Über den Tellerrand schauen

Das Netzwerk „Die Meffis“ erhält den Umweltpreis des Diözesanrats der Katholikinnen und Katholiken

Gemeinsam Ideen schmieden, wie sich Zukunft gestalten lässt, dazu laden die Meffis ein. (c) Thomas Langens
Gemeinsam Ideen schmieden, wie sich Zukunft gestalten lässt, dazu laden die Meffis ein.
Datum:
2. Okt. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 40/2023 |Kathrin Albrecht

Wer durch Aachens Innenstadt flaniert, dem bietet sich an einigen Stellen ein eher trostloses Bild – Ladenzeilen, die seit Jahren leerstehen, brachliegende Grundstücke, bei denen es nicht weitergeht. Es sind Orte, um die Flaneure lieber einen Bogen machen – und so dreht sich die Spirale weiter, die diese Orte zunehmend zu „Un-Orten“ machen. 

Wie lassen sich Problemviertel wiederbeleben? Die Meffis suchen gemeinsam mit Menschen aus der Stadt darauf Antworten. (c) Patricia Yasmine Graf
Wie lassen sich Problemviertel wiederbeleben? Die Meffis suchen gemeinsam mit Menschen aus der Stadt darauf Antworten.

Doch wie lässt sich eine derartige Abwärtsspirale umdrehen? Und wie lässt sich ein solches sogenanntes „Problemviertel“ neu beleben? Es sind Fragen, auf die das zivilgesellschaftliche Netzwerk „Die Meffis“ Antworten sucht. In der Mefferdatisstraße haben die Meffis von der Aachener Stadtentwicklungsgesellschaft Sega vier Räume gemietet, die genügend Platz bieten sollen für Ideen, Austausch und gemeinsames kreatives Tun.

Auch die Mefferdatisstraße ist inzwischen ein eher schwieriges Pflaster – das ehemalige Kaufhaus „Lust for Life“ in der Nachbarschaft steht seit Jahren leer, eine Weiternutzung ist unklar. Dieser Leerstand hat auch die Geschäfte der angrenzenden Einkaufsstraßen in Mitleidenschaft gezogen. Zunehmend schließen Läden, wandern ab. Die Antoniusstraße, das Aachener Rotlichtviertel, grenzt an die Straße an. Zuhälter und Freier nutzen die Mefferdatisstraße als Zugang. Auch das jahrelange Tauziehen um das heruntergekommene Büchelparkhaus hat die Straße geprägt. Das Parkhaus ist schließlich im vergangenen Jahr abgerissen worden. Das gesamte Viertel soll zu einem bunten Innenstadtquartier transformiert werden. Verschiedene Konzepte dazu liegen vor.

 

Mikel Ulfik leitet das inklusive „Theater Sosh“ und ist Vorstandmitglied bei den Meffis. Das Theater ist eine der Initiativen, die sich hier in der Mefferdatisstraße niedergelassen haben. Die eigenen Räume beflügeln die Gruppe, erzählt er. Gerade laufen die Proben zu einem neuen Stück. Die Meffis beschreibt Ulfik als „Dach, ein Verein, der Räume für Initiativen, Privatpersonen oder Vereine anbietet, die diese benötigen.“ Die Meffis sind niedrigschwellig und offen für alle, die eine demokratische, pluralistische Gesellschaft befürworten und fest auf dem Grundgesetz stehen. „Wir sind anfangs sehr studentisch geprägt gewesen. Da würden wir uns gerne breiter aufstellen“, sagt Ulfik.

Die Meffis haben praktisch im wahrsten Wortsinn wieder mehr Licht und Leben in die Straße gebracht. „Insbesondere, als das Haus der Küche geschlossen hatte, war das nochmal so ein Schlag für viele“, erzählt Ulfik. Da empfinden es viele als positiv, dass der Verein mit seinen Veranstaltungen die Straße wieder ein wenig belebt. Es gibt regelmäßige Angebote, wie ein Repair-Café, ein Nachhaltigkeitscafé oder offene Treffs, demnächst kommt noch eine Keramikwerkstatt hinzu. Allerdings leiden auch die Meffis an fehlendem Personal. Alle Angebote werden ehrenamtlich bestritten. Der Verein finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und sucht Unterstützer, sowie durch die Vermietung der Räume.

Nachhaltigkeit spielt in der Umsetzung der Projekte und beim Umbau der Räume ebenfalls eine Rolle. Dabei arbeitete man mit dem Verein Low-Tec zusammen, der jungen geflüchteten Menschen eine Möglichkeit der Beschäftigung bietet. Beim dreitägigen Straßenfest Ende Juli fanden verschiedene Aktionen zum Thema Ressourcen sparen statt, beispielsweise eine Kochaktion mit geretteten Lebensmitteln. 

Kirche ist ein wichtiger Akteur 

Ende Juli feierten die Meffis mit Menschen  unterschiedlicher Couleur ein buntes Straßenfest. (c) Thomas Langens
Ende Juli feierten die Meffis mit Menschen unterschiedlicher Couleur ein buntes Straßenfest.

Die Meffis bieten keine fertigen Lösungen an, aber sie geben Impulse in die Stadtgesellschaft, darüber nachzudenken, wie eine Stadt der Zukunft aussehen soll, damit sich Menschen in ihr wohlfühlen. Sie verstehen sich als „Katalysator“ und Mutmacher, auch mal andere Wege zu finden, als die bisher gültigen.

Für dieses Engagement hat der Diözesanrat der Katholik/-innen die Meffis im September mit dem diesjährigen Umweltpreis ausgezeichnet. Die Meffis wagen mutig als bunte, vielfältige Vernetzung den Blick über den Tellerrand, würdigte Laudator Peter Maiwald, Mitglied des Diözesanratsvorstands.

Für Mikel Ulfik kam das schon überraschend, erzählt er. Zumal das Netzwerk zwar im Schatten des Doms wirkt, aber bislang keine kirchliche Anbindung hat. Für Mikel Ulfik ist die Kirche in der Frage solcher stadtgesellschaftlichen Transformationsprozesse jedoch ein wichtiger Akteur. „Die Kirche muss sich da einbringen“, meint er. In ihrem Angebot stecke nach wie vor eine große Bindekraft, sie könne Rückzugsort sein, wo Menschen zu sich finden könnten. Doch durch den Missbrauch habe die Kirche auch viel Vertrauen verspielt.  
Aktuell bewirbt sich der Verein beim Land NRW um die Anerkennung als soziokulturelles Zentrum. Bis 2025 bestehen die Mietverträge für die Räume in der Mefferdatisstraße. So lange wollen die Meffis vor Ort weiter in die Gesellschaft hineinwirken. 

Weitere Infos zu Mitarbeit oder Unterstützung unter https://www.meffis.org

umweltpreis

Die Meffis bei der Preisverleihung des Umweltpreises 2023. (c) Thomas Hohenschue
Die Meffis bei der Preisverleihung des Umweltpreises 2023.

„Nachhaltig weiterdenken: ökologisch – ökonomisch – sozial“ – unter diesem Motto hatten der Diözesanrat der Katholik/-innen des Bistums Aachen gemeinsam mit den regionalen Katholikenräten den diesjährigen Umweltpreis ausgelobt. 18 Initiativen aus Kirche, Gesellschaft und Kultur hatten sich um den mit 1500 Euro dotierten Preis beworben, der im Aachener Depot verliehen wurde.