Ohne Frauen könnte die Kirche ihre vielseitigen Aufgaben nicht leisten. Trotzdem spielen sie eine untergeordnete Rolle. Im Vorfeld des Bistumsfrauentags hat die KirchenZeitung Frauen in den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach befragt, warum sie sich trotzdem engagieren und was sie in der Kirche ändern würden. Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir die weibliche Form. Männer sind mitgemeint.
Vorsitzende des GdG-Rats der Gemeinde Christkönig Erkelenz, Lektorin, Kommunionhelferin und Wortgottesfeierleiterin, betreut die Messdiener in St. Pauli Be-kehrung Lövenich, organisiert seit 2017/2018 die Sternsingeraktion in Lövenich und ist Ansprechpartnerin für die St.-Martins-Kleidersammlung.
Warum engagieren Sie sich?
Als ich mit 16 Jahren als Lektorin angefangen habe, war es, weil ich eh jeden Sonntag in die Messe ging. Im Lauf der Jahre kamen neue Aufgaben dazu. Mein Glaube und auch „die Kirche“ sind mir wichtig. Ich finde, es ist wie in der Politik: nicht nur reden und kritisieren. Wir leben in bewegten und bewegenden Zeiten, da kann man sich nicht nur mittreiben lassen, sondern muss an bestimmten Stellen Position beziehen, den Mund aufmachen aber auch manchmal nur machen.
Wie fühlen Sie sich als Frau in Ihrem Engagement wahrgenommen?
Ich habe nicht den Eindruck, dass mein Engagement in Abhängigkeit zu meinem Geschlecht wahrgenommen wird. Für die, mit denen ich zusammenarbeite, macht es keinen Unterschied, ob ich Mann oder Frau bin. Das hängt wahrscheinlich auch mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Rolle der Frau zusammen.
Was wünschen Sie sich von der Kirche für die Zukunft?
Dass sie sich von der streng hierarchischen und patriarchalischen Struktur verabschiedet. Entscheidungsträger muss es geben, aber das müssen nicht geweihte Priester sein. Das Diakonat der Frau halte ich für wünschenswert. Wenn ich sehe, was Pastoral- und Gemeindereferentinnen auf pastoraler Ebene leisten, ist der Schritt zum Diakonat kein großer mehr. Für Seelsorge wünsche ich mir mehr Zeit. Ich hatte schon oft das Bedürfnis, mit jemandem über meinen Glauben oder Fragen, die mich bewegen, zu reden. Dazu hatte ich selten Gelegenheit, weil auf „der anderen Seite“ keine Zeit war.
Was würden Sie in der Kirche ändern?
Ich würde den Menschen viel schonungsloser sagen, dass Kirche in ihrer jetzigen Form keine Zukunft hat. Lebendige Gemeinden, in denen sich Laien engagieren, haben eine Zukunft. Ich würde versuchen, die Laien durch Schulung, Weiterbildung und die Übertragung von Leitungsfunktionen zu stärken, um für die Geweihten mehr Raum zu schaffen, das zu tun, weswegen sie sich ihrer Berufung verschrieben haben.
In Neuenhoven, einer kleinen Gemeinde der GdG Jüchen, nach dem leitenden Pfarrer Ulrich Clancett Kirchenvorstandsvorsitzende, aktiv im Pfarreirat und GdG-Rat sowie im Organisationsteam für das Pilgerfrühstück bei der Oktav und macht alle Arbeiten, die anfallen.
Warum engagieren Sie sich?
Zum einen bin ich christlich erzogen – und ich habe eine soziale Ader vererbt bekommen. Wir wohnen in einem kleinen Ort, in dem durch einen Generationenwechsel die anderen helfenden Hände langsam wegbrechen. Es ist schwierig, junge Leute an die Kirche zu binden. Wir haben zum Beispiel noch zwei oder drei Messdiener. Wo sollen wir also Leute rekrutieren?
Wie fühlen Sie sich als Frau in Ihrem Engagement wahrgenommen?
Manchmal ist es als Frau kompliziert. Bis vor zwei, drei Jahren gab es bei uns keine Messdienerinnen, weil der damalige Pfarrer Mädchen am Altar lange abgelehnt hat. Auch mit mir als Kirchenvorstand hat er nie direkt gesprochen. Eine Frau in diesem Amt ging für ihn überhaupt nicht. Wenn er mir was mitteilen wollte, hat er das immer über die Küsterin getan. Und auch jetzt ist es manchmal noch so, dass man einen Mann in die erste Reihe schicken muss, wenn man in der Kirche etwas erreichen will.
Was wünschen Sie sich von der Kirche für die Zukunft?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es noch böse verknöcherte Strukturen in der Kirche gibt. Da wünsche ich mir mehr Offenheit. Ein Beispiel ist die Finanzierung. Ich habe nie aktives Geld, um mal etwas zu organisieren oder etwas reparieren zu lassen. Wir leben von der Hand in den Mund. Und es dauert, wenn man etwas beantragt. Alles muss vom Bistum abgesegnet werden. Als unser Pfarrer hier vor Ort im vergangenen Jahr einen Schlaganfall hatte und dabei ein Schaden am Wohnhaus verursacht wurde, konnte das nicht repariert werden. Das Haus wurde dann verkauft, aber ich habe damals gesagt, dass ich mich nur darum kümmere, wenn wir das Geld aus dem Verkauf selbst ausgeben dürfen, um damit Löcher zu stopfen.
