Töne und Texte, die trösten

Musik-Projekt „With four hands“ bringt CD heraus, die auch in der Hospizarbeit eingesetzt werden kann

Musik spricht Menschen in ganz besonderer Weise an. (c) www.pixabay.com
Musik spricht Menschen in ganz besonderer Weise an.
Datum:
26. Jan. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2021 | Kathrin Albrecht

Nichts beeinflusst so positiv wie Musik. Selbst Pflanzen und Tiere reagieren auf eine bestimmte musikalische Beschallung, beispielsweise mit verbessertem Wachstum. Nicht zuletzt reagieren auch wir Menschen auf Musik. Sie verbindet Kulturen, beruhigt, belebt, weckt Erinnerungen. 

Den positiven Einfluss von Musik auf uns Menschen kennt auch Norbert Feinendegen sehr gut aus eigener Anschauung. Als Gründer und Teil des Musikprojektes „With four hands“ ist er regelmäßig auch als Musiker unterwegs, spielt im liturgischen Rahmen in Alten- und Pflegeheimen und auch in Hospizen. Mehrere CDs hat die Gruppe bereits veröffentlicht. Die jüngste Veröffentlichung, „Feel like going home“, spricht nun gezielt Menschen aus diesem Bereich an.

Auch beruflich besteht seit vielen Jahren Kontakt in die Hospizbewegung – „With four hands“-Mitgründer Guido Jackson Wilms arbeitet als Koordinator bei einem ambulanten Hospizdienst in Bad Honnef, Norbert Feinendegen hat in seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Moraltheologischen Seminar der Uni Bonn an verschiedenen Projekten zu den Themen hospizliche Begleitung und Spiritual Care mitgewirkt und hat auch als Referent in der Erwachsenenbildung immer wieder mit dem Thema zu tun. 
„Musik ist hier ein wichtiger Faktor. Sie weckt ein intuitives Wissen, das lange erhalten bleibt.“ Er nennt einige Beispiele, die er auf vergangenen Konzerten der Gruppe erlebt hat. Wie bei einem Besuch einer sterbenden Frau seiner Heimatpfarrei in Bonn, bei der gemeinsam Weihnachtslieder gesungen wurden. „Und die Frau sang mit! Es macht auch viel mit einem selbst, zu erleben, dass die Musik Menschen erreicht, dass über sie noch abgespeicherte Fähigkeiten abgerufen werden können.“ 


Entstehung der CD dauerte fünf Jahre

Die gemeinsame Liebe zur Musik entdeckten Norbert Feinendegen, aufgewachsen in Krefeld, und Guido Wilms, aufgewachsen in der Region Heinsberg, während ihres Theologiestudiums in Bonn. Dort lernten sie auch Christina Schweflinghaus, aufgewachsen in Meerbusch, kennen, die bald Teil der Gruppe wurde. Mit Caroline Schönball und Stefan Schmidt ist die aktuelle Besetzung von „With four hands“ komplett.

Schon länger, erzählt Feinendegen, habe die Idee zu einer Hospiz-CD bestanden, doch sie brauchte ihre Zeit, um zu reifen. Die Herausforderung bestand in der Auswahl der Stücke: „Wir machen seit über 15 Jahren Musik, haben in den ersten zehn Jahren sechs CDs herausgebracht“, schildert Norbert Feinendegen, „für die aktuelle CD haben wir fünf Jahre gebraucht. Wir haben uns lange Zeit gelassen, die Stücke zu suchen und sie live zu erproben, haben entsprechende Anmerkungen und Reaktionen von Menschen, die unsere Konzerte besucht haben, mit einfließen lassen. Am Ende hatten wir eine Liste von 20 Stücken, als die Arbeiten an der CD begannen.“ 

16 Stücke umfasst die CD am Ende der Produktion, bei den Stücken kommen viele Facetten zum Tragen. „Wir haben lange überlegt, wie wir es hinbekommen, dass die Musik für sich selbst stehen kann“, erzählt Norbert Feinendegen. Verschiedene Fragen standen dabei im Raum: Welche Themen müssen auf einer solchen CD vertreten sein; was ist die richtige Balance zwischen Schmerz und Leid sowie Trost und christlicher Auferstehungs-Hoffnung? Wie schafft man es, dass die Zuhörer sich eingeladen fühlen, sich auf diese Themen einzulassen, ohne dass der Eindruck entsteht, man dränge sich ihnen auf? Kann man die Lieder oder die Themen, die sie ansprechen, so anordnen, dass man sich als Zuhörer abgeholt oder mit „auf den Weg genommen“ fühlt? Ist es möglich, die CD einfach „nur so“ zu hören, ohne ständig an Tod und Sterben denken zu müssen?


