Tannenkranz und Vogelhaus

Die kleinen kirchlichen und karitativen Weihnachtsmärkte bilden einen Gegenpol zum Konsumtrubel

Weihnachtsmärkte Nachricht (c) Andrea Thomas
Weihnachtsmärkte Nachricht
Datum:
12. Dez. 2017
Von:
Andrea Thomas
Der vorweihnachtliche Budenzauber hat zurzeit wieder Hochkonjunktur. Kaum eine Stadt, in der sich zwischen dem ersten und vierten Advent nicht Menschenmassen mit Nikolausmützen oder Rentiergeweihen auf dem Kopf glühweinbeseelt zwischen von Tannen und Lichterketten bekränzten Holzbuden herschieben.
Weihnachtsmärkte (c) Andrea Thomas
Weihnachtsmärkte

Ist sicher Geschmacksache, geht aber auch anders. Neben den großen Weihnachtsmärkten gibt es nämlich auch die kleinen Weihnachtsmärkte und -basare, zu denen Pfarreien, Schulen und Einrichtungen einladen. Meist finden sie an einem langen Adventswochenende in deutlich kleinerem Rahmen statt, und der Erlös geht an ein karitatives Projekt. Glühwein und Kinderpunsch gibt es hier auch, ebenso wie Stände mit Würstchen, Waffeln oder Crêpes und meist auch noch eine Cafeteria mit selbstgebackenen Kuchenspenden. Weihnachtliche Klänge fehlen ebenfalls nicht, doch steuern die häufig Kinderchor und/oder Flötengruppe der benachbarten Grundschule bei. Alles ist etwas kleiner, gemütlicher – und handgemachter.

 

Dinge, die man sonst nicht kaufen kann

So wie die liebevoll hergestellten Dinge, die es an den Ständen zu kaufen gibt. Hobbykünstler bieten Geschnitztes und Gedrechseltes, selbstgebaute Vogel- und Krippenhäuschen, handgefertigten (Weihnachts-)Schmuck, Selbstgenähtes von Kissen bis Taschen, gestrickte und gehäkelte Schals, Socken und Mützen. Kinder haben allerhand Weihnachtsdekoration gebastelt: Teelichthalter, Engel, Weihnachtskarten, Schmuck für den Baum oder den Weihnachtstisch – nicht immer perfekt, aber mit viel Eifer und Begeisterung gemacht. Da gibt es selbstgekochte Marmeladen, Eingelegtes, mal süß, mal herzhaft, Honig direkt vom Imker und für alle, die Weihnachtsplätzchen lieben, aber nicht zum Backen kommen, die ganze Palette von Amarettokeksen über Kokosmakronen und Spritzgebäck bis Zimststernen.

 

Gruppen der Gemeinde bringen sich ein

Was diese kleinen – oder wie im Falle des Weihnachtsmarktes vor St. Sebastian in Würselen oder dem Nikolausmarkt des Marienhospitals gar nicht mal so kleinen – Märkte besonders macht, ist nicht nur der „gute Zweck“, dem die Einnahmen am Ende zugute kommen, es ist vielmehr die Atmosphäre und das verbindende Element. „Hier treffen sich Alt und Jung, Großeltern, Kinder und Enkel und Bekannte, die sich sonst nur selten sehen“, beschreibt es Gertrud Schmitter, die mit einem fleißigen Helferteam den Weihnachtsmarkt am ersten Adventswochenende in St. Katharina in Kohlscheid organisiert. Auch innerhalb der verschiedenen Gruppen der Pfarrei „Christus unser Friede“, zu der die Gemeinde gehört, kommen sich die Leute über den zweitägigen Weihnachtsmarkt im und vor dem Jugendheim neben der Pfarrkirche näher. Der Chor der Grundschule Kämpchen und die kleinen Tänzer des Kindergartens St. Katharina steuerten ebenso etwas zum Programm bei wie die Kohlscheider Puppenbühne. Mit dabei sind jedes Jahr außerdem die Pfadfinder und Messdiener sowie Theatergruppe und Katholische Bücherei der Gemeinde.

„Das ist schon toll, wie alle sich einbringen“, sagt Gertrud Schmitter, die sich mit selbstgestalteten Adventskränzen und -gestecken beteiligt. Der gute Zweck ist in diesem Jahr ein Programm zur Eindämmung der Kinderarbeit in Etmadpur, Uttar/Pradesch, in Indien. Gut 3000 Euro, schätzt die zufriedene Organisatorin, werden wohl zusammengekommen sein. Auch die anderen Märkte und Basare sind vorweihnachtliche Treffpunkte mit karitativem Gewinn. So zieht es beispielsweise zu den schulischen Weihnachtsbasaren immer auch zahlreiche Ehemalige, zum Teil inzwischen selbst als Eltern. Begegnung steht überall mit im Vordergrund. Zwischen den Ständen und der Cafeteria kommt man ins Gespräch, nimmt sich eine kleine Adventsauszeit.

„Der Weihnachtsmarkt in Würselen gehört für mich und meine Freundin, die hier wohnt, seit ein paar Jahren zur Adventszeit mit dazu. Die Stimmung und das Drumherum vor der Kirche ist immer besonders und ein bisschen an den Buden gucken, einen Kakao trinken, das kriegen wir – egal wie viel sonst ist – irgendwie hin“, sagt Marlene Weiss, die dafür extra aus der Nähe von Kerpen herfährt. So wie sie sahen das wieder zahlreiche Besucher, die sich am ersten Adventswochenende selbst von durchwachsenem Wetter nicht abhalten ließen. Ein schöner Lohn für die fast 250 ehrenamtlichen Helfer, die rund um den Markt im Einsatz waren und auch für den „guten Zweck“. Der Erlös 2017 fließt in ein Projekt für Schulkinder in Ruanda, die Förderung von Projekten mit Kindern, Jugendlichen und Senioren in der Pfarrei St. Sebastian sowie in die Arbeit des Vereins „Wir in Würselen“ und der Flüchtlingshilfe.

Der Nikolausmarkt des Aachener Marienhospitals im Abteigarten vor der ehemaligen Reichsabtei Burtscheid und der Kirche St. Johann hat sich in den letzten Jahren vom Geheimtipp zum Publikumsmagneten entwickelt. So auch in diesem Jahr. Am zweiten Adventswochenende prägten über 25 Buden und 50 Aussteller mit Kunsthandwerklichem und Kulinarischem das Bild und den Duft. Dazu kamen zahlreiche karitative Einrichtungen mit ihren Ständen sowie ein buntes musikalisches Programm mit Chören und Orchestern aus Aachen in der Krankenhauskapelle. Auch hier kommen die Erlöse wohltätigen Zwecken zugute. Welche das sind, entscheiden die Einrichtungen und Aussteller selbst. Dem Marienhospital als Veranstalter ist es vor allem wichtig, dass der Markt nicht kommerziell ausgerichtet ist, die weihnachtliche Vorfreude und Einstimmung im Mittelpunkt stehen und er so auch ein Gegengewicht zu den großen Märkten bildet.

Adventskränze (c) Andrea Thomas