Aus der Weihnachtsgeschichte kennen alle Gläubige christlichen Glaubens die Stelle: „Und ein jeder ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.“ Damit ist die erste Statistik in der Bibel dokumentiert. Allerdings waren es damals die Römer und Kaiser Augustus und nicht die Kirche, die die Menschen nach ihrer Zugehörigkeit befragen und „vermessen“ ließen.
Heute gehören Statistiken zum Alltag. Statistiken sind Erhebungen, die einen Ist-Zustand eines Jahres beschreiben und eigentlich eine Handlungsaufforderung für die Zukunft beinhalten sollen. Sie dienen der Marktforschung. Es gilt, Trends abzulesen; sie sollen Qualitätskontrolle ermöglichen und Personalfluktuation transparent machen. Statistiken sind in erster Linie etwas für Unternehmen.
Ist die Kirche ein Unternehmen? „Die Kirche“ besitzt Immobilien, ist Träger von Institutionen und sozialen Einrichtungen und hat hierfür natürlich auch Verantwortung für Personal zu tragen. In ihrer Struktur ist Kirche also durchaus ein Wirtschaftsunternehmen.
Für Gläubige ermöglicht „Kirche“ vor allem aber Orte von Gemeinschaft, von Spiritualität. Sie steht für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit. Welche Bedeutung kann also das Vermessen der Kirche in Prozenten und Zahlen haben?
Glauben wir Statistiken? Aller Regel nach erwecken sie eher Zweifel. Denn wie heißt es im Volksmund? Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Gerade im Coronajahr ist eine statistische Erhebung darüber hinaus doch eher von geschichtlichem Wert denn mit dem Anspruch von Wahrhaftigkeit oder Perspektive verbunden.
Niemanden wundert es, dass die Zahl der Kirchenbesuche um die Hälfte gesunken ist oder weniger Hochzeiten gefeiert wurden.
Was kann eine Statistik für Katholiken bedeuten, wenn man sie als Handlungsaufforderung versteht? Strengt Euch mehr an in Eurem Glauben? Seid missionarisch? Im Marketinggedanken: Tut Gutes und sprecht darüber? Das klingt bizarr.
Gott rechnet mit uns. Dazu bedarf es keiner Statistik. Hier geht es nicht darum, wie viele Gläubige der Kirche angehören. Es geht um die Einzelnen. Christen sind täglich aufgefordert, ihren Glauben zu leben und dafür einzustehen. Was dabei unter dem Strich „erwirtschaftet“ wird, lässt sich nicht in einem Diagramm ausdrücken. Das Tun ist individuell und lebt von Eigenverantwortung. Der Glaube zählt.
Dorothée Schenk ist Chefredakteurin der KirchenZeitung für das Bistum Aachen.