Sprechfähig

100 Frauen predigen bundesweit rund um das Fest der Apostelin Junia

Frauen am Altar sind immer noch keine Selbstverständlichkeit. (c) www.pixabay.com
Frauen am Altar sind immer noch keine Selbstverständlichkeit.
Datum:
10. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 19/2023

Zum Tag der Apostelin Junia initiierte die KFD – Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands – den Predigerinnentag, der immer um den 17. Mai begangen wird. Jahrhundertelang wurde aus der Apostelin, die schon Paulus in seinem Römerbrief (Röm 16,7) erwähnte, zum „Junias“. Erst in den 1970ern wurde Junia wiederentdeckt und 2016 „rehabilitiert“, also anerkannt. „Der Name Junia steht für ein klassisches Frauenschicksal in einer immer noch von Männern dominierten katholischen und säkularen Welt. Junia war jahrhundertelang unsichtbar“, heißt es. Die Redaktion hat zu diesem Anlass im Bistum Aachen Frauen gefragt: „Was hätten Sie zu sagen…?“ auf der Kanzel oder auch zum Predigerinnentag. Ein Stimmungsbild.

Wendepunkt der Kirche

Bärbel Schumacher (c) privat
Bärbel Schumacher

Ich habe zum Predigerinnentag ausgehend von Junia und der ersten Apostelin Maria Magdalena in zwei Sonntagsmessen unserer GdG in verschiedenen Kirchen gepredigt und von meinen Erfahrungen erzählt und von dem Wandel, den ich in 35 Berufsjahren erlebt habe. 
Ich habe in meiner Mitarbeit in der Kirche immer das große Glück gehabt, dass andere, mit denen ich zusammengearbeitet habe, mir etwas zugetraut haben und gesagt haben: Man wächst mit seinen Aufgaben. Das ist einerseits super, aber war auch manchmal ganz schön aufregend. Aber gestimmt hat es trotzdem. Ich habe viel positive Resonanz in den beiden Gottesdiensten erfahren, sowohl mit spontanem Applaus als auch von Frauen und Männern verschiedener Altersgruppen, die mich nachher persönlich angesprochen haben und die mir zurückmeldeten, ich hätte ihnen aus dem Herzen gesprochen.

Denn wir stehen heute, wie selten vorher, an einem Wendepunkt in der Kirche. Wie viele Menschen haben in den letzten Jahren enttäuscht, traurig oder wütend die Gemeinschaft der Kirche verlassen. Aus gutem Grund. Weil sie sich nicht gesehen fühlten oder manches nicht mehr mittragen konnten und wollten. Weil sie sich ausgeschlossen fühlten. 
Mehr und mehr sehen Frauen nicht mehr ein, warum ihnen der Zugang zu den Ämtern verwehrt bleibt. Trotzdem oder auch deswegen bin ich der Meinung: Es lohnt sich, sich in der Kirche zu engagieren.

Meine eigene – zum Glück – sehr positive Erfahrung in der Kirche in meinen Berufsjahren ist: Wandel geschieht dadurch, dass wir ihn tun und leben. Wenn mir vor 30 Jahren jemand gesagt hätte, dass ich zum Beispiel regelmäßig jede Woche mehrere Beerdigungen halte und dort Menschen begleite und die zentrale Hoffnung unseres Glaubens verkünde – ich hätte es nicht geglaubt.

Kirche und Gemeinden haben für mich nur eine Zukunft, wenn wir uns gegenseitig groß sein lassen im Sinne Jesu. 

Bärbel Schumacher, Pastoralreferentin GdG Alsdorf

Noch ein langer Entscheidungsweg

Marie-Theres Jung, (c) privat
Marie-Theres Jung,

Wenn der bundesweite Predigerinnentag der KFD stattfindet, werde ich auf meiner jährlichen Trier-Wallfahrt unterwegs sein.

