Unvorstellbares wird wahr

Zur Wiedereröffnung von St. Nikolaus Schleiden-Gemünd sind die meisten Flutschäden beseitigt

Einzug zur ersten Messe  in St. Nikolaus nach der Flutkatastrophe 2021. (c) Stephan Johnen
Einzug zur ersten Messe in St. Nikolaus nach der Flutkatastrophe 2021.
Datum:
9. Feb. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgbab 06/2023 | Stephan Johnen

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 zerstörte eine Flutwelle das Leben und die Existenz unzähliger Menschen in der Eifel und an der Ahr. Viele Gebäude wurden überschwemmt, von den Fluten weggerissen oder stark beschädigt. Auch die Kirche St. Nikolaus in Schleiden-Gemünd stand 2,20 Meter unter Wasser. 

Der Platz für das Totenbuch ist noch leer. (c) Stephan Johnen
Der Platz für das Totenbuch ist noch leer.

„Ein solches Ausmaß an Zerstörung hatte ich mir nicht vorstellen können“, blickte Weihbischof Karl Borsch Anfang Februar auf die Flutkatastrophe zurück. „Dass wir uns 18 Monate später zur Wiedereröffnung treffen – das ist für mich ein Wunder.“ 
Andere Worte, die das Gleiche ausdrücken, fand Pfarrer Philipp Cuck: „Uff, wir haben es geschafft“, begrüßte er die Gemeinde zum ersten Gottesdienst. Die Gemünder Kirche erstrahlt (fast völlig) in neuem Glanz. Einige kleinere Baustellen sind noch nicht abgeschlossen. Beispielsweise müssen noch die Elektrik oder Orgel erneuert werden, und auch die Figur des Schutzpatrons muss noch von Schlamm und Schmutz gereinigt werden. Entsprechende Sockel sind in der frisch verputzten Kirche noch leer. Auch fehlen noch der Kreuzweg und ein Ersatz für die zerstörten Beichtstühle. Das gerettete, aber stark in Mitleidenschaft gezogene Pfarrarchiv ist ein Fall für die Restauratoren.

„Unermüdlicher Einsatz hat möglich gemacht, was viele für undenkbar gehalten haben“, bedankte sich Weihbischof Karl Borsch im Gottesdienst zur Wiedereröffnung bei allen tatkräftigen Helfern. Allen voran Karl-Wilhelm Jansen, der stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes ist. „Er hat sich Tag und Nacht für die Wiederherstellung eingesetzt“, fand Pfarrer Philipp Cuck Worte voll des Lobes, als er den „Bauleiter“ Karl-Wilhelm Jansen zum Dank stellvertretend für alle Helfer mit einer Nikolausplakette ehrte. Dank gelte auch Küster Thomas Wergen und ganz besonders dem Bistum.

„Der Generalvikar war direkt nach der Flut hier und versprach, uns zu unterstützen, wie es nur geht. Wir sind nicht enttäuscht worden“, sprach Pfarrer Cuck von einer „grandiosen Logistik des Bistums“, das unter anderem bei der Suche nach Handwerkern geholfen habe. Denn Baustellen gab es genug: Der zentimeterdicke Putz musste bis 2,50 Meter Höhe abgeschlagen und in mehreren Schichten wieder aufgebracht werden. Die Sakristei und das Mobiliar waren vollständig zerstört, die Sitzbänke mussten alle abgeschliffen und neu gepolstert werden, die Heizungsanlage wurde zerstört. Eine Liste, die sich leicht fortsetzen ließe.

Da die Tresore vollgelaufen sind, mussten sämtliche Sakralgeräte gereinigt werden, alle Messgewänder mussten zerstört werden – sie waren nicht mehr zu retten. Die Flut hat das benachbarte Pfarrheim so schwer beschädigt, dass es nur noch abgerissen werden kann. Pfarrer Cuck: „Ich freue mich, dass die Wiedereröffnung der Kirche noch in meiner Amtszeit geschieht. Der Neubau des Pfarrheims wird länger dauern.“ Im Herbst feiert der Seelsorger seinen 75. Geburtstag und scheidet aus dem aktiven Dienst aus.

Offene Baustelle: Hier soll noch der Kirchenpatron Platz finden. (c) Stephan Johnen
Offene Baustelle: Hier soll noch der Kirchenpatron Platz finden.

„Die Kirche im Dorf ist auch in unseren Zeiten eine zentrale Anlaufstelle“, betonte Weihbischof Borsch in seiner Predigt. Dennoch sei die Zukunft von Kirche „ärmer und kleiner“. Sie lebe nicht in Steinen, sondern in der Gemeinschaft. Die Frage, ob es sich überhaupt lohne, Kirchen wieder aufzubauen, beantwortete er mit einem klaren „Ja“. Borsch: „Unser Glaube hängt nicht an Kirchengebäuden. Und doch ist es gut, dass es Orte gibt, an denen wir uns treffen und sammeln können. Freigehalten von jeder Kosten-Nutzen-Rechnung. Orte, um zur Ruhe zu kommen, um in das Geheimnis Gottes eintauchen zu können. Solche Orte sind notwendig.“

Dass St. Nikolaus auch ein Ort der Ökumene ist, zeigte die Teilnahme des evangelischen Pfarrers Erik Schumacher an der Wiedereröffnung. Zum Abschied nach der Neu-Entzündung des Ewigen Lichts erteilte Weihbischof Borsch allen Gottesdienstbesuchern noch den Blasiussegen.