Symbole für Segen, Trost und Schutz

Wegkreuze in und um Düren

Wegkreuz in der Felderlandschaft  zwischen Birgel und Gey. (c) Andreas Drouve
Wegkreuz in der Felderlandschaft zwischen Birgel und Gey.
Datum:
11. Aug. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 33/2020 | Andreas Drouve

Überall sieht man sie – und übersieht sie doch oft. Es sind kleine Kunstwerke, die zum Innehalten anstoßen, Impulse des Glaubens ausstrahlen, Trost spenden, Schutz und Segen verheißen, in jederlei Hinsicht Orientierung geben. 

Mal haben sie jahrhundertelang die Zeiten überdauert, mal sind sie jüngeren Datums. Mal haben sie sich an ihrem Ursprungsplatz erhalten, mal sind sie neu errichtet und umfassend renoviert worden. Sie sind gewöhnlich aus Stein gefertigt, Metall oder Holz. Sie können in Stille daliegen oder an vielbefahrenen Straßen. Gemeint sind christliche Kleindenkmäler, ausdrucksstarke Miniaturen von Bildhauern, Zeugnisse der Volksfrömmigkeit: Wegkreuze und Bildstöcke. Um sie (neu) zu entdecken und verinnerlichen, gilt es, Blick und Instinkt zu schärfen.


Einige erste Beispiele aus der Stadt

„Das Leben der Menschen wird begleitet von Kreuzen; seien es Straßenkreuzungen, Fensterkreuze, Schmuckkreuze, Wegkreuze oder Durchkreuzungen des Lebens“, heißt es in einem Dokument der Trauerhilfe Düren. Und weiter: „Das Kreuz schlechthin ist von seinem Ursprung her ein Symbol des schändlichen Todes, so wie auch Jesus sein Leben an einem Schand-pfahl lassen musste. Aber gerade durch den Tod Jesu wurde dem Kreuz die Schande genommen, und es wurde zum Zeichen des Sieges über den Tod und zum Erkennungszeichen aller Christen.“

In und um Düren findet sich eine erstaunliche Fülle an Wegkreuzen, selbst an Hauptverkehrsachsen durch die City. Ein erstes Beispiel: das barocke Kreuz am Bonner Platz, dort, wo die Ursulinenstraße in die Bonner Straße mündet. Der Inschrift zufolge stammt dieses sogenannte „Bonnkreuz“ aus dem Jahr 1700, darüber sind die Namen der Stifter Ioannes Bon und Helena Mawbachs verbürgt. Neben einer vormaligen Bäckerei erhebt es sich an der abgeschrägten Hausecke auf einem doppelstufigen Sockel. Der Gekreuzigte trägt ein goldenes Lendentuch, auch die Nägel in Füßen und Händen glänzen golden. Bei Sonne wirft er markant den Schatten an die Wand. Darunter steht, an seine Betrachter gerichtet: „Lernet, sehet, ob ein Schmerz den seinigen gleiche.“

Diesen Anstoß kann man hier allerdings nur aufschnappen, ohne ihn tief wirken zu lassen. Dazu ist der Alltagsverkehr, der entlangdonnert, zu unangenehm. Dahingehend teilt das „Bonnkreuz“ sein Schicksal mit weiteren im Stadtbereich, über die sich Lärm und Abgasschwaden legen. Das ist am schwarzen Wegkreuz, das sich zu Beginn der Zülpicher Straße etwas zurückgesetzt vor dem Rostrot einer Backsteinmauer abhebt, nicht anders als an jenem helleren Ecke Aachener Straße und Rütger-von-Scheven-Straße, das auf 1664 datiert ist. Im Deutsch jener Jahre liest man darunter: „Christen, be-thet den Heiland an, er ist glorreich erstanden.“ Kreuzungslärm trübt auch das Empfinden am Kreuz anno 1775, das an der Ecke Valencienner Straße und Gürzenicher Straße vor eine Klinkerwand gesetzt ist. Wer den Weg durch Gürzenich fortsetzt, landet in der Schillingsstraße auf Höhe der Hausnummer 161 vor einem Wegkreuz aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, gestaltet mit gepflegtem Blumenschmuck. Leise wird es dort, direkt an der Straße, zumindest intervallweise. 


Raum für Gebete und innere Einkehr

Gut, dass es andere Plätze gibt, wo die Ruhe beständig Raum zur inneren Einkehr gibt. Oder dazu, ein Gebet zu sprechen. Der Bildstock oberhalb von Kreuzau in Richtung Waldsaum ist so ein Beispiel, eingefasst in einen Jägerzaun und mit einem Bänkchen davor. Der Wind fährt durch Fichten-, Eschen-, Eibenzweige. Vögel zwitschern. Hinter dem Gitter des winzigen Buntsandsteinheiligtums blickt man auf ein Marienbild von Günter Cornelius Scheidt von 1985; die moderne Gottesmutter hat intensiv grünblaue Augen. Manchmal brennt ein Kerzchen.

Spaziert man außerhalb von Birgel in Richtung Gey, könnte die Lage jenes hölzernen Wegkreuzes, das laut Inschrift die Birgeler Freitags-Stammtischrunde 2007 stiftete, schöner kaum sein: begrenzt von Strauchwerk und einem Wiesenstück und weit weg von der Landstraße Birgel-Gey, die in der Ferne in Sicht liegt. Am Kreuz teilen sich diverse Wege, so wie im wahren Leben. Das wirft die Frage auf: Wo wird uns das Schicksal hintreiben? Wird man gelenkt, hat man es selbst in der Hand? Hier an dieser Stelle muss man sich nur entscheiden: die gerade Strecke zur Landstraße hin, auf dem Weg zurück ins Dorf oder voraus die Passage bergauf? Jogger traben längs, Spaziergänger atmen tief durch, Reiter und Hundeführer grüßen. Hinter dem kleinen Christusbildnis klemmt eine Kunstblume.


Besonderes Schmuckstück in Stockheim

Zum Abschluss ein besonderes Schmuckstück: das Wegekreuz an der Kreuzauer Straße in Stockheim, das in diesem Jahr 250. Geburtstag feiert. Die Kreuzigungsgruppe habe seit 1770, so das ausgehängte Infoblatt, „bisher allen Unbilden der Natur, der Kriege und der Menschen getrotzt“. Ob das Kreuz im Zuge damals grassierender Kinderseuchen errichtet wurde, könnte sein, ist aber nicht abschließend geklärt. Fest steht, dass man sich dem Bann der polychromierten Figuren unter dem schützenden Überbau nicht entziehen kann. Hingucker sind überdies die Blumenkästen, das Gitter, das nebenliegende Fachwerk. Da stört auch ein gelegentlich vorbeirauschendes Fahrzeug nicht.

Wegkreuze in der Region Düren

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