»Trauer braucht eine  adäquate und professionelle Begleitung«

Die „Stiftung für Hospiz- und Trauerarbeit im Bistum Aachen“ will die Aus- und Fortbildung von ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierten finanziell unterstützen.

Pfarrer Hans Russmann und Beatrix Hillermann erklären, was die neue Stiftung bewirken soll. (c) Andreas Bischof
Pfarrer Hans Russmann und Beatrix Hillermann erklären, was die neue Stiftung bewirken soll.
Datum:
24. Sept. 2025
Von:
Aus der Kirchenzeitung, Ausgabe 27/2025 | Kathrin Albrecht

Im Bistum Aachen engagieren sich viele Menschen in der Begleitung von schwer kranken, sterbenden Menschen und deren Angehörigen. Sie tun das in Hospiz- und Palliativeinrichtungen sowie in Projekten der Kinder- und Erwachsenentrauerbegleitung, sowohl kirchlich als auch nicht-kirchlich angebunden. Dieses Engagement braucht eine gute Qualifizierung, doch die finanzielle Unterstützung dafür fehlt oft. 

Hier kommt die „Stiftung für Hospiz- und Trauerarbeit im Bistum Aachen“ ins Spiel. Sie will nicht nur finanzielle Fördermöglichkeiten sicherstellen, sondern auch ein sichtbares Zeichen für das Engagement  von Kirche geben, erklären Pfarrer Hans Russmann, Diözesanbeauftragter für Hospizseelsorge, und Beatrix Hillermann, Diözesanbeauftragte für Trauerseelsorge im Bistum Aachen.

 

Warum braucht es eine Stiftung für Hospiz- und Trauerarbeit im Bistum Aachen?

Hans Russmann: Die Idee war, dass sich Kirche nicht nur mit ethischen Positionen zu Wort meldet, beispielsweise in der aktuellen Diskussion zum assistierten Suizid, sondern auch ein Signal nach außen sendet, dass sie sich im Bereich der Hospiz- und Trauerarbeit engagiert – gerade auch finanziell. Die begleitende Hospizarbeit – stationär wie ambulant – wird nicht komplett aus den Kranken- und Pflegekassen finanziert. Ähnliches gilt für die Trauerbegleitung. Trauerprojekte für Kinder werden gar nicht über diese Kanäle finanziert.

Die Begleitung von sterbenden Menschen und trauernden Angehörigen ist ein Auftrag von Kirche, finden Hans Russmann und Beatrix Hillerman. (c) Andreas Bischof
Die Begleitung von sterbenden Menschen und trauernden Angehörigen ist ein Auftrag von Kirche, finden Hans Russmann und Beatrix Hillerman.

Beatrix Hillermann: Es gibt im Bereich von Psychotherapie eine Abrechnungsmöglichkeit für Begleitung erschwerter Trauer. Aber die Zugänge zur Psychotherapie sind sehr begrenzt. Trauer braucht auch nicht immer Psychotherapie, sondern eine adäquate und professionelle Begleitung, aber für die gibt es über die Gesellschaft keine gesicherte Finanzierung. Gerade im Bereich der Trauerbegleitung für Kinder ist es erwiesen, dass, wenn sie in ihrer Trauer nicht aufgefangen werden, nachhaltiger Schaden entstehen kann. Darum haben sich im Bistum Aachen mehrere Trauerprojekte für Kinder gegründet, wo Kolleginnen wie Maria Pirch in Aachen das zusätzlich zu ihrer Tätigkeit mit übernehmen. Solche Trauerprojekte brauchen gut geschulte Begleiterinnen und Begleiter. Und diese Schulungen kosten Geld. Außerdem brauchen sie eine hauptamtliche Koordination, die es so als ausgewiesene Stellen im Bistum aber nicht gibt. 

Wo liegen die Schwerpunkte der Stiftung?

Russmann: Im Hospiz ist die Frage der spirituellen Begleitung ein entscheidender Bereich. Da konnten wir als Diözesanbeauftragte bereits einen Befähigungskurs für spirituelle Sterbebegleitung anbieten. Dann haben wir die Ausbildung „Sterbesegen“ im Bistum eingeführt. Das alles braucht auch Geld. Ebenso die Öffentlichkeitsarbeit für die Projekte in den beiden Bereichen.

Hillermann: Die spirituelle Begleitung hat in der Hospizcommunity einen großen Stellenwert, auch bei Initiativen und Vereinen, die nicht kirchlich angebunden sind. Aber es gibt keine gesicherten Finanzierungsmöglichkeiten. Da ist die Hospizbewegung auf die Kooperation mit der Kirche angewiesen. 


Hat die Stiftung bereits Startkapital? Wo stehen Sie da?

Russmann: Es gibt private Stifter, dann haben die Bischof-Klaus-Hemmerle-Stiftung zur Förderung pastoraler Dienste im Bistum Aachen und das Stiftungsforum Kirche im Bistum Aachen als Dachstiftung unterstützt. Im Moment sind wir bei rund 40.000 Euro. Das ist das Grundkapital, mit dem eine Treuhand-Stiftung an den Start gehen kann. Dann hoffen wir, dass wir durch weitere Zustiftungen Kapital akquirieren. Auch Spenden sind möglich, diese könnten wir nutzen, um kurzfristig schon kleinere Projekte zu finanzieren. Das Ziel ist, die Aus- und Fortbildung in den Bereichen Hospiz- und Trauerarbeit langfristig auf gesicherte Füße zu stellen.