Was würden Sie in der Kirche ändern?
Genau das, dass den Menschen vor Ort mehr zugetraut wird und sie auch mehr Freiheiten für Entscheidungen haben.
Engagiert sich im Team der Jugendkirche Factory-Church Hückelhoven. Die Jugendkirche ist offen für jede Jugendliche sowie für Familien und Leute, die ihrer Jugend schon entwachsen sind. Wer Lust auf eine andere, neue und moderne Art von Gottesdienst hat, ist eingeladen, ihre Ideen und Wünsche mit einzubringen.
Warum engagieren Sie sich?
Ich engagiere mich, weil ich mir oft wünsche, dass sich Dinge verändern. Also muss ich auch meinen Teil dafür tun.
Wie fühlen Sie sich als Frau in Ihrem Engagement wahrgenommen?
Ich fühle mich vollkommen respektiert und sehr wohl als Frau in dieser Gruppe. Die Genderproblematik ist für uns in unserem Team kein Thema.
Was wünschen Sie sich von der Kirche für die Zukunft?
Mehr Offenheit für neue Ideen, Gottesdienste, in denen keiner einschläft, Themen, die Jugendliche interessieren und die zukunftsorientiert sind, mehr Gemeinschaft zwischen Gläubigen, die Anpassung von Liturgie und Sakramenten in das Verständnis von heute und eine Sprache, die die Leute von heute verstehen.
Was würden Sie in der Kirche ändern?
Die Gestaltung der Gottesdienste in Bezug auf Musik, Themen und Texte. Wir sind an einem Punkt, an dem die meisten Jugendlichen keinen Bezug mehr zur Kirche haben. Also sollten wir alles dafür tun, dass die Jugendlichen, die noch da sind, nicht auch noch vergrault werden.
Teilt Krankenkommunion aus, aktiv im Beerdigungsteam der GdG, organisiert den Einsatz von Lektorinnen und Kommunionhelferinnen, verantwortlich für den geistlichen Inhalt der Seniorinnenwallfahrt der St.-Matthias-Bruderschaft Korschenbroich, geistliche Leitung in der KFD-Liedberg, im KFD-Diözesanvorstand aktiv in der Delegation zum Netzwerk Diakonat der Frau, organisiert den Tag der Diakonin im Bistum und den Holocaust-Gedenktag mit, Mitglied im Team zur Kampagne „Frauen.Macht.Zukunft.“ und KFD-Ansprechpartnerin für die Region Mönchengladbach.
Warum engagieren Sie sich?
Mit meinem Engagement habe ich vor 27 Jahren angefangen. In dieser Zeit habe ich ein Theologiestudium absolviert. In einer kritischen Zeit habe ich gemerkt, dass mein Engagement meine Berufung ist. Aus meinem Glauben als Christin würde ich mich immer engagieren, weil das meinem Leben einen tiefen Sinn gibt.
Wie fühlen Sie sich als Frau in Ihrem Engagement wahrgenommen?
Von den Menschen, die nicht Kleriker sind, wird das sehr positiv aufgenommen. Im Beerdigungsdienst kommt oft die Rückmeldung, dass die Menschen es gut finden, dass eine Frau das machen darf. In der Kirche aber wird man nicht wahrgenommen. Hier spricht auch keiner mit mir. Nachfolgende Generationen für ein Engagement zu gewinnen, wird schwierig. Bei Gesprächen im Beerdigungsdienst kommt die meiste Kritik am Umgang mit Frauen durch die Kirche – nicht nur von Frauen, auch viel von Männern. Neulich hatte ich ein Gespräch mit einer Frau, die mich fragte, was ich so mache. Als ich ihr das erzählt habe, sagte sie mir, dass sie mein Engagement nicht verstehen könne. „So wie sich die Kirche Frauen gegenüber verhält, würde ich das nie tun“, sagte sie.
Was wünschen Sie sich von der Kirche für die Zukunft?
Frauen sollten in allen Weihe- und Leitungsämtern in der Kirche tätig sein können. Ich würde mir eine einfachere liturgische Sprache wünschen. Einmal war ich in einer Lesung als Lektorin und in dem Text war viel von Brüdern die Rede. Am Ende habe ich dem Pastor gesagt, dass seien ja viele Brüder und keine Schwester. Da meinte der Pastor: „Sie sind doch mitgemeint.“ Und gerade das stimmt nicht: Ich bin nicht mitgemeint. Mein Gott spricht mich direkt an und meint mich nicht nur mit. Was würden Sie in der Kirche ändern? Letztens habe ich etwas über eine Kirche in Nürnberg gelesen, in die einmal im Monat zum Essen eingeladen wird. So etwas finde ich gut. Kirche sollte ein Ort sein, an dem man sich versammelt und ins Gespräch kommt. Ich glaube, dass unsere Gemeinschaft so etwas braucht.