In Zukunft wird Kirche in den Gemeinden nicht mehr über den Kirchturm definiert. Der Mangel an Priestern, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfen wird, macht neue Konzepte nötig, um die seelsorgliche und geistliche Versorgung der Katholiken zu gewährleisten. Dabei rücken die Gemeindemitglieder bei der aktiven Gestaltung des Gemeindelebens zunehmend in den Fokus. Es sollen „Orte von Kirche“ entstehen.
Aber was sind „Orte von Kirche“ genau? Das wollte der Katholikenrat für die Region Heinsberg wissen und lud zur Klärung der Frage Andrea Kett ein, Leiterin der Abteilung Pastorale Räume und Pfarreien im Bischöflichen Generalvikariat. Um es vorweg zu sagen: Die Frage ist nicht ganz eindeutig zu beantworten. Denn die Orte von Kirche können so unterschiedlich sein wie die Menschen, die sie gestalten.
Orte, die eine lange Tradition haben, sollen auch weiterhin bestehen bleiben. Neu an dem Konzept ist, dass Kirche weiter gedacht wird. Die Kirchen werden also nicht abgeschafft. Sie bleiben weiterhin Orte, an denen gemeinsam Gottesdienste gefeiert werden und Menschen zusammenkommen. Aber sie werden in Zukunft durch viele kleine „Orte von Kirche“ egänzt werden.
Das Konzept „Orte von Kirche“ solle die kreative Konfrontation von Evangelium und Existenz ermöglichen, sagte Kett. Wo Menschen oder Gruppen Angebote schaffen, die im weitesten Sinne mit dem Evangelium und dem Glauben zu tun haben, können Orte von Kirche entstehen. Sie können kirchennah sein – müssen es aber nicht.
Auch Initiativen und Gruppen, die sich für diakonische, soziale und gesellschaftspolitische Ziele einsetzen und deren Arbeit in den Pastoralen Raum ausstrahlt, können „Orte von Kirche“ sein. Solche Orte haben ein eigenes Profil und sind erkennbar an mindestens einem Grundvollzug, der Liturgie oder dem Dienst am Nächsten.
Aber nicht jede Gruppe, die sich zusammenfindet, ist gleich ein Ort von Kirche. Um das besser zu definieren, sind vier Kriterien aufgestellt worden: Lebendigkeit, Wirksamkeit und Strahlkraft, Gemeinschaft/Solidarität und Ermöglichung von Engagement sowie Entwicklung. Dabei sei das Verhältnis zum Pastoralen Raum zu klären, sagte Kett.
Gruppen und Initiativen sollen reflektieren, was ihr Beitrag für das Gemeindeleben ist
Das soll nicht im stillen Kämmerlein geschehen, sondern in der Kommunikation mit dem Rat des Pastoralen Raums, der voraussichtlich im November 2025 gewählt wird. Jede Gruppe, die ein „Ort von Kirche“ werden will, kann vor dem Rat darstellen, worin ihr Beitrag für die Menschen des Pastoralen Raums liegt. Beide Seiten sollen entscheiden, ob der „Ort von Kirche“ dessen grundsätzlicher Ausrichtung entspricht. „Es geht nicht darum, jemanden auszuschließen“, sagte Kett. „Es geht darum, dass die Initiativen und Gruppen reflektieren, für wen sie sich engagieren und warum sie zum Pastoralen Raum gehören.“
Kett sieht in dem Prozess eine große Chance, zukünftig das kirchliche Leben und den Aufbau von Kirche stärker von unten nach oben zu leben und so auch Menschen zu erreichen, die sich von der Kirche entfernt haben.