Hillermann: Die Stiftung ist ein weiterer Baustein. Wir erhalten immer wieder Unterstützung von der Hemmerle-Stiftung im Bereich von Aus- und Fortbildung, auch für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Stiftung für Hospiz- und Trauerbegleitung fasst das weiter. Wir könnten zur Finanzierung von Stellen etwas dazugeben. Und wir zeigen, dass wir in der Begleitung von sterbenden Menschen und Angehörigen für Menschen da sind. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das etwas ist, das unsere Gesellschaft braucht. Und wenn wir das gut, qualifiziert und vernetzt mit den gesellschaftlichen Playern machen, kann das für unsere Botschaft bedeutungsvoll sein.


Wer kann entsprechende Förderanträge bei der Stiftung stellen?

Russmann: Die Landschaft der Träger in der Hospiz- und Trauerarbeit ist bunt. Es sind private Vereine, Kirchengemeinden, an Grabeskirchen angegliederte oder von kirchlichen Verbänden getragene Projekte. Im Prinzip können alle, die ein Projekt in den Bereichen anbieten oder einen Fortbildungskurs machen möchten und sich dem Anliegen der spirituellen Begleitung öffnen, einen Förderantrag stellen. Wir denken, dass Kirche da einen Auftrag hat. Das begleitete Sterben, Tod und Auferstehung ist die zentrale Botschaft von Kirche. Und deswegen müssen wir auch in der Begleitung der Sterbenden und der Trauernden als Kirche weiterhin präsent sein. 


Wo sehen Sie zukünftige Herausforderungen in der Hospiz- und Trauerarbeit?

Russmann: Die Frage ist schon, mit welchem Personal die spirituelle Begleitung durchgeführt wird. Das hauptamtliche Personal wird weniger, umso mehr sind Qualifizierungsangebote für ehrenamtliches Personal notwendig. Die Rolle der Hauptamtlichen verändert sich dahingehend, weniger selbst zu machen als zu motivieren, zu koordinieren. Da gibt es Umbrüche. Ich glaube, es braucht Quereinstiege aus anderen Berufsgruppen in die seelsorgliche Begleitung. An diesen Umbrüchen wird auch die veränderte gesellschaftliche Rolle von Kirche deutlich. Wir sind ein Player unter vielen und müssen uns qualifiziert mit unseren Botschaften einbringen.

Hillermann: Stichwort Qualifizierung: Es gibt die Haltung, wer Seelsorge kann, kann auch Trauerbegleitung. Aber ein Hausarzt macht auch keine schwierigen chirurgischen Eingriffe. Dafür muss man ausgebildet sein. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen, die auf Bistumsebene Koordinationsfunktion in der Hospiz- und Trauerarbeit haben, entsprechend ausgebildet sind. Das ist kein Bereich, den man einfach so machen kann. Ein Manko: Das System gibt es nicht her, Haupt- und Ehrenamtliche gleichzeitig fortzubilden. Aus diesem Grund organisieren wir in der Hospiz- und der Trauerarbeit immer im Wechsel einen diözesanen Studientag. 


Ist es schwierig, ehrenamtlich Engagierte für die Hospiz- oder Trauerbegleitung zu gewinnen?

Russmann: Schwierig wird es eher beim Begräbnisdienst, Menschen zu finden, die sich in diesem liturgischen Dienst engagieren wollen. Wir beobachten aber, dass sich das Profil der Ehrenamtlichen verändert. Sie sind nicht mehr so stark kirchlich geprägt, wie sie das früher waren. Trotzdem ist das Interesse an spirituellen Fragen groß.

Hillermann: Der Zuspruch ist für Hospiz- und Trauerbegleiter groß. Probleme sehe ich ebenfalls beim Begräbnisdienst. Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen  aus der Trauer- und Hospizbegleitung das machen könnten. Aber das geht nur, wenn wir neu denken und vernetzt miteinander arbeiten. 

Diözesaner Tag der Trauerpastoral

Unter dem Titel „Jede Trauer ist schwer, manche ist schwerer“ geht es am 27. September in der Bischöflichen Maria-Montessori-Gesamtschule in Krefeld um den Umgang mit erschwerter Trauer. Haupt- wie ehrenamtlich Engagierte in der Trauerbegleitung und im Beerdigungsdienst sind von 10 bis 17 Uhr zu Vorträgen, Workshops und Austausch eingeladen. Infos: Tel. 0241/452-856

 

Stiftung für Hospiz- und Trauerarbeit im Bistum Aachen

Eine Zustiftung oder Spende (bitte angeben) ist möglich auf das Konto der Stiftung: IBAN: DE85 3706 0193 1018 9751 53 (Pax Bank für Kirche und Caritas)
Für eine Zuwendungsbestätigung bitte  Namen und Adresse angeben. Rückfragen können per E-Mail an: stiftungen@bistum-aachen.de gestellt werden.