Ein Hingucker, keine Frage. Mit-Autorin ist Michaela Freifrau Heereman, Beraterin des Päpstlichen Rates für die Familie, die in der Pfarrei Hildegundis von Meer in Meerbusch zu Hause ist.
Sie hat ein Gespür für Kinder. Im Verlauf des Gesprächs schwirren vier der Enkelkinder immer mal wieder neugierig um den Tisch oder durch den Garten. Entspannt reagiert die 69-jährige, immer noch aktive Theologin und Publizistin. Um das Handgelenk trägt sie ein Band, das normalerweise bei Pop-Events gerne als Eintrittsnachweis verteilt wird. Darauf steht: „Der Herr ist mein Hirte.“ Auf Nachfrage erklärt sie lachend, dass es noch vom letzten „Play & Pray“-Treffen stammt. Das ist stimmig, passt zu dem vielfarbig aufgemachten „Youcat for Kids“, wie das Buch im Originaltitel heißt. Der Kinderkatechismus, der am 1. August beim Weltfamilientreffen in Dublin öffentlich vorgestellt worden ist, beantwortet Eltern und ihren Kindern Fragen über Gott und die Welt, in einer Zeit, in der Glauben nicht mehr selbstverständlich in der Mitte der Gesellschaft verankert ist.
Wie im Freundschaftsbuch wird da beispielsweise Jesus vorgestellt. „Outdoor-Activity“ ist ein Punkt, landläufig besser unter dem Stichwort „Hobbys“ bekannt. Segeln, Bergsteigen und Wandern steht dahinter. Die Antwort auf die Frage nach dem größten Erlebnis liest sich so: „Das totale Highlight war meine Auferstehung. Ich lebe!“ Die Gebote sind mit „10 Spielregeln von Gott“ überschrieben, und da wird es schon für den Traditionschristen etwas gewöhnungsbedürftig, wenn aus „Du sollst den Sonntag ehren“ übersetzt „Chill mit Gott“ wird. „Ich bin mal gespannt“, sagt Michaela von Heereman mit einem breiten Lächeln, „wie die anderen Sprachen das übersetzen!“
Das sagt eine Katholikin, die in Interviews in Presse, Funk und Fernsehen eher durch ihre konservative Haltung von sich reden macht. Wie passt das zusammen? „Das ist meine Art – ich gehe so viel mit Kindern und Jugendlichen um, dass ich weiß, dass ich verständlich sein muss. Ich finde, wenn man konservativ ist in einem guten Sinne, dann richtet man sich nach dem heiligen Paulus: Prüfe alles und behalte das Gute. Für das Gute setze ich mich ein, und dafür brauche ich ja keine verstaubte Sprache, sondern eine, die man heute versteht. Ich bin ja …“, sie sucht nach der Vokabel, „… keine Mumie.“
Entstanden ist die Idee zum „Kidcat“ nach dem „Youcat“, dem Jugendkatechismus, der in der Folge des Weltjugendtags Köln mit 53 Jugendlichen zwischen 15 und 22 Jahren entwickelt worden ist. Deren Sprache und Fähigkeit zur Abstraktion gehe aber an den Jüngeren vorbei. Die Erkenntnis: Es muss was eigenes her. Vor fünf Jahren begannen Bernhard Meuser und Michaela von Heereman mit der Vorbereitung für den Kinderkatechismus. Neu in der Form und der Art des Schreibens: „Community Writing“. Das Duo Meuser/von Heereman teilte sich die Textbeiträge, bei gemeinsamen Treffen mit Jugendseelsorger Michael Scharf und Kaplan Christoph Weiss – zeitweise auch Grundschullehrerin Marieteres Hoch – wurde an den Texten gefeilt, gekürzt und immer wieder überprüft, ob es die Kinder überhaupt interessiert. „Wir haben gemerkt, dass es für Kinder viel schwieriger ist, zu schreiben, als für Jugendliche.“ Der Glaube sei so komplex, dass er nicht verflacht, gleichzeitig aber auch die Inhalte nicht zu kompliziert werden sollten.
Die Probe aufs Exempel: Kinder zwischen acht und zwölf Jahren, die am Camp „Play & Pray“ teilnahmen, wurden als erste Kritiker aufs Werk losgelassen. „Diese Kinder sind so klug“, sagt Michaela von Heereman immer noch hörbar beeindruckt. „Es gab Situationen, in denen ich wirklich richtig beschämt war, weil da gute Korrekturen von den Kindern kamen – auch kritische.“
Zwei Beispiele: Es wurde über die verschiedenen Formen des Gebets gesprochen. Aus persönlichen Erfahrungen heraus meldeten sich zwei Jungen zu Wort: „Ihr habt was vergessen: Dass dort, wo man Sachen nicht ändern kann, man betet, dass man es aushält.“ Und: Im Ursprungstext sollte es heißen: „Die Menschen brauchen Gott mehr als die Fische das Wasser.“ Widerspruch: „Das ist Unsinn! Die Fische sterben ohne Wasser, und es gibt ganz viele Menschen, die glauben nicht an Gott und sterben überhaupt nicht.“ Das bietet reichlich Gelegenheit zu Gespräch und Diskussion. Überlegungen stehen im Raum, demnächst einen Familienkatechismus zu schreiben. Klar ist aber nicht, wie die Abgrenzung vonstatten gehen könnte, denn bereits im Kidscat findet sich in der Fußleiste ein Bereich für Erwachsene mit weiterführenden Bibelstellen und Zitaten. „Wir hoffen, dass wir mit dem Buch Eltern die Möglichkeit geben, mit den Kindern den Glauben zu erobern, sich da tiefer reinzudenken.“ Mehr unter www.youcat.org/de