Testorte für die Zukunft

Glauben leben in der Gemeinschaft des Pilgerns ist seit 15 Jahren das Thema von Pfarrer Kurt Josef Wecker

farrer Kurt Josef Wecker ist schon seit Jahrzehnten mit dem Thema „Pilgern“ befasst. (c) KiZ-Archiv/Dorothée Schenk
farrer Kurt Josef Wecker ist schon seit Jahrzehnten mit dem Thema „Pilgern“ befasst.
Datum:
31. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 22/2023

Die Reihe „Glaubensgespräche“ bietet seit Jahresstart 2023 die Pfarrei St. Lukas Düren  mit dem Katholischen Bildungsforum Düren an. Interessierte sind am zweiten Montag des Monats um 19.30 Uhr in den Gemeindesaal der Marienkirche geladen. Passend zur Heiligtumsfahrt in Aachen, die am 9. Juni beginnt, widmet sich im letzten Vortrag vor der Sommerpause, am 12. Juni, Pfarrer Kurt Josef Wecker dem Aspekt „Pilgern – Unterwegs im Glauben“.

Spielt die Aachener Heiligtumsfahrt eine Rolle in ihrem Vortrag?

Daran kann ich gar nicht vorbeigehen. Auch wenn die Heiligtumsfahrt selbst in der Gegenwart weniger ein Bewegungsereignis ist, sondern eher ein Zielereignis. Wir bemühen uns schon seit der letzten Heiligtumsfahrt 2014, das Dynamische und nicht nur das Stationäre, also den Gedanken der Wallfahrt und nicht nur der Heiltumszeigung zu betonen. Wir müssen schauen, dass wir buchstäblich Wege finden zu den herausfordernden Zeichen der Aachener Heiligtumsfahrt. 

 

Sie haben 2011 eine „Kleine Phänomenologie des Glaubens“ verfasst. Da geht es auch darum, verlorenes Terrain wettzumachen und missionarisch zu sein.

Als Nebengedanke kann das Missionarische wichtig werden. Aber ich würde das Ereignis gar nicht so sehr unter dem ausdrücklichen Gedanken verzwecken wollen, eine missionarische Gelegenheit ergreifen zu wollen. Manchmal liegt es gar nicht in unserer Macht, ob der Funke überspringt. Ich glaube, dass es eher ein positiver Nebeneffekt ist, eine Erfahrung, dass es sich als geistliches Wegereignis einstellt und es passieren kann, dass der Einzelne erkennt: Das hat mit dem Evangelium zu tun. Das hat mit den Kernsätzen des Credos zu tun.

 

Seit 2008 sind Sie Bischöflicher Beauftragter für Wallfahrtspastoral im Bistum Aachen. Nehmen Sie bei den Gläubigen Veränderungen in Bezug auf Pilgern und Wallfahrten wahr?

Das ist eine Tatsache, dass sich seit 15 Jahren manches in erschreckender Weise verändert hat, altgewohnte Bräuche und Gewohnheiten brüchig geworden sind und Menschen viel mehr als früher auf der Suche sind nach verlässlichen oder sogar innovativen Orten. Manchmal sind es auch besondere Experimentierfelder einer kommenden Kirche, die wir an Wallfahrtsorten erleben, wo viele hingehen, suchend und neugierig sind, was sich an diesen Orten tut mit seinen besonderen Themen und fremden Zeichen einer ansprechenden und anspruchsvollen Verkündigung und einer Gemeinschaftserfahrung, die man in den Gemeinden immer seltener macht. Insofern sind es vielleicht Testorte, wie Kirche in Zukunft sein kann. Die Erfahrung, dass wir Wallfahrt in unserer gegenwärtigen Kirchenlandschaft völlig neu aufstellen müssen, das war vor 15 Jahren nicht im Blick.  

 

Beispielsweise auch durch eine Entdeckerbühne, wo in Aachen Schlagersänger Guildo Horn und Jazz-Musiker Götz Alsmann auftreten?

Dieses Experimentelle wird an Wallfahrtsorten wie Düren oder Heimbach nicht sofort so durchschlagen, weil hier noch die Reliquien- und Bildfrömmigkeit vorherrscht – anders als in Aachen, wo das Touristische und die Neugier auf das gemeinsame Erleben größer ist. Ich denke aber, dass es gut ist, dass wir uns aufs Experimentierfeld wagen. Die Wallfahrt ist ein uraltes Geschehen, aber wir können nicht nur mit dem Alten werben, wir müssen auch das Neue herauskitzeln. 

 

Das Leitmotiv heißt ja auch „Entdecke mich“…

Ja, da weicht die Heiligtumsfahrt ab von dem, was wir für die Nordwestdeutschen Wallfahrtsorte als gemeinsame Losung für dieses Jahr ausgegeben haben, nämlich das Jesuswort: „Hab Vertrauen, ich bin es.“ Das ist ein mutiges Gegenwort. Dieses hohe Gut des Vertrauens, das die Kirche zum Teil zerborsten hat, davon wollen wir an den Wallfahrtsorten hören und sehen. Wir wollen nichts schönreden, das soll auch in den Fürbitten zum Ausdruck kommen. Wir wollen aber auch als schuldhafte Gemeinschaft vieles wagen. Hoffentlich werden die Wallfahrtsorte als gastlich, menschenfreundlich, anziehend und auch dienlich erfahren – und bleiben hoffentlich in guter Erinnerung.

 

Wer sich auf den Glaubensweg macht, der nimmt ja meist nicht nur Erinnerung mit, der hat auch etwas „im Gepäck“…

Manchmal kommt der Pilgernde ziemlich leer an und wird überrascht, manchmal kommt man beladen und kann sich leichter machen. Hoffentlich werden das auch Orte sein in Aachen, aber auch in unseren – sagen wir einmal – Naherholungszielen, an denen wir das Geben und Nehmen erfahren. 

Das Gespräch führte Dorothée Schenk.