Als Digital-Church ist sie moderner Veranstaltungsort, Co-Working-Angebot und digitales Zentrum, das Entwickler digitaler Konzepte mit Nutzern aus Industrie und Mittelstand zusammenbringt. Die Pfarrei „Christus unser Bruder“ hatte das gut hundert Jahre alte, denkmalgeschützte Bauwerk im Zuge von KIM 2016 an die Familie von Norbert Hermanns, Vorstand der Landmarken AG, verkauft. Die hat gemeinsam mit dem Digital-HUB Aachen, dem Hauptmieter der Digital-Church, ein Konzept entwickelt, das Stadt und Region zu einem Vorzeigestandort für digitale Entwicklung machen soll. Für Hermanns ist sie ein „Symbol der Zeitenwende“: „Wir stellen uns damit einer besonderen Verantwortung und Herausforderung zugleich, das kulturelle Erbe zu erhalten und einen urbanen Kulturraum für Events in Aachen zu schaffen.“
In der Praxis sieht das so aus: Im Kirchenschiff sind flexible Arbeitsplätze, sogenannte „Flex-Desks“, in Form von Schreibtisch-Nischen auf Rollen und einer langen Tafel, an der gearbeitet werden kann, entstanden. Diese Flex-Desks vermietet das Digital-HUB an Start-ups, Firmen aus der Informationstechnologie und mittelständische Unternehmen sowie Industrieunternehmen, deren Mitarbeiter hier gemeinsam an digitalen Geschäftsmodellen arbeiten sollen. Sitzecken mit Lounge-Charakter in den Seitenschiffen und im Altarraum dienen dem informellen, kreativen Austausch. Um in Ruhe sowie bei Veranstaltungen arbeiten zu können, gibt es Baukopfhörer. Wer eigene Räume dem Großraumbüro vorzieht, findet die unter anderem im angrenzenden Kaplanshaus. Dazu kommen Besprechungsräume, ein Konferenzraum sowie ein High-End-Labor mit 3D-Drucker. Neben den Nutzern des Co-Working-Angebots erhalten fünf Start-ups im Rahmen eines Inkubators ein Training mit intensiver Begleitung durch das Digital-HUB. In vielen Bereichen der Digital-Church gilt „Lernen übers Tun“. „Erfahrungswerte, auf die wir zurückgreifen könnten, gibt es noch nicht. Wir entwickeln uns prozessmäßig weiter“, fasst Stefanie Pick vom Digital-HUB zusammen. So hätten ursprünglich alle Besprechungsräume moderne Bildschirme erhalten sollen. Da die relativ teuer seien, hätten sie für den Anfang die Möglichkeit geschaffen, die Wände zu beschreiben. Das sei so gut angenommen worden, dass nun statt Bildschirmen weitere flexibel zu nutzende Wände zur Verfügung gestellt werden sollen. Auch die besondere Architektur sorgte von Anfang an für Herausforderungen, zum Beispiel bei der Akkustik oder beim Heizen.
Sie und die inspirierende Atmosphäre der ehemaligen Kirche machen auch den Reiz für Besucher und Nutzer aus. Viele empfinden es als sehr positiv, dass so viele alte Elemente aus der Kirche erhalten geblieben sind, wie zu Beispiel die Kanzel, das Deckengewölbe und die farbigen Glasfenster. Nachdem die erste Skepsis der Unternehmen verflogen sei, werde die Digital-Church inzwischen gut angenommen, erklärt Iris Wilhelmi, Geschäftsführerin des Digital-HUB. Gleiches gilt auch für Veranstaltungen. „Die Digital-Church ist mit keiner anderen Event- Location vergleichbar, da sie immer noch ein einzigartiges Kirchengebäude ist“, schildert Jan-Christoph Schneiders vom Vermarkter AMW-Projekte. Neben Firmen- und Geburtstagsfeiern sei die ehemalige Kirche sehr für Hochzeiten beliebt. Immer wieder, erzählt Iris Wilhelmi, hätten in den Wochen nach der Eröffnung auch Touristen und Gemeindemitglieder oder Menschen, die eine besondere Bindung zur Kirche St. Elisabeth hatten, vorbeigeschaut, interessiert, was aus „ihrer“ Kirche geworden ist. So bleibe sie auch weiter ein Ort der Begegnung. Ein Ort, an dem Kirche weiter eine wichtige Rolle spielt, sei es über die Zusammenarbeit mit dem Bistum Aachen oder mit kirchlich engagierten Trägern und Einrichtungen, aber auch über gemeinsame Werte. „Kirche hatte immer auch eine soziale und gesellschaftliche Funktion. Die Digitalisierung der Wirtschaft hat gesellschaftliche Auswirkungen, wobei wir uns mit in der Verantwortung sehen. Wenn wir die Zukunft nicht aktiv gestalten, kann das schnell kippen und dann geht es auch um den Wohlstand und die Zukunft der Menschen in der Region“, sagt Stefanie Pick. Tradition und Zukunft liegen oft gar nicht so weit auseinander.
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