Was Schwein Frieda uns lehrt

In sieben Veranstaltungen ging es im Projekt „Schwein haben“ um den Umgang mit der Schöpfung

Das war Frieda kurz nach ihrer Geburt im September 2021. (c) Stautenhof
Das war Frieda kurz nach ihrer Geburt im September 2021.
Datum:
9. Feb. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 06/2023 | Garnet Manecke

Der Ausdruck. „Schwein haben“ steht für „Glück haben“. Für Schweine selbst gilt das nicht. Ein Jahr haben die Regionalräte Heinsberg und Mönchengladbach sowie die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung sich in einem Projekt mit dem Umgang mit den Borstentieren beschäftigt. Ein Resümee.

Wenn alles nach Plan gelaufen wäre, dann wäre Frieda nicht mehr am Leben. Das Schwein, dessen Mutter eine Sau der Schweizer Landrasse und dessen Vater ein Duroc ist, wäre vergangenen Juni geschlachtet und verwurstet worden. Frieda aber ist noch am Leben und bekommt nun ihrerseits Ferkel. Ihre Geschwister hatten nicht so viel Glück, auch die Lebenszeit ihrer Kinder wird maximal sieben Monate betragen.

Wobei – drei Mal im Jahr zehn bis zwölf Ferkel zu gebären und aufzuziehen, ist auch kein einfaches Schweineleben. Dabei hat es Frieda noch gut erwischt: Sie wohnt auf dem Stautenhof in Willich, einem Biohof, der für die ökologische Kreislaufwirtschaft steht. Für Frieda heißt das konkret: Sie hat Platz, um frei rumzulaufen, sie kann schnüffeln und suhlen. Wenn sich der nächste Wurf ankündigt, kann sie ihre Geburtsbox selber aussuchen und hat dort ihre Ruhe und Bewegungsfreiheit für die erste Zeit mit ihren Kindern. Die meisten ihrer Artgenossinnen haben das nicht. Sie leben in engen Verhältnissen in der Massentierhaltung – vom Menschen dazu bestimmt, als billiges Fleisch in den Kühltruhen der Supermärkte und schließlich in den Töpfen zu enden.

Beim Umgang mit den Schweinen zeigt sich, wie sehr der Mensch seinen Bezug zur Natur verloren hat. Er zerstöre mit seiner Maßlosigkeit seine Lebensgrundlage. „Weniger ist die einzige Lösung“, sagt Markus Bürger vom Institut für Theologische Zoologie in Münster und plädiert für eine „Kultur der Armut“ anstelle des Überflusses. „Jeder muss mit weniger auskommen“, stellt er in der Jugendkirche in Mönchengladbach (JIM) bei der letzten Veranstaltung in der Reihe „Schwein haben“ klar.

„Bewahrung der Schöpfung“ war das Thema des letzten Abends. Sechs Veranstaltungen gingen voraus, inklusive Exkursionen zum Stautenhof, dem Biohof, auf dem das Schwein Frieda lebt, und Haus Düsse, dem Lehrbetrieb der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Die Teilnehmenden beschäftigten sich mit Tierhaltung und Tierwohl, dem Unterschied zwischen Konsumentenabsichten und -verhalten und den Entwicklungen in der Landwirtschaft. So manches Aha-Erlebnis hatten die Teilnehmenden, so mancher hat sein Konsumverhalten schon geändert. Wer beim Anblick eines Schnitzels daran denkt, was dahinter steckt, isst es anders.

Der Mensch sieht sich nicht mehr als Teil der Schöpfung

Referent Markus Bürger plädierte für eine Umkehr im Konsumverhalten. (c) Eva Weingärtner
Referent Markus Bürger plädierte für eine Umkehr im Konsumverhalten.

Das kritische Hinterfragen von Konsumverhalten war von Anfang an das Ziel der Organisatoren, der Katholikenräte von Heinsberg und Mönchengladbach sowie der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Aachen. Dabei mussten sie sich auch selbst kritisch hinterfragen lassen. Denn eine Tierschutzgruppe protestierte gegen den Plan, Frieda zu schlachten. Das Medien-Echo war groß, das Erstaunen der Macher um Hans-Peter Katz auch. Sie sahen sich starker Kritik gegenüber. Am Ende fiel die Entscheidung, Frieda nicht zu schlachten.

Entlang Friedas Lebensweg sollten die verschiedenen Themen anschaulich behandelt werden. Ein Fazit der Reihe ist, dass sich der Mensch nicht mehr als Teil der Natur begreift – zumindest in den westlichen Industrieländern. Er muss wieder sehen, dass er auch nur ein Teil eines großen Ganzen ist. Viele der Projektteilnehmenden fangen jetzt bei sich selbst damit an.

Zur Info

Lebensmittel werden oft von Großkonzernen hergestellt. Dabei leiden nicht nur Tiere. Auch Menschen werden ausgebeutet. Einige Konzerne beherrschten Produktion, Handel, Verarbeitung und Verkauf der Lebensmittel. Es herrsche eine Kultur des Besitzes und des Beherrschens, sagt Markus Bürger vom Institut für Theologische Zoologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster. Die Schöpfung und damit die Welt sei zum Produkt geworden.
Die Lösung „Weniger ist mehr“: Konsum und Produktion müssen reduziert werden, denn „diese Wirtschaft tötet“
Informationen zu dem Projekt mit zahlreichen Videos zu den vergangenen Veranstaltungen sind im Internet unter www.projekt-schwein-haben.de abrufbar.