Spuren jüdischen Lebens

In den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach erinnern viele Orte an die Opfer der Nazis

Das historische Rathaus in Erkelenz ist Teil der Route des Erinnerns. (c) Garnet Manecke
Das historische Rathaus in Erkelenz ist Teil der Route des Erinnerns.
Datum:
22. Jan. 2025
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2025 | Garnet Manecke

Es war einmal eine blühende Kultur, von der heute in weiten Teilen der Regionen Heinsberg und Mönchengladbach nur noch Spuren übrig sind. Auch hier wird am 27. Januar in verschiedenen Veranstaltungen der Befreiung des Konzentrationslagers 
Auschwitz gedacht. Aber auch ohne Jahrestage gibt es viele Orte, die an den Holocaust und seine Folgen erinnern.

Öffentliches Gedenken  In Erkelenz ist es seit 2011 Tradition, die Namen der gut 100 Opfer aus dem Erkelenzer Stadtgebiet am alten Rathaus von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang laut zu verlesen. Laut erschallt dann die Endlosschleife über den gesamten Markt. Weil der gerade umgebaut wird, ist das nun im zweiten Jahr nicht möglich. Deshalb lädt der Heimatverein unter dem Leitwort „Erkelenz erinnert sich“ um 19 Uhr zu einer Gedenkstunde in das historische Rathaus ein, bei der die Namen verlesen werden.

Auch in Hückelhoven wird es im Gymnasium ein von den Schülerinnen und Schülern gestaltetes öffentliches Gedenken geben. Die örtliche Pax-Christi-Gruppe und der Bürgermeister Bernd Jansen laden dazu ein. Start: 19 Uhr.
In Mönchengladbach wird das Gedenken zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz mit der Umbennung eines Teils der Blücherstraße in Hilde-Sherman-Zander-Straße begangen. Die Staße liegt zwischen der Zentralbibliothek und dem Standort der früheren Synagoge, die in der Pogromnacht am 
9. November 1938 zerstört wurde. Die Veranstaltung beginnt um 13 Uhr vor der Zentralbibliothek (Ecke Blücherstraße/ Kaiserstraße).

 

Wie sich Schüler engagieren  Außerhalb offizieller Jahres- und Gedenktage gibt es zahlreiche Erinnerungsorte in den Regionen, die an die Folgen der Nazi-Herrschaft erinnern. Viele dieser Orte sind durch Schülerprojekte entstanden. So ist die „Route gegen das Vergessen“ im Erkelenzer Stadtgebiet auf Grundlage eines Internetprojekts von Schülerinnen und Schülern des Cornelius-Burgh-Gymnasiums 2011 installiert worden.
Seit Mitte der 1990er Jahre gestaltet die Schülerschaft der Gemeinschaftshauptschule Erkelenz am 9. November eine Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof, den sie auch pflegt. Eine virtuelle Route hat 2021 die Klasse 9c des Korschenbroicher Gymnasiums geschaffen. Sie hat sich auf die Spuren jüdischen Lebens in und um Korschenbroich gemacht und ihre Entdeckungen in fünf Videos und zwei Textbeiträgen festgehalten.

Jüdische Feste und Traditionen sind dabei ebenso Thema wie die früheren Synagogen, die Friedhöfe, Biografien und das jüdische Leben in der Stadt. Für ihre Arbeit wurden die Jugendlichen mit dem Förderpreis „Engagement gegen das Vergessen“ ausgezeichnet.
In Geilenkirchen nahmen Schülerinnen und Schüler des St. Ursula-Gymnasiums Kontakt zum Sohn der Holocaust-Überlebenden Ilsa Cole auf. Vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten besuchte Ilsa Cole selbst als jüdische Schülerin die katholische Schule. Damals hieß sie noch Ilse Dahl. Mit ihrem Sohn Steve, der in Kansas City (USA) lebt, trafen sich die Jugendlichen per Video-Schaltung zu einem Gespräch.

 

Jüdisches Leben in der Gegenwart  Wer mit Juden spricht, erfährt, wie der Antisemitismus wieder offen aufgeflackert ist. Die Polizeipräsenz vor der Synagoge in Mönchengladbach ist wieder verstärkt worden, Beerdigungen auf jüdischen Friedhöfen werden von Polizei begleitet. In Mönchengladbach gibt es eine aktive jüdische Gemeinde, die zunehmend Anfeindungen ausgesetzt ist. Antisemitische Schmierereien an öffentlichen Gebäuden kommen immer wieder vor. „In Mönchengladbach wird viel für unsere 
Sicherheit getan“, sagt Leah Floh, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde bei einer Solidaritätskundgebung nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. „Aber die Menschen haben Angst. Sie trauen sich nicht mehr vor die Tür.“

Spuren jüdischen Lebens in den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach

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