weber hilft. Muscheln vom Nordsee-Urlaub und die Papierfische ergänzen das Meer.
Die Mädchen verteilen dann die zehn Figuren, deren Arme und Beine beweglich sind. Dazu klettern sie über einen Stuhl aufs Podest. Die Hirten knien, strecken die Arme ängstlich aus. Dazwischen stehen Schafe, Esel, Ochsen, Hühner und ein Kamel. Alina: „Damit die Kinder, die die Krippe besuchen, etwas zum Streicheln haben, haben wir auch ein wolliges Schaf, das ganz nach vorne kommt.“
Der zweite Sonntag im Advent steht im Zeichen des Wartens: auf die Ankunft und Wiederkunft des Erlösers Jesus Christus. Machet dem Herrn den Weg bereit. Dieses Bild ist ganz schlicht, flache Steine deuten den Weg an. Doch nun steht der dritte an, die Mädchen stehen am Podest. „Die Leute – auch Soldaten – kommen zu Johannes und fragen, was können wir tun, um ins Reich Gottes zu kommen. Er gibt ihnen Tipps“, wissen die Mädchen. Für dieses Bild haben sie sich besonders viel Mühe gegeben.
Es heißt im Evangelium: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“ Ort der Geschichte ist der Jordan, in dem sich die Menschen taufen lassen wollen. Kurzerhand haben die Mädchen das Tuch, das im ersten Bild das Meer verdeutlichte, zurückgesetzt und neu drapiert, so dass es einen Fluss darstellt. Ein in prächtige rote Gewänder gehülter Mann gibt einem knienden Armen ein gelbes Kleidungsstück. „Beide halten einen Zipfel in der Hand.“
Ein Korb voller Obst versinnbildlicht das Teilen von Nahrung. Den Helm für den Soldaten haben die Mädchen wieder selbst gebastelt. Immer wieder stehen die Mädchen vor dem Podest, gucken, ob alles gut aussieht und sind schließlich zufrieden, weil sie das, was sie sich zu Hause überlegt haben, auch gut dargestellt haben. Das dritte Bild steht.
Thorsten Obst, Regionalvikar und Pfarrer von St. Anna, erklärt: „Im Mittelalter konnten die Menschen weder lesen noch schreiben. Die christlichen Geschichten und ihre Symbolik wurden ihnen mit Bildern vermittelt; darin sehen sie, was passiert. Auch dass der Gottessohn in einer Krippe geboren wird, zu den Armen gehört und sie nicht bedrohen, sondern retten will.“ Zum Dank für den Krippenbau werden die helfenden Eltern und Mädchen später von ihm zum Essen eingeladen.
Derweil klingen Weihnachtslieder vom Altarraum in die Kirche. Der Kinderchor probt fürs Krippenspiel am Heiligen Abend. Ab und zu kommen die jungen Sänger vorbei, wollen helfen. Weihnachten kann kommen. Wenn es dann soweit ist, wird am Heiligen Abend hinter der Krippe eine Holztür nach draußen geöffnet, die ein Fenster freigibt. Dahinter platzieren die Mädchen Maria und Josef mit dem Christuskind, so dass sie von zwei Seiten – von außen und aus dem Kirchenraum zu sehen sind. Manchmal liegt das Kind in der Krippe, manchmal auf den Armen von Maria oder Josef, ganz so, wie es das Mädchen-Trio mag.