„Bleiben Sie, wenn möglich, zu Hause.“ – Bei weiterhin hohen Infektionszahlen ist der verstärkte Rückzug in die eigenen vier Wände erneut das Gebot der Stunde. Doch wohin, wenn man einen solchen Rückzugsort nicht hat? Wohnungslose und suchtkranke Menschen trifft die Pandemie besonders, angesichts der zunehmend winterlichen Witterung aktuell noch einmal mehr.
Besonders wichtig sind für diese Menschen deshalb die offenen und niedrigschwelligen Angebote, wie sie das „Café Plattform“ und das „Troddwar“ des Regionalscaritasverbands in Aachen anbieten. Deren eigene Räume sind begrenzt, was es schwierig macht, diese wichtigen Hilfen unter Wahrung von aktuellen Hygienevorschriften bereitstellen zu können. Seit Oktober waren die Verantwortlichen bei Stadt, Städteregion und Caritas daher auf der Suche nach einem Ausweichquartier. Das haben sie nun bis auf Weiteres in der Kirche St. Peter gefunden. Die Gemeinde St. Peter in der Pfarrei Franziska von Aachen öffnet ab sofort ihre Türen für die beiden Angebote.
Caritas-Vorstand Bernhard Verholen ist nicht nur froh, dass dies kurzfristig und unkompliziert möglich wurde (zwischen dem Einverständnis der Gemeinde und der Öffnung sind nur drei Wochen vergangen, in die auch noch die Weihnachtsfeiertage fielen) sondern auch, dass sie dank der Großzügigkeit der Gemeinde „ein Haus mit Stil“ gefunden haben. „Die Gemeinde hat ihre Arme weit aufgemacht für Menschen, die ihr Leben sonst auf der Straße verbringen. Das hat eine hohe Symbolik.“ Das ist auch Pfarrer Timotheus Eller, Leiter von Franziska von Aachen, wichtig: „Die Kirche St. Peter als Ort drückt Willkommen aus.“ Ihn hat vor allem die Reaktion der Gemeinde gefreut und wie viele gesagt hätten: „Das machen wir“, auch wenn das für sie mit Unannehmlichkeiten verbunden ist und zudem sehr plötzlich kam.
Bis Ende Mai stellt die Gemeinde ihre Kirche zur Verfügung und verlegt, ebenso wie die kroatische und die vietnamesische Gemeinde, ihre Gottesdienste in die Kirche Heilig Kreuz. „Mir hat das das Weihnachtsfest gerettet. Das hat mehr mit Krippe und Herbergssuche zu tun als alles andere“, sagt Pfarrer Eller.
Nach kleineren Umbauarbeiten, die eine Aachener Messebaufirma kostenfrei übernommen hat, kann der Kirchenraum nun zur Tagesbetreuung wohnungsloser und suchtkranker Menschen genutzt werden. Zwischen den Bänken sind Tische und Sitzgelegenheiten für 42 Personen entstanden und ist eine Essensausgabe eingerichtet worden. Neben der Essensversorgung bietet das neue Angebot Montag bis Samstag von 10 bis 22 Uhr und sonntags von 15 bis 22 Uhr eine geschützte Aufenthaltsmöglichkeit sowie die Möglichkeit zur Beratung und Kontaktarbeit. Mark Krznaric, der Leiter der beiden Caritas-Angebote, ist froh über die gefundene Lösung: „Jetzt können wir die notwendigen Rahmenbedingungen vorhalten, die die allgemeinen Hygieneregeln sicherstellen, und gleichzeitig die dringend nötige Beziehungsarbeit gewährleisten: Gerade jetzt benötigen die oft bindungslosen Menschen ihre vertrauten Ansprechpartner und die gewohnte persönliche und familiäre Atmosphäre.“
Zufrieden sind auch die Verantwortlichen der Stadt und der Städteregion, die das Angebot mit je 30000 Euro unter anderem für Betriebskosten und Personal unterstützen. „Das ist ein Beispiel diakonischer Pastoral und zeigt, dass Kirche Menschen nicht nur seelische Nahrung gibt. Die betroffenen Menschen dürfen nicht zweifach Opfer der Pandemie werden, weil sie durch ihre Lebenssituation besonders gefährdet sind und weil Hilfsangebote wegfallen“, sagt Michael Ziemons, Gesundheitsdezernent der Städteregion, die Träger der Suchthilfe ist.