Der Domschweizer ist freundlich, aber bestimmt: „Der Dom ist geschlossen“, sagt er zu einem Trüppchen von Leuten, das sich durch den eigentlichen Ausgang in das Aachener Münster drückt.
rEr versucht allerdings, die Falschen abzuweisen – sind sie an diesem Abend doch wesentliche Hauptdarstellerinnen im Aachener Dom: Julia Kraayvanger, Annika Bürcks, Sofie Kapuscik, Finia Lillie und Ellen Mevissen aus Krefeld haben den Gewinnertext im Songwriting-Wettbewerb des Bistums Aachen geschrieben und drehen jetzt mit dem Kölner Musiker Lothar Kosse dort ein Musikvideo.
Sofie Kapuscik
Im Innern des Doms haben Kameramann Robin Schall und Michael Hoppe, Leiter des Fachbereichs Kirchenmusik im Bistum Aachen, alles vorbereitet: Das Oktogon ist auf ein paar Stühle, Kisten und Hocker leer geräumt, den Platz unterm Barbarossaleuchter hellen starke Strahler auf. Denn das Bild ist heute entscheidend. Deshalb dauert es auch noch ein bisschen, ehe die 14- und 15-jährigen Schülerinnen drehbereit sind. Sitzen die Haare, fällt das T-Shirt faltenfrei, ist die Aufregung im Griff? Kosse, besonders bekannt für seine christliche Popularmusik, schlägt mit den ersten Playback-Tönen aus der roten Bluetooth-Box in die Seiten seiner Gitarre. Er hat aus dem Text der Schülerinnen einen rockigen Song gemacht und ihn im Studio professionell eingespielt. Den Mädchen gefällt das Ergebnis richtig gut: „Der Song ist so fröhlich geworden wie der Text“, sagt Sofie.
Ähnliche Töne hören die bis zu 1200 Jahre alten Mauern des Doms sicher nur sel-ten. Für Hoppe war dennoch sofort klar, wo das Video zum Song „Significant“ („You are always there for me“) aufgenommen werden soll: „Wir wollten in den Aachener Dom – auch um zu zeigen: Jeder soll hier seinen Platz finden! Der Dom öffnet sich auch für solche Dinge.“ „Solche Dinge“ sind Projekte, die Jugendliche in ihrer Lebenswirklichkeit abholen und in Auseinandersetzung mit Werten und damit auch mit Kirche bringen.
Das ist Finia, Julia, Sofie, Annika und Ellen so gut gelungen, dass selbst die Jury gestaunt hat und den anderen 29 Einsendungen nur wenig Gewinnchancen ließ. Ge-schrieben haben sie über Familie, Freundschaft und Liebe. Und über ihr Vertrauen in Gott. Die Schülerinnen haben der Jury mit Zeilen wie „I miss you, when you’re not here, and I dance when you near“ oder „Lord, you’ll never leave my side. Guide me safely through this life. […] You’re the golden in my black, you’re the sunshine in the rain“ schon beim Lesen Gänsehaut verschafft. „Es ist nicht nur ein religiöses Lied. Es steckt alles drin“, meint Gerhard Nellessen aus der Jugendabteilung des Bistums.
„Significant“ entstand im vergangenen Schuljahr in der Chor-AG der Maria-Montessori-Gesamtschule Krefeld. Chorleiter Heinz-Peter Kortmann wurde auf den Wettbewerb des Bistums aufmerksam und gab den Fünfen die Aufgabe, einen Songtext zu entwickeln. Jetzt sitzen sie vor der Kamera, Schall bewegt sich langsam vor und hinter ihnen, wechselt die Perspektive, um die prächtige Kuppel und den Barbarossaleuchter mit in Szene zu setzen. Hoppe schmeißt immer wieder per Handy das Playback an. „Später können wir ja auch noch Einzelaufnahmen in der Chorhalle machen“, schlägt er vor. Finia, Julia, Sofie, Annika und Ellen brauchen allerdings noch ein bisschen, um aufzutauen. Mit weit aufgerissenem Mund das Singen zu imitieren, kommt ihnen doch komisch vor. Spaß haben sie trotzdem.
Und am Ende werden sie das Video auch nicht ganz allein bestreiten müssen. 30 Chöre und Jugendgruppen haben Videos eingesendet, auf denen sie „Significant“ performen und als virtueller Chor ins Video geschnitten werden. Zu finden sein wird das Ganze später auf Youtube – und dem Betrachter in verschiedener Hinsicht eine neue Perspektive auf Kirche verschaffen.