Kirche und Caritas im Bistum Aachen haben in den letzten Jahren viel Kraft und Zeit in das Stiftungswesen investiert. Dieses bietet Menschen eine Plattform, auf Dauer bestimmte gute Zwecke zu fördern – zu Lebzeiten und über ihren eigenen Tod hinaus. Gerade im Angesicht der Pandemie, berichten im KiZ-Interview die beiden Fachfrauen Angela Mispagel und Ute Schramm, gewinnt dieser Gedanke an Bedeutung.
Drei Monate Corona-Krise haben wir bereits hinter uns. Wie haben Sie als Expertinnen, die kirchliche und caritative Zwecke unterstützen helfen, diese Zeit erlebt?
Ute Schramm Zunächst muss ich sagen, dass wir erfreut und beeindruckt sind von der breiten Solidarität, die wir in der Bevölkerung beobachten können. So viel Gutes ist vor Ort in Gang gekommen, auch finanziell und materiell. Da ist das breite ehrenamtliche Engagement. Und so viele haben von ihrem Wohlstand etwas geteilt, haben zum Beispiel Sachspenden geleistet. Damit ließ sich manche segensreiche Hilfe vor Ort gut bei denen platzieren, die sie besonders nötig haben.
Angela Mispagel Gleichzeitig sehen wir die große Verunsicherung, die bei vielen Menschen eingesetzt hat. Sie sehen, wie von jetzt auf gleich vermeintliche Sicherheiten ins Wanken geraten. Sie fragen sich, wie es weitergeht. Die psychische Belastung, die mit Corona einhergeht, ist wirklich groß. Wir alle kennen das. Menschen, die aufgrund von Alter oder Krankheit besonders gefährdet sind, sind damit noch einmal stärker konfrontiert.
In der aktuellen Situation mit ihren wirtschaftlichen Unwägbarkeiten halten viele Menschen ihr Geld zusammen. Können Sie da überhaupt mit Ihrem Anliegen durchdringen?
Angela Mispagel In der Tat sorgen sich viele, ob sie und vor allem ob ihre Familien gut durch diese Krise kommen. Am Anfang, im ersten Schock, haben wir das deutlich gespürt. Die Menschen haben sich gefragt, ob es ein guter Zeitpunkt ist, jetzt darüber nachzudenken, einen Teil ihres Vermögens für kirchliche und caritative Zwecke zu stiften, oder ob sie das Geld zurückhalten müssen. Das hat sich aber nach Wochen wieder etwas in normalere Bahnen eingependelt, erste Anfragen treffen wieder ein.
Ute Schramm Es ist wie beim Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: Kaum jemand denkt gerne über die eigene Sterblichkeit nach. Die Krise hat aber tatsächlich bei manchen den Blick dafür geschärft, dass man das zeitig tun muss. Wir erleben so gesehen im Zeichen von Corona ein neues Nachdenken über Vergänglichkeit. Und das heißt bei vielen auch, darüber Entscheidungen zu fällen, wie man zu Lebzeiten oder über den Tod hinaus etwas Gutes bewirken kann.
Angela Mispagel Vermögen kann auch eine Last sein, insbesondere, wenn nicht geklärt ist, wie es nach dem Tod des Vermögenden eingesetzt werden soll. Stiftungen bieten hier Sicherheit, dass der Wille auf Dauer umgesetzt wird. Der Stifterwille ist immer das Wichtigste. Das
ist auch in der aktuellen Ungewissheit der Corona-Krise ein schlagendes Argument.
Ute Schramm Inzwischen gibt es außerdem Stiftungsformate, die beides ermöglichen: die Absicherung des Stifters und seiner Familie vor den Unwägbarkeiten des Lebens und die nachhaltige Förderung guter Zwecke. Das lässt sich in den Beratungsgesprächen gut ausloten und miteinander verbinden. Denn keiner möchte in Angst vor den finanziellen Folgen von Krankheit und Pflegebedürftigkeit leben, auch der nicht, der materiell gut aufgestellt ist.
Ein zweites Hindernis, Vermögen zu stiften, können sicherlich die Zinsen sein, die sich seit Jahren auf einem historisch niedrigen Niveau bewegen. Was sagen Sie zu diesem Einwand?
