Tägliche Pause mit Gott

Ein Gespräch mit den Verantwortlichen der „Exerzitien im Alltag“ in der kommenden Fastenzeit

Exerzitien_Nachricht (c) www.pixabay.com
Exerzitien_Nachricht
Datum:
7. Feb. 2017
Ständig laufen wir auf Hochtouren, jonglieren im Alltag mit Terminen, Aufgaben und Verpflichtungen in Beruf und Privatleben. Zeit für uns, Zeit für Gott? – Mangelware! Angebote wie „Exerzitien im Alltag“ zeigen, dass es auch anders gehen kann
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Exerzitien

. Im Gespräch erklären Sr. Juliane Maria Feithen SPSF und Pastoralreferent im Ruhestand Karl-Peter Küpper, die im Advent und in der Fastenzeit „Exerzitien im Alltag“ in Haus Damiano in Aachen anbieten, und Agi Ruskowski, die ein ähnliches Angebot in Stolberg leitet, was „Exerzitien im Alltag“ sind und warum es sich lohnen kann, sich dafür Freiräume zu schaffen.

 

Was genau sind „Exerzitien im Alltag“ und wie sind sie aufgebaut?

Sr. Juliane Maria Feithen und Karl-Peter Küpper: „Exerzitien im Alltag“ sind ein geistlicher Übungsweg mitten im Alltag. Ziel ist es, bewusster zu leben – bewusster mit den Herausforderungen des Lebens, bewusster mit den Mitmenschen, bewusster mit Gott. Der Prozess, der sich entwickelt, orientiert sich am Grundmuster eines geistlichen Weges, wie Ignatius von Loyola ihn erfahren hat. Die Abende bauen von der inneren Struktur her aufeinander auf. Der eigene Übungsweg wird bei den wöchentlichen Abendtreffen immer wieder eingebunden in die Gruppe. Dort gibt es dann eine Austauschmöglichkeit, Hinführungen in die Stille und ins Gebet und neue Gebetsanregungen für die Woche.

Agi Ruskowski: „Exerzitien im Alltag“ sind ein Übungsweg, der jedem Teilnehmer helfen will, Gott in seinem Leben, in seinem Alltag, zu suchen und zu finden und sein Leben von Gott her zu verstehen und mit Gott zu gestalten. Im Sinne dieses „Übens“ ist das Wort „Exerzitien“ zu verstehen. Sie werden als Kurs angeboten und stehen unter einem bestimmten Thema. In diesem Jahr lautet unser Thema: „Wie im Himmel, so auf Erden?“ Ein solcher Kurs findet meistens in einem Zeitraum von vier bis sechs Wochen statt. In dieser Zeit trifft man sich einmal pro Woche an einem Vormittag oder Abend, wobei jede Woche ein eigenes Unterthema hat. Man meldet sich in der Regel zu einem solchen Kurs an und verpflichtet sich zur regelmäßigen Teilnahme. Jeder Veranstalter der „Exerzitien im Alltag“ hat sein eigenes Konzept, was den Aufbau der einzelnen Treffen betrifft. Bei uns, dem Stolberger Team, beginnt jedes Treffen mit einer Ankommensübung, bei der man dazu angeleitet wird, ruhig zu werden, seine Sorgen und Probleme eine Zeit lang auszublenden, um sich entspannt auf das Thema des jeweiligen Treffens einlassen zu können. Jede Woche finden unsere Teilnehmer in der Mitte des Sitzkreises eine symbolische Darstellung des Wochenthemas vor. Wir singen gemeinsam mit instrumentaler Begleitung, und eine zum Wochenthema ausgewählte Bibelstelle wird gelesen und im Sinne des Bibelteilens geteilt. Ein wesentlicher Bestandteil unserer Treffen ist auch der Austausch der Teilnehmer über ihre Erfahrungen auf ihrem „Übungsweg“ im Laufe der vergangenen Woche.

 

An wen richtet sich das Angebot?

Sr. Juliane Maria Feithen und Karl-Peter Küpper: An Menschen, die Sehnsucht nach mehr Leben und einer Vertiefung ihrer Erfahrungen mit Gott haben.

Agi Ruskowski: Es ist ein ökumenisches Angebot und richtet sich an alle Menschen, die ihren Glauben leben oder (wieder-)finden möchten. Es gibt keine Vorgaben bezüglich der Konfession, des Alters oder des Geschlechts.

 

Wie viel Zeit muss ich als Teilnehmer dafür investieren?

Sr. Juliane Maria Feithen und Karl-Peter Küpper: Exerzitien im Alltag dauern in der Regel vier oder fünf Wochen; in unseren Kursen sind es jeweils fünf Wochen. Kernstück ist eine tägliche Zeit der Besinnung und des Gebetes von 20 bis 30 Minuten Dauer und ein täglicher Tagesrückblick. Dazu kommt jede Woche ein Abendtreffen, das bei uns eindreiviertel Stunden dauert. Auf Wunsch kann darüber hinaus ein persönliches Gespräch mit einem der Begleiter vereinbart werden.