In diesem Jahr finde ich es besonders wichtig, diesen Tag zu begehen, denn mit dem Predigerinnentag unterstreichen wir unsere Forderung nach der Predigterlaubnis für Laiinnen in der Eucharistiefeier, wozu im Synodalen Weg ein positiver Beschluss gefasst wurde. Zu diesem Beschluss gab es allerdings sofort eine Reaktion aus dem Vatikan, die das kirchenrechtliche Verbot noch einmal bekräftigte.

Es scheint noch ein langer Entscheidungsweg vor uns zu liegen, allerdings sieht die Praxis in manchen Pfarreien anders aus. Schon jetzt predigen Frauen auch in Eucharistiefeiern, da Priester erkannt haben, wie wertvoll es ist, das Evangelium auch aus einer weiblichen Sicht deuten zu lassen oder von Menschen, die in einem anderen Lebensalltag stehen. 

Während der Wallfahrt feiern wir selbstverständlich gemeinsam Gottesdienst und bringen unsere eigenen Gedanken zu den Texten der Evangelien ein. Am Sonntag werde ich diesen Gottesdienst gestalten und das Evangelium, in dem es um die Beziehung der Jünger und Jüngerinnen zu Jesus geht, vergleichen zu der Beziehung von Eltern zu ihren Kindern. Wenn Kinder nicht alle Ge- und Verbote der Eltern halten, brauchen sie einen nachsichtigen Blick, damit eine gegenseitige Liebe wachsen kann. Wir stehen alles in diese bedingungslose Liebe Gottes zu der wir aufgefordert sind diese weiterzutragen. 


Marie-Theres Jung, Diözesanvorsitzende der KFD Aachen

Auftrag der Getauften

Lioba Buscher (c) privat
Lioba Buscher

Getaufte Männer und Frauen haben den Auftrag erhalten: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1Petr 3,15). Daraus leite ich ab, dass auch Frauen berufen sind, das Evangelium zu verkünden und auszulegen. 
Für mich ist es ein Scheinargument, wenn gesagt wird, dass nur dann der Zusammenhang zwischen Wortfeier und Mahlfeier gewahrt bleibt, wenn der Priester, der der Messe vorsteht, das Evangelium auslegt. Es ist nicht geschlechtergerecht, qualifizierte Frauen von der Verkündigung in der Messe auszuschließen. Dies wird von den Glaubenden nicht mehr akzeptiert. 
Wenn Frauen nicht predigen dürfen, wird dem Heiligen Geist, der in ihnen wirkt, der Mund verschlossen, dann werden viele Charismen nicht gehoben. 
Ich werde am Predigerinnentag über die Texte der Leseordnung predigen. In einem ersten Schritt betrachte ich die Schriftstellen und ziehe Kommentare hinzu. Dann schaue ich, was mir ins Herz gefallen ist, welche Assoziationen und Ideen mir zu den Schriftstellen aus meiner weiblichen Sicht auf dem Boden meiner Alltagserfahrungen kommen, und fasse sie ins Wort. 
Mir ist es wichtig, das Evangelium in unsere heutige Zeit hinein zu übertragen und Anregungen zum Weiterdenken mit auf den Weg zu geben.

Lioba Buscher, geistliche Begleiterin Exerzitienarbeit im Bistum Aachen

Was sich ändern muss

Anita Zucketto-Debour (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Anita Zucketto-Debour

Warum ich predige anlässlich des KFD-Predigerinnentages? Ich halte es da mit dem Positionspapier des Synodalen Wegs zur Frauenfrage: Es ist begründungspflichtig, warum Frauen nicht predigen sollen und nicht umgekehrt.