Angela Mispagel In der Tat bedeutet das eine große Herausforderung für alle, die mit Geldanlagen wirtschaften. Dazu können wir allerdings sagen, dass wir dank der Bündelung im Stiftungsforum Kirche im Bistum Aachen als großer Kunde bessere Renditen erzielen können. Wir erwirtschaften also mehr, als es ein Einzelner schaffen könnte. Die Überschüsse schütten wir entsprechend der Ziele aus, die der Stifter bei seiner Stiftung festgelegt hat. Und ein Zweites ist gleich hinzuzufügen: Vom Gesetz her existiert eine Stiftung auf ewig. Und das heißt, es kommen auch wieder bessere Zeiten, was die Verzinsung betrifft. Der Wert wird erhalten und er steigt auch wieder. Dessen können wir uns recht sicher sein.
Ute Schramm Auch hier können wir Stiftungswilligen, die sich sorgen, entgegenkommen. Wir können ihnen die Befürchtung, dass das gestiftete Vermögen nur mangelhaft wirken wird, jetzt und heute nehmen. Gefragt ist neuerdings das Format der Verbrauchsstiftung. Deren Vermögen schmilzt ganz verlässlich und genau geplant in mindestens zehn Jahren ab. Es gibt ein Verfahren, mit dessen Hilfe die kirchlichen und caritativen Zwecke gefördert werden, die der Stifter im Sinn hat. Denn diese stehen im Vordergrund.
Was ist den Menschen, die über Stiften nachdenken, noch wichtig?
Angela Mispagel Sie wollen mit ihrem Geld nicht nur etwas Gutes bewirken, sondern sie wollen auch, dass es auch so angelegt ist, dass damit nichts Schlechtes bewirkt wird. Das heißt also, dass wir gehalten sind, in ethische und nachhaltige Geldanlagen zu investieren. Das schmälert im Zweifel ein wenig die Ertragsstärke, aber das ist es den Stiftern und uns wert.
Ute Schramm Neben diesem Punkt kommen die Menschen auch zu uns, weil sie ihr Geld bei Kirche und Caritas in guten Händen wissen. Unser Stiftungswesen steht für einen christlichen Hintergrund, für ein solides und ethisch ausgerichtetes Wirtschaften. Und wir haben viel vorzuweisen, was Transparenz und Kontrolle betrifft. Wir achten sehr darauf, dass mit dem Geld bestmöglich im Sinne der Stifter gearbeitet wird.
Angela Mispagel Wir unterliegen dem staatlichen und kirchlichen Stiftungsrecht. Wir haben starke Aufsichtsgremien. Alles unterliegt der Rechenschaftspflicht. Unsere Zahlen werden regelmäßig veröffentlicht. Wir haben entsprechende Gütesiegel vorzuweisen.
Wie lautet bei all dem Ihr Fazit?
Angela Mispagel Man schiebt so vieles vor sich her und manchmal rächt sich das. Wer bewusst bestimmen und gestalten will, wie seine Lebensleistung auch nachfolgenden Generationen zugute kommt, sollte es nicht verzögern. Die Coronakrise zeigt, wie rasch man manchmal in existenzielle Situationen gerät. Wir vom Stiftungswesen von Kirche und Caritas im Bistum Aachen beraten sehr genau und gewissenhaft, wie man in Form einer Stiftung oder Zustiftung persönliche Visionen und Wünsche umsetzen kann.
Ute Schramm Das alles braucht Zeit, eben weil es seriös und tragfähig sein soll. Jeder soll sich darüber im Klaren werden, was genau er wie erreichen will. Wir begleiten dabei und helfen, das Ganze verbindlich in Formen zu gießen. Aber alles beginnt mit einer gemeinsamen Tasse Kaffee. Dann reden wir. Irgendwann, so ist unsere Erfahrungen aus den letzten Jahren, geht jeder sehr zufrieden aus dem Raum.
Das Gespräch führte Thomas Hohenschue. Mehr Informationen unter www.stiftungsforum-bistum-aachen.de und www. caritasstiftung-aachen.de und www.mutterundkind-stiftung.de. Kontakt: Angela Mispagel, Tel.
02 41/45 28 79, und Ute Schramm, Tel. 02 41/43 12 11.