Am Ende des Weges steht das schlichte hölzerne Kreuz auf der Bühne. Es wurde mit wenigen Handgriffen aus vier Teilen gebildet, die die Menschen beim siebten Wallgang in Krefeld sternenförmig zusammengetragen haben.
Die Pilger kommen aus allen Himmelsrichtungen, dem Nord-, Süd-, Ost- und Westwall, bis hin zum Neumarkt. Dort treffen sie unter Glockengeläut der Citykirchen zum Gottesdienst ein und formen das Kreuz. Die Absicht der Initiatoren, der Evangelischen Allianz und der Aktionsgemeinschaft christlicher Kirchen in Krefeld und Meerbusch, dass sich die Gläubigen der christlichen Kirchen zeigen und mischen sollen, ist geglückt.
Der diesjährige Wallgang findet traditionell unter dem Motto „Glaube findet Stadt“ und diesmal zusätzlich unter der Überschrift des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages „Mutig – stark – beherzt“, statt, was als Aufruf zur Zuversicht und zum Handeln in herausfordernden Zeiten verstanden wird. Die Initiatoren hatten dazu aufgefordert, inmitten aller Krisen und Konflikte die Probleme der Zeit beherzt anzupacken. Dazu spricht auch Superintendentin Barbara Schwahn in ihrem Friedensgebet, das seit dem Ausbrauch des Ukraine-Krieges samstags in der Alten Kirche stattfindet und an diesem Tag nach draußen verlegt wurde.
Sie zitiert Citykirchenpfarrer Falk Schöller, der auffordere, „den Fakten ins Gesicht zu hoffen“. Schwahn: „Nie waren wir den Friedensverhandlungen näher als heute. Friede ist möglich trotz der Aggressionen. Wir denken an die Menschen in den Kriegsgebieten. Auch bei uns breitet sich Angst aus.“
Oberbürgermeister Frank Meyer ist Schirmherr der Wallgänge und hat sich einer Prozession angeschlossen. Auf der Neumarkt-Bühne führt er aus, dass sich der Wallgang in den letzten sieben Jahren verändert habe und dass immer mehr Menschen daran teilnehmen. „Trotz vieler Unterschiede gibt es auch viele Gemeinsamkeiten. Was alle zusammenbringt, ist, dass wir vor Gott alle gleich sind. Wir müssen ordentlich miteinander umgehen.“
Die vier einzelnen Prozessionen mit Angehörigen der verschiedenen Kirchen tragen nicht nur einen Teil des Kreuzes. Sie bringen auch ein Symbol ihres Glaubens mit: Die Katholiken einen Rosenkranz, die Protestanten die Luther-Bibel, die Freikirchler die Herrnhuter Losungen und die Orthodoxen die Ikone.
„Wir wollen uns beim Wallgang zeigen, in die Öffentlichkeit gehen und bereit sein für Gespräche mit allen Menschen, ob sie einer oder keiner Kirche angehören oder keiner mehr“, sagt Hans-Joachim Hofer, Vorsitzender des Krefelder Katholikenrates. „Die Menschen sollen getreu dem Motto beherzt und mutig sein.“
Er ist mit einer etwa 50 Menschen starken Gruppe am Westwall gestartet. Franziskaner-Schwester Alfonsa hält den Impuls. „Gott und wir – im Miteinander! Er hat uns zuerst geliebt und jetzt gehen wir zusammen. Wege, Ziele, Schwerpunkte, Richtung, auch wenn es schwierig wird.“ Und weiter: „Wenn wir uns jetzt aufmachen und dann wenig später auf dem Neumarkt einen Gottesdienst feiern, dann bekennen wir uns im Grunde zu unserem Liebesverhältnis zu Jesus Christus, zu Gott. Er segne uns dazu.“
Am Startpunkt Westwall befindet sich auch Annette Freischlad, deren verstorbener Mann Vorsitzender der Evangelischen Allianz war und den Wallgang mitbegründet hat. „Ich finde es wichtig, dass wir uns zeigen. In der Bibel steht: ,Suchet der Stadt Bestes`. Wir wollen für Krefeld beten.“
Besucherin Eva Pauen aus Süchteln trägt ein Plakat zum Neumarkt mit dem Zitat: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Einen Teil des Kreuzes hat hier Wolfgang Wegener von der Neuapostolischen Kirche in Händen.
Auf dem Neumarkt werden die Prozessionsteilnehmer des siebten Wallganges mit Chormusik von Family of Hope, Lieder zum Mitsingen und Flaggentänzen von Glory Fight aus Düsseldorf empfangen, mit Kurzandacht und Fürbitten für die Stadt. Die Moderation hatte Stefan Erlenwein, stellvertretender Leiter der bischöflichen Maria-Montessori-Schule, übernommen. Letztendlich beteten rund 200 Gläubige beim abschließenden Gottesdienst.