Die Nachricht überraschte die Schwestern beim Mittagessen: Ihre Ordensgründerin wird in den Stand einer Seligen aufgenommen. Für die Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus ein besonderer Moment, ebenso wie die Reise und die Feierlichkeiten rund um die Seligsprechung Franziska Scherviers am 28. April 1974 in Rom.
„Bei uns war mit dem Moment Highlife. Unsere erste Profess wurde verschoben, damit wir mitfahren konnten“, erinnert sich Schwester Annette Maria, die damals noch Novizin war. Sofort sei überlegt worden, wie das zu organisieren sei, denn jede Schwester, die mit nach Rom reisen wollte, sollte die Möglichkeit bekommen, an diesem außergewöhnlichen Ereignis teilzunehmen. Gut 700 von damals noch über 2000 Schwestern aus dem Aachener Mutterhaus sowie den deutschen und belgischen Niederlassungen machten sich auf den Weg in die Ewige Stadt, wo sie mit Schwestern aus den seit 1959 selbstständigen amerikanischen Provinzen zusammentrafen.
Dazu kamen noch einmal zahlreiche Geistliche, darunter der Aachener Bischof Johannes Pohlschneider und der emeritierte Kölner Kardinal Josef Frings, und Gläubige.
Schon die Reise nach Rom war ein Abenteuer, wie einige der Schwestern berichten, die vor 50 Jahren mit dabei waren. Zunächst seien die Schwestern in Aachen zusammengekommen, um von da aus gemeinsam mit dem Zug nach Rom zu reisen.
„Im Mutterhaus gab es keine Ecke, wo nicht eine von uns ihr Bett aufgeschlagen hattte, damit wir genug Platz für die Schwestern von auswärts hatten“, erzählt Schwester Irmberta. Auf dem Bahnsteig am Aachener Hauptbahnhof hätten sich am Tag der Abreise Schwestern gedrängt so weit, wie das Auge gucken konnte. „Für mich war das die allererste große Zugfahrt. Vorher war ich lediglich mal in Köln.“ So wie Schwester Irmberta ging es den meisten ihrer Mitschwestern. „Damit hatten wir doch nicht gerechnet, als wir ins Kloster eingetreten sind, einmal weitere Reisen zu machen“, sagt Schwester Maria Claudia, die damals im Aachener Mutterhaus war und heute im Konvent in Frechen lebt.
Auf dem Weg nach Rom gab es den ersten Zwischenstopp mit Übernachtung am Vierwaldstätter See. Schwester Maria Dorothee erinnert sich noch gut an einen kleinen Jungen, der über die vielen Ordensschwestern am Bahnhof gestaunt habe. Außerdem an die Fahrt mit dem Schiff über den See und an das Vergnügen, in den Pensionen und Hotels in Doppelbetten zu schlafen. Seligsprechung im klatschnassen Habit Nächste Station war Assisi und dann Rom, wo die Schwestern an der Seligsprechung ihrer „Mutter Franziska“ durch Papst Paul VI. und einem anschließenden feierlichen Triduum in der Kirche Santa Maria in Traspontina teilnahmen. Untergebracht waren sie überall über die Stadt verteilt, weshalb sie meist auch nur mit ihren jeweiligen Gruppen unterwegs gewesen seien, wie Schwester Bettina berichtet. „Wir haben uns oft gegenseitig an den Kordeln des Habits festgehalten, damit wir uns nicht verlieren“, ergänzt Schwester Annette Maria. Rom mit all seinen Kirchen und Sehenswürdigkeiten hat sie alle damals sehr beeindruckt.
Höhepunkt der Tage war die Seligsprechung ihrer Ordensgründerin. „Sie hat geprägt, wie wir unser Leben leben“, beschreibt Schwester Bettina, was sie ihnen bis heute bedeutet. An dem 28. April seien sie schon ganz früh auf dem Petersplatz gewesen, lange bevor sie eingelassen worden seien. „Und es hat geregnet. Wir haben am Abend vorher noch alle unsere Kleider und Schleier gebügelt, und dann das. Als wir endlich in den Petersdom kamen, waren wir klatschnass und haben überall Pfützen hinterlassen“, erzählt Schwester Annette Maria und lacht. Auch Schwester Irmgardis und Schwester Irmberta haben eine lustige Erinnerung an den feierlichen Tag. „Wir standen direkt an der Statue des heiligen Petrus, als der Papst einzog.
Er blieb genau vor uns stehen und verneigte sich. Natürlich nicht vor uns, sondern vor Petrus“, sagt Schwester Irmberta.
Der (Gänsehaut-)Moment, den, neben der eigentlichen Seligsprechung durch Paul VI., keine der Schwestern vergessen hat, ereignete sich am Vorabend. „Wir sind nach unserer Ankunft direkt zum Petersdom und gerade als wir ‚Ein Haus voll Glorie scheinet‘ anstimmen, lassen die Arbeiter, die das Bild der Seligzusprechenden in der Gloriole des Petrusaltars befestigten, den Vorhang herunter, und vor uns erscheint Mutter Franziska. Ein besonderer Augenblick“, beschreibt es Schwester Annette Maria.
Auch zum Jubiläum ist wieder eine Abordnung aus dem Mutterhaus nach Rom aufgebrochen, diesmal mit dem Flugzeug und ohne die Schwestern, die vor 50 Jahren dabei waren und inzwischen nicht mehr so mobil sind. Sie werden den Tag mit Gottesdienst, Gebet und ganz vielen Erinnerungen verbringen.