Solidarität mit den Juden

Die christlichen Kirchen haben historisch eine große Verantwortung für ihre jüdischen Nachbarn

Der Davidstern an der Fassade der Synagoge in Mönchengladbach. (c) Garnet Manecke
Der Davidstern an der Fassade der Synagoge in Mönchengladbach.
Datum:
26. Mai 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 21/2021 | Garnet Manecke

Schon seit einigen Jahren erstarkt der Antisemitismus in Deutschland wieder. Trauriger Höhepunkt in Mönchengladbach ist der Hitlergruß eines Mannes vor der Synagoge – obwohl die Polizei anwesend war. Es ist für die Christen Zeit, die jüdischen Nachbarn aktiv zu schützen.

Wenn Sie, liebe Leserin und lieber Leser, diese Ausgabe der KirchenZeitung in der Hand halten, haben in Mönchengladbach einige Menschen auf dem Adenauer-Platz in der Nähe der Synagoge ihre Solidarität mit ihren jüdischen Nachbarn bekundet. Ausgegangen war die Initiative für diese Veranstaltung von der jüdischen Gemeinde. „Pro Israel und gegen Antisemitismus“ haben sie die Kundgebung genannt, