Die zwölf Tische in der Blumenhalle des Jülicher Brückenkopf-Parks waren mit 101 Menschen besetzt. Immer war ein Stuhl an den Tischen reserviert, damit der Bischof „heute bei dir“ sein konnte – gemä̈ß seines Leitmotivs: „Wir mü̈ssen reden.“ Die KirchenZeitung hat Teilnehmer befragt, warum sie sich um einen Platz beworben haben und welche Erwartungen oder Fragen sie mitgebracht haben.
Eine Umfrage brachte es an den Tag, erzählt Bischof Helmut Dieser: „Die Menschen in unserer Gesellschaft legen Wert darauf, dass sie einmal am Tag in Ruhe essen können und dabei auch den Austausch mit den Menschen haben, mit denen sie zusammenleben. Deswegen war klar: Dieses Setting, am Tisch gemeinsam zu essen, ist ein beliebter und bekannter, uns allen wertvoller Ort. Auch zum Sicherwerden, was man erlebt hat, welche Ängste man hat, wo man Trost erfährt, wo man eine Idee kriegt oder ein Rat gegeben wird, wo man loswerden kann, was in einem brennt.“ Das Tischgebet „Wir danken Dir, dass wir an diesem Ort sind, an dem ein Teil Deiner Schöpfung uns umgibt in seiner Schönheit und ihrer Lebensfülle. Wir bitten Dich: Segne nun unsere Gespräche, gib, dass wir uns an- einander erfreuen können und an dem, was uns bereitet ist. (…) Gib, dass wir uns dieser Aufgabe in unserer Zeit neu bewusst und ihr neu gerecht werden.“
Katja Liebich ist aus St. Adelgundis Koslar gekommen und sagt: „Ich bin ganz offen. Ich wollte mal gucken, ob auch kirchenferne Menschen kommen, wie es ja gewünscht ist. Das glaube ich nämlich eigentlich nicht. Ich selbst bin hier, um zuzuhören.“ „Wir haben den Bischof 2017 in Jülich beim Besuch in der Propsteikirche kennengelernt und möchten das Bild gerne abrunden. Der Prozess heißt ,Wir müssen reden‘ und nicht ,Wir wollen fragen‘,“ meint Christiane Banse aus St. Andreas und Matthias Lich-Steinstraß, die mit ihrem Mann dabei ist.
Aus St. Bonifatius in Düren-Ost ist Peter Lochner gekommen. „Eigentlich hatte ich mich für die Küchentisch-Tour beworben“, erzählt er, „bin aber leider nicht ausgelost worden. Mir ist es ein Anliegen, mich mit dem Bischof über Kirche und Familien auszutauschen und hier vor allem darüber, wie wir junge Familien besser einbinden können.“
Mit einer sechsköpfigen Delegation hat der Pfadfinderstamm Franz von Sales aus Jülich teilgenommen. Dietmar Müller erklärt, warum: „Wir wollen uns als Verband präsentieren und zeigen, dass die Pfadfinder auch ein Ort von Kirche sind. Darüber wollen wir auch mit dem Bischof ins Gespräch kommen.“ Barbara Teschers-Lafos ergänzt: „Wichtig ist uns immer, auch den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass wir mit Gottes Segen unterwegs sind. Darum werden wir im Juni auch die unterschiedlichen Berufe der Kirche einmal vorstellen. Und da ist es für uns natürlich interessant, heute auch den Bischof persönlich kennenzulernen.“
Annkathrin Linner aus Körrenzig geht mit ihrem Mann Sebastian regelmäßig in Gottesdienste. „Ich bin hier, weil in den Medien ein schlechter Eindruck vom Bischof vermittelt wird und ich ihn darum selbst kennenlernen möchte, um zu sehen, wie er in Wirklichkeit ist. Außerdem möchte ich wissen, ob die Kirche in Kofferen geschlossen wird.“
Aus dem „Grenzgebiet“ war eine kleine Gruppe angereist. Christian Lethen, gebürtig aus Krefeld und „daher auch verwurzelt im Bistum Aachen“, erfuhr von der Einladung und hat sich mit Gleichgesinnten vom Wohnort Neuss nach Jülich aufgemacht. „Wir wollten mal schauen, wie dieser pastorale Zukunftsweg sich in Aachen konkret abspielt.“ „Wir erhoffen uns Impulse durch die Fragestunde mit dem Bischof, um sie auch einen Stück weit für unsere Arbeit mitzunehmen“, vervollständigt Michael Linden für seine Tischgemeinschaft, deren Mitglieder alle für das Erzbistum Köln tätig sind.
