Von guten Mächten …

Gottesdienst für Menschen mit und ohne Demenz in Herzogenrath

Begleitet von Pflegekräften und Angehörigen nahmen Menschen mit Demenz am Gottesdienst teil. (c) Andrea Thomas
Begleitet von Pflegekräften und Angehörigen nahmen Menschen mit Demenz am Gottesdienst teil.
Datum:
29. März 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 13/2023 | Andrea Thomas

Zwei Mal im Jahr bieten die katholischen und evangelischen Gemeinden gemeinsam mit der Alzheimer Gesellschaft in der Städteregion sowie dem Koordinationsbüro „Rund ums Alter“ der Stadt Herzogenrath einen Gottesdienst für Menschen mit und ohne Demenz an. Er richtet sich an Menschen, die in stationären Einrichtungen leben ebenso wie an Menschen mit Demenz, die im häuslichen Umfeld versorgt werden.

„Schön, dass Sie da sind. Kommen Sie herein.“ Mit herzlichen Worten begrüßt das Vorbereitungsteam die Ankömmlinge in der Herz-Jesu-Kirche. Ein warmer Empfang, der nicht nur das nasskalte Märzwetter für eine Weile vergessen lassen möchte. Die Gäste, gerade die mit einer Demenz, sollen sich wohl und angenommen fühlen. Der Gottesdienst setzt bewusst auf emotionale Zugänge.

Dazu passt auch das Thema, unter das die Vorbereitungsgruppe aus der evangelischen Lydia-Gemeinde und der katholischen Pfarrei St. Willibrord Merkstein 
den Gottesdienst gestellt hat: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Im Mittelpunkt stehen Engel. Jene überirdischen, schwer zu fassenden Wesen, die uns in der Bibel an vielen Stellen als Boten Gottes begegnen und die – in oft lieblicher Gestalt – als Figuren Weihnachtsbaum, Wohnung oder Schlüsselanhänger zieren. Obwohl – sind Engel nicht noch mehr als eine unsichtbare Macht oder ein beliebter Dekorationsartikel? „Das kann ein Engel, wirklich ein Engel gewesen sein“, dieser Liedruf zieht sich wie ein roter Faden durch den Gottesdienst. Er veranlasst den evangelischen Pfarrer Joachim Leberecht, der den Gottesdienst feiert, zu der Frage, ob nicht auch Menschen, die uns und Menschen mit Demenz im Alltag begegnen, Engel sein können. Man muss nicht lange suchen, um diese Frage mit Ja zu beantworten und mit Beispielen zu füllen.

Der Engel setzte auf emotionale Zugänge, wie zum Beispiel über die gebastelten Engel, die alle als Geschenk erhielten. (c) Andrea Thomas
Der Engel setzte auf emotionale Zugänge, wie zum Beispiel über die gebastelten Engel, die alle als Geschenk erhielten.

Das sind die Pflegerin, die mit einem freundlichen „Guten Morgen“ das Zimmer betritt, die hilfsbereiten Nachbarn, die einkaufen oder helfen, wo es nötig ist, die Tochter oder der Sohn, die auch ohne Anlass zum Besuch vorbeischauen, Menschen, die sich mit Verständnis und Geduld auf einen Menschen mit Demenz einlassen und im Besonderen die Ehepartnerinnen und -partner, die da sind und den Alltag mit all seinen Höhen und Tiefen durchstehen, die einem geliebten Menschen Halt geben, den sie gerade Stück für Stück verlieren. Sie alle sind auf ihre Weise auch Engel.

Für alle Gottesdienstbesucher gibt es, um das Thema „greifbar“ zu machen und als kleine Erinnerung, selbstgebastelte Engel, über deren Flügel aus weichen Federn so mancher Finger streicht. Ein Lächeln (oder auch ein Tränchen) erscheint auch bei den Liedern auf so manchem Gesicht, seien es Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten“ oder „Großer Gott, wir loben dich“ ebenso wie beim Segen, für den die Vorbereitungsgruppe durch die Reihen geht.

Im Anschluss sind alle noch zu einer Tasse Kaffee und einem Engel-Keks ins Pfarrheim eingeladen. Auch das gehört zu diesem besonderen Gottesdienst dazu.