Entsprechend haben in der Konsequenz zur letzten Synodalversammlung Bischof Overbeck und Bischof Bode die Frauenpredigt schon auf den Weg gebracht. Ich predige in der Pfarrei Gregor von Burtscheid in der Eucharistiefeier, wie auch schon im vergangenen Jahr mit Erlaubnis des Ortspfarrers und Regionalvikars Pfarrer Frank Hendriks. Dabei ist es keineswegs das erste Mal, dass ich predige: In meinem langjährigen pastoralen Einsatz in der Gemeinde St. Gregorius Aachen und in der dortigen Gemeindeleitung nach can. 517 § 2 CIC als tätige Laiin habe ich immer dann gepredigt, wenn es in meinen Aufgabenbereich fiel: zur Erstkommunionfeier, in Jugendgottesdiensten, in Schulgottesdiensten, in Misereor-Gottesdiensten usw.

Die Predigt zum KFD-Predigerinnentag nehme ich zum Anlass, darüber nachzudenken, wie sich unsere Kirche unter pastoraltheologischer Perspektive und mit Bezug zu den biblischen Texten vom Tag ändern muss, damit sie Klerikalismus – wesentliche Ursache des Machtmissbrauchs – vermeidet. Meine Quintessenz wird sein: getaufte Christen und Christinnen müssen sich selbst ermächtigen, das zu tun, was sie vom Evangelium verstanden haben, und zugleich danach fragen, was die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte der Menschen von heute sind. Oder anders gesagt: Wird die Kirche keine Kirche der Laien und Laiinnen, so wird sie bald nicht mehr da sein. Hier gibt es klare Kipppunkte – wie auch beim Klima.

Anita Zucketto-Debour, Leiterin des Mentorates Aachen

Unnötige „Demonstration

Äbtissin Christiana Reemts (c) privat
Äbtissin Christiana Reemts

Mit dem Predigerinnentag habe ich mich, ehrlich gesagt, noch nicht beschäftigt. Soweit ich weiß, hat Rom vor Kurzem noch einmal bekräftigt, dass es die Aufgabe des Priesters ist, in der Eucharistiefeier zu predigen und dass Nicht-Priestern dieses Recht nicht zusteht. Insofern würde ich selbst an diesem Tag sicher nicht predigen. Ganz verstehe ich auch nicht, wozu diese „Demonstration“ nötig ist. Wenn ich nur einmal von mir selbst ausgehe, so habe ich mehr als genug Möglichkeiten, in unserer Kirche zu predigen, Vorträge zu halten, Seminare zu geben, bei irgendwelchen Veranstaltungen mitzuwirken …, so dass ich nicht recht einsehe, warum ich für das Recht, auch in der Eucharistiefeier zu predigen, kämpfen sollte. Ein bisschen kommt mir das vor, wie die Prinzessin im Märchen, die alle Türen im Schloss bis auf eine öffnen darf, aber natürlich muss sie unbedingt diese eine öffnen. Ich bin ganz und gar überzeugt, dass es für unsere Kirche wichtig ist, dass auch Nicht-Priester ihre Perspektive in der Auslegung des Evangeliums einbringen, aber in der Eucharistiefeier möchte ich, dass der Priester, der diese Feier im Auftrag Christi leitet, mir auch das Evangelium verkündet.

Äbtissin Christiana Reemts, Abtei Mariendonk

Termine

Samstag, 13.5.2023, 17 Uhr

Herz-Jesu-Kirche, Kreyenbergstraße 2, 41751 Viersen, Predigerinnen: Maria Czurda, Liesel Jesse, Martina Beinhoff 

Samstag, 13.5.2023, 18 Uhr

St. Johann, Abteiplatz, 52066 Aachen, Predigerin: Anita Zucketto-Debour 

Sonntag, 14.5.2023, 10.30 Uhr

Abtei Kornelimünster, Oberforstbacher Straße 71, 52076 Aachen, Predigerin: Lioba Buscher 

Sonntag, 14.5.2023, 11 Uhr

Münster-Basilika St. Vitus, Abteistr. 41, 41061 Mönchengladbach, Predigerin: Burga Gripekoven 

Sonntag, 14.5.2023, 10.30 Uhr

St. Anna, Annaplatz 8, 52349 Düren, Predigerin: Antje Stevkov