Keinen Platz in Aachen ergattert hatte Anni Kirch und war darum aus der Bistumsstadt angereist. „Ich finde, wenn der Veränderungsprozess im Bistum initiiert wird und wir mitmachen wollen, dann müssen wir erst einmal einen Eindruck bekommen, wie dieser Prozess überhaupt ist. Es ist vor allem die Neugier, die mich hierher bringt, um zu gucken, welche Rolle ich in dem Prozess spielen kann. Ich halte es für einen zauberhaften Gedanken, diese Nahbarkeit herzustellen“, sagt die Religionslehrerin, die die Gelegenheit nutzt und dem Bischof persönlich für seine Wertschätzung und Unterstützung ihrer Berufsgruppe dankt.
Wortgottesfeierleiter und im ehrenamtlichen Beerdigungsdienst tätig ist Matthias Biergans aus der Gemeinde St. Cäcilia Hambach. „Wir sind noch nicht fusioniert, aber ich möchte von dem Bischof wissen, wie er mit diesen Gemeinschaften der Gemeinden, mit dieser Struktur umgeht. Da geht es vor allem auch um Traditionen. Als wir 850-Jahr-Feier in St. Cäcilia gefeiert haben, war er ja noch nicht im Amt. Ich habe ihm darum einmal ein Jubiläumsheft mitgebracht.“
Nicole und Willi Arnolds, sie ist Französin, er Historiker in Diensten des Erzbistums Köln, begrüßen die Initiative des Bischofs und fühlen sich richtig wahrgenommen: „Was ich vom Bischof sehr gut finde, ist, dass er einfach mal die Leute hören will, die da sind, und nicht die Gremienchristen. Das, was wir seit 2000 Jahren tun – nur in den Zeitumständen immer anders –, ist, die Leute interessieren, Gott ernst nehmen und vor allem beten und keine Eventmessen und solch ein Zirkus. Die Menschenrechte sind unantastbar, so sind die Liturgie, Gott und die Sakramente unantastbar. Ich kann viele Meinungen haben, und der Katholizismus ist ja breit genug, aber die Grundlage, Credo und Sakrament‘ muss bleiben.“
Einer, der Verantwortung übernimmt, ist Klaus Schwandt aus der Gemeinde St. Martinus Aldenhoven. Bereits als Kirchenvorstand gewählt, wird er im Mai auch im Leitungsteam aktiv. „Gerade in der Situation in Aldenhoven, wo man als Ehrenamtler ziemlich alleine gelassen ist, ist man dann immer mal froh, wenn man ein Forum findet, wo man sich austauschen kann mit Gleichgesinnten und Gleichgläubigen und Engagierten aus anderen Gemeinden. Anliegen ist für mich auch ganz klar, mit der Leitung des Bistums auch über gewisse Verhaltensmuster zu sprechen. Es wird in den Raum gestellt, dass wir kommunizieren müssen. Die Kritik, die ich gerade im Umgang mit unserer Gemeinde beim Bischof mal platzieren möchte, ist, dass er es nicht schafft, seiner eigenen Organisation beizubringen, mit den Gemeinden zu reden, wenn irgendwas passiert.“ Gleichzeitig plagen den Gläubigen Unsicherheiten über den anstehenden Prozess, erzählt Klaus Schwandt: „Es ist ein bisschen die Sorge, was der Bischof für Ideen hat, wie er die Zukunft unserer Gemeinschaft der Gemeinden sieht oder ob wir künftig über 50-Quadratkilometer-Gemeinden reden.“
Pfarrer Andreas Galbiertz, Leiter der GdG Niederzier, ist mit einer Delegation gekommen, um auch diese Menschen in Kontakt mit dem Bischof zu bringen. „Es ist ja schon viel über den Prozess in den Medien berichtet worden. Mich würde interessieren, wie denn die konkrete Umsetzung aussehen soll. Welches Ziel verfolgt der Bischof?“