Frau Bölting, was sind die drängendsten Nöte der Betroffenen?
Das Drängendste ist, dass die Anträge, Anliegen und Anfragen zeitnah bearbeitet werden können. Dieses Warten darauf: Wann wird mein Anliegen an die UKA geschickt, die für die Anerkennungszahlungen zuständig ist? Was passiert mit meiner Geschichte im Bistum? Dieses Vertrauen aufzubringen, dass damit gut umgegangen wird, wenn man schon einmal von der Kirche als Institution zutiefst verletzt worden ist, das ist schwer auszuhalten. Eben auch dadurch, dass jetzt die Möglichkeit eröffnet worden ist, einen Widerspruch einzureichen. Dann kommt alles wieder hoch und die Betroffen müssen sich damit erneut auseinandersetzen.
Was passiert, wenn Betroffene sich melden?
Wenn Betroffene sich melden, werden sie an die speziell ausgebildeten Ansprechpersonen verwiesen oder sie melden sich direkt dort. Es folgt ein erstes, unverbindliches Beratungsgespräch, in dem geklärt wird, was die Betroffenen konkret wollen: Wollen sie einen Antrag auf Anerkennung des Leides stellen und welche Konsequenzen hat das?
Wenn sie dies wollen, findet ein weiteres Gespräch statt, das dokumentiert wird. Erst dann erfährt die Interventionsstelle davon. Also, es gibt immer noch diesen Zwischenschritt, dass die Betroffenen entscheiden können: Will ich, dass das weiter geht, ins Generalvikariat und dann zur Anzeige gebracht wird? Weil, wenn es gemeldet wird und sobald es in der Interventionsstelle ankommt, müssen wir handeln. Und dann ist eine der ersten Frage immer: Lebt der Beschuldigte noch oder der Täter? Bei einem lebenden Täter wird ein Krisenstab einberufen, weil in diesem Fall die Anzeigepflicht gilt.
Wie wird die Plausibilität geprüft?
Die Ansprechperson prüfen sehr wohlwollend die Plausibilität dessen, was erzählt worden ist. Es geht darum, die Dinge zu finden, die dafür sprechen, dass es so, wie es beschrieben ist, auch passiert ist. Ist das authentisch? Es gibt Kriterien, nach denen man das einschätzen kann. Wir gehen auch auf die Suche, um zu unterstützen und zu bestätigen, dass das, was uns erzählt wurde, stimmt. Manchmal können sich Betroffene nicht an den Namen eines Beschuldigten erinnern. Sie wissen nur, sie sind missbraucht worden. Sie können es verorten und fangen an, in Kirchenzeitungen oder im Archiv zu suchen: Wer könnte das gewesen sein?
Die Plausibilitätsprüfung wird an die Interventionsstelle gegeben und geht weiter an die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA). Dort wird über die Höhe der Anerkennungszahlung entschieden.