Von Rentieren und Tagiatelle

Einmal Nordkap und zurück: Für ein Sozialprojekt ging es für fünf Radler steil bergauf

Kalt und unwirtlich war es am Nordkap bei der Ankunft der Distanz-Radler aus Kempen – das tat der guten Laune sicherlich keinen Abbruch. (c) privat
Kalt und unwirtlich war es am Nordkap bei der Ankunft der Distanz-Radler aus Kempen – das tat der guten Laune sicherlich keinen Abbruch.
Datum:
17. Juli 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 29/2018
An einem März-Tag saßen fünf engagierte Radler um den Tisch und erzählten von ihrem abenteuerlichen Plan: Einmal Nordkap und zurück mit den Fahrrädern – und alles für den guten Zweck.
Initiator Josef Herkenrath schilderte der KirchenZeitung seine Eindrücke. (c) privat
Initiator Josef Herkenrath schilderte der KirchenZeitung seine Eindrücke.

Spenden für die nachhaltige Qualifizierung und damit perspektivische Lebensunterhaltsicherung für Jugendliche in der einen Welt zu sammeln war das Ziel. Nun sind sie zurück. Initiator Josef Herkenrath über die Höhepunkte:

 

>>Der schönste Moment

Schöne Momente waren zahlreich und individuell verschieden. Es war für mich nicht die Ankunft am Nordkap. Vielmehr schufen der überwältigende Himmel und die stetig sich verändernde Landschaft Momente des Staunens über die Schönheit der Natur. Natürlich war ich als Initiator unendlich erleichtert, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesund heimgekehrt sind.

 

>>Die schwierigste Situation

Da kann ich die Tunneldurchquerung vom Festland auf die Insel Magaroya, an deren Spitze das Nordkap liegt, benennen. Der Tunnel verläuft unter dem Meer und hat eine Länge von annähernd sieben Kilometern. Zunächst geht es über drei Kilometer abwärts zum tiefsten Punkt und dann nach etwa einem Kilometer in zehn Prozent Gefälle drei Kilometer steil bergan hinaus aus dem gespentischen Loch. Die Straße ist recht eng, und motorisierte Fahrzeuge im Tunnel erzeugen einen Höllenlärm. Körperliche Anstrengung und mentale Belastung sind enorm.

 

>>Die längste Tagesroute

Die längsten Tagesetappen fuhr ich auf dem Rückweg alleine. Die Gruppe kehrte mit den Begleitfahrzeugen vom Nordkap aus heim. Die Wetterprognosen waren schlecht, und es waren Schneefälle gemeldet. Ich habe daher mächtig in die Pedale getreten und in Finnmark und Lappland in hügeligem Gelände und mit vollem Gepäck täglich 120 bis 130 Kilometer zurückgelegt, bis die Temperaturen in Finnland milder wurden. Die längste Tagesetappe fuhr ich von Kalajoki bis Kaustinen – eine Strecke von 147 Kilometern. Am Ende war ich neun Tage vor der geplanten Zeit zuhause.

 

>>Die bewegendsten Begegnungen

Begegnungen mit Menschen gab es zuhauf. In einem italienischen Restaurant bereitete mir der Besitzer, als er von der Unternehmung erfuhr, Tagliatelle mit Trüffel und servierte dazu ein Glas italienischen Rotwein. Ich musste nichts bezahlen. Er setzte sich zu mir, und wir erzählten über Reiseerlebnisse und seine Heimat Pompeji. Natürlich gab es Begegnungen mit Rentieren und Elchen. Die Übernachtung in einem ehemaligen Goldgräbercamp am Inarisee war ein besonderes Erlebnis. Ich durfte in der Hütte ein offenes Feuer in einem Kaminofen entfachen und mich wärmen. Es war ein abenteuerlicher und die Fantasie anregender Abend. Flora und Fauna unterscheiden sich, je höher man in den Norden kommt. Auf unserer Webseite beschreiben wir die Veränderung der Landschaft und das Entdecken seltener Pflanzen wie Aronstab.

 

>>Das Ziel

Das Nordkap war für viele das erträumte Ziel. Da ich die ganze Strecke gefahren bin, war es für mich Durchgangsort und erlösendes Abfallen von Verantwortung für die Gruppe. Das Fazit Hier passt das Zitat von August Strindberg: „In unserer Zeit mit ihrer wissenschaftlichen Weltanschauung sollte ein einsamer Augenblick in der Natur, wo die gesamte Evolutionsgeschichte in lebenden Bildern dargestellt ist, der einzige Ersatz für einen Gottesdienst sein.“ Eine Reise in den Norden ist ein durchaus spirituelles Erlebnis.

Weitere Infos unter www.nordkap-team.de