Agi Ruskowski: Zunächst muss jeder sich einen Vormittag pro Woche frei halten, um an den Treffen teilzunehmen, die bei uns eineinhalb Stunden dauern. Außerdem wird im Allgemeinen angestrebt, dass sich jeder Teilnehmer für die Dauer des Kurses täglich etwa eine halbe Stunde Zeit nimmt für einen Ausblick oder Rückblick auf den Tag, für Gebet und Meditation. Bei uns gehört auch das Lesen in einem eigens für jede Woche zusammengestellten Textheft zum Tagesprogramm. Für jeden Tag sind darin auf zwei Seiten einige kurze Texte zusammengestellt. Zum Schluss gibt es immer einen Impuls für den Tag.

 

Warum lohnt es sich aus Ihrer Sicht, sich diese Zeit zu nehmen und sich auf diese Erfahrung einzulassen?

Sr. Juliane Maria Feithen und Karl-Peter Küpper: Der Alltag wird anders erlebt; aus dem, was mir geschieht, können Erfahrungen werden, die mich wachsen lassen. Und Gott wird „alltäglicher“, bekommt mehr Platz im eigenen Leben. Letztlich geht es um mehr Leben. Und dafür lohnt sich dieser Einsatz allemal.

Agi Ruskowski: Meines Erachtens ist es immer ein Gewinn, sich selbst und seine Lebensgewohnheiten von Zeit zu Zeit zu hinterfragen. Dazu bieten solche Kurse eine ideale Gelegenheit.

 

Was nehmen die Teilnehmer aus diesem Angebot mit, wie sind da die Rückmeldungen?

Sr. Juliane Maria Feithen und Karl-Peter Küpper: Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Einige Beispiele: „Mir hat die ,tägliche Dosis Gott‘ so gut getan, dass ich versuche, eine kleine Zeit im Alltag auch weiterhin dafür zu reservieren.“ – „Ich habe einen neuen und persönlichen Zugang zur Bibel gefunden.“ – „Die Abendtreffen haben mir beim Entschleunigen und Ruhigwerden geholfen.“ Viele der Teilnehmer nehmen nach dem ersten Mal noch öfter daran teil. Für manche ist die jährliche Teilnahme an den „Exerzitien im Alltag“ ein wichtiger Punkt in ihrem Jahresprogramm, auf den sie nicht verzichten wollen.

Agi Ruskowski: Es tut den Teilnehmern gut, bei den Treffen zur Ruhe kommen zu können. Dabei empfinden die meisten die Ankommensübungen als sehr hilfreich. Die bereits erwähnten Impulse für den Tag erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit. Sie sind ein guter Vorsatz für den Tag, zum Beispiel: „Heute versuche ich, die Menschen, die mir begegnen, freundlich anzusehen.“ Häufig sind es einige dieser einfachen Impulse, die die Teilnehmer über das Ende des Kurses hinaus weiter begleiten. Die Teilnehmer schätzen außerdem den offenen Gedanken- und Erfahrungsaustausch, bei dem die Aussagen nicht kommentiert und vertrauliche Mitteilungen auch als solche behandelt werden. Niemand wird gedrängt, etwas zu sagen. Aus sehr verschiedenen Gründen fällt es manch einem zu Anfang schwer, sich zu äußern. Diese Teilnehmer sind dankbar, auch nur einfach zuhören zu können. Aber früher oder später überwindet fast jeder diese Hemmungen und teilt sich mit. Immer dann, wenn der Austausch von großer Offenheit geprägt ist, empfinden die Anwesenden dies als ein besonderes Geschenk, das wir uns gegenseitig machen und das in unseren Alltag ausstrahlt. Der beste Beweis für die Ehrlichkeit der positiven Rückmeldungen ist die Tatsache, dass viele Teilnehmer jedes Jahr wieder mitmachen.

Das Gespräch führte Andrea Thomas.

 

Info

Die „Exerzitien im Alltag“ in Haus Damiano stehen unter dem Thema „Du bist reich an Erbarmen!“. Die Treffen finden vom 2. März bis zum 6. April jeweils donnerstags von 20 bis 21.45 Uhr im Haus Damiano, I.–Rote‐Haag‐ Weg 16, Aachen statt. Die Abende bauen aufeinander auf. Der erste Abend ist als Einführungsabend gedacht. Begleitung: Karl-Peter Küpper und Sr. Juliane Maria Feithen SPSF. Kosten: 22,– Euro. Anmeldung (spätestens bis zum 24. Februar) und weitere Informationen unter: www.schervier-orden.de/site/angebote/exerzitienimalltag.

Die „Exerzitien im Alltag“ in Stolberg stehen unter dem Thema „Wie im Himmel, so auf Erden?“. Die wöchentlichen Treffen finden vom 7. März bis 4. April immer dienstags von 9.30 bis 11 Uhr im ökumenischen Gemeindezentrum Frankental, Frankentalstraße 22, Stolberg statt. Kosten für Materialien: 15,– Euro. Anmeldung telefonisch bei Agi Ruskowski unter 0 24 02/7 17 42.