Viele Traditionals finden sich unter den Stücken, zum Beispiel das Folk-Gospel „Wayfaring stranger“, das bereits unter anderem von Johnny Cash, Joan Baez oder Ed Sheeran gecovert wurde. „In diesen Stücken ist uralte Lebenserfahrung gespeichert, auch das ist wohl ein Grund, warum dieser Stil so viele Menschen anspricht“, sagt Norbert Feinendegen. Daneben runden neue Arrangements von bekannten Popsongs die Songliste ab, unter anderem „Fields of gold“ von Sting oder „Have you ever seen the rain?“ von John Fogerty. 
Sicherlich am ungewöhnlichsten dürfte das Arrangement des Beatles-Songs „Help!“ sein, das die meisten als flotte Uptempo-Nummer kennen. Doch im neuen, etwas getrageneren Arrangement fügt es sich perfekt in die Auswahl ein. „Guido sagte zu mir: Vergiss einfach die Aufnahme von den Beatles und konzentriere dich nur auf den Text.“ 
Inhaltlich gehe es dabei darum, um Hilfe zu bitten, diese auch zulassen zu können. Eine Botschaft, die im ursprünglichen Arrangement von der Musik überlagert wird. „Nach unserer Aufnahme haben wir festgestellt, dass John Lennon in einem Interview mit dem Musikmagazin Rolling Stone schon gesagt hatte, dass das Stück eigentlich zu schnell eingespielt sei“, erzählt Norbert Feinendegen.

Auch andere Stücke bergen neue Erfahrungen, wie zum Beispiel das Stück „Morning has broken“, das den Musiker Cat Stevens weltbekannt machte. Der Song, erzählt Nobert Feinendegen, sei allerdings schon älter: „Er stammt aus den ,Songs of praise‘, einer irischen Liedersammlung aus den 1930er Jahren. Dieser Song nimmt explizit Bezug auf die Schöpfung. Er schildert, wie der Schöpfer durch den Garten Eden geht. Das ist etwas, was man in der Stevens-Fassung so gar nicht erfasst.“ 


Es soll gut tun, die Stücke zu hören

Die CD soll eine Einladung sein, zur Ruhe zu kommen, eine positive Grundstimmung bei den Hörenden erzeugen, wünscht sich Norbert Feinendegen: „Es soll gut tun, sie zu hören.“ Erste Erfahrungen und Rückmeldungen von Menschen, die die CD gehört haben, zeigen bisher, dass diese Herausforderung offenbar geglückt ist. Rückmeldung erhält Feinendegen auch von Menschen, die Angehörige verloren haben, oder von Aktiven in der Hospizarbeit, die ihm berichten, dass es ihnen gut tue, die CD zu hören. 
Norbert Feinendegen hofft, dass „With four hands“ auch bald wieder live vor Publikum spielen kann. Während des Lockdowns im vergangenen Frühjahr hat die Gruppe Konzerte in den Höfen und Gärten von Alten- und Pflegeheimen gegeben, um Bewohnern und dem Betreuungspersonal ein wenig Freude zu bringen und ihnen zu zeigen, dass sie auch in Zeiten des Besuchsverbots nicht ganz vergessen sind.

Auch hier war zu spüren, wie gut Musik dort tut, wo Worte nicht mehr helfen, und welch befreiende Wirkung sie auch in äußerlich schwierigen Umständen haben könne, erzählt Feinendegen und fährt fort: „Musik ist dabei keineswegs eine Einbahnstraße. Auch wir werden bei diesen Konzerten beschenkt,wenn wir sehen, wie Musik wirkt.“ 

Zum Abschluss schildert er noch den Fall eines Ehepaares, das gemeinsam öfter zu den Konzerten gekommen ist. Dann erkrankte die Ehefrau an Demenz, Konzertbesuche waren nicht mehr möglich. Also beschloss die Gruppe: „Wir kommen zu euch.“ So wurde ein kleines Hauskonzert organisiert. Und die Ehefrau blühte während des Konzertes auf. 
Das Leben bis zum Schluss lebenswert zu gestalten, ist ein wichtiges Anliegen der Hospizbewegung. Norbert Feinendegen hofft, dass auch die CD dazu einen Beitrag leisten kann. 

CD ist online erhältlich

(c) Sunshine Records Bonn

Die CD „Feel like going home“ ist bisher online bei Amazon zum Preis von 12,– Euro erhältlich. Die CD begleitet ein ausführliches Booklet mit Informationen zum Entstehungsprozess und zu den ausgewählten Stücken selbst. Auch bei den Online-Streaming-Diensten „Spotify“ und I-Tunes kann die CD (allerdings ohne Booklet) abonniert oder heruntergeladen werden. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, sie bei Norbert Feinendegen direkt zu bestellen, per E-Mail an: norbert.feinendegen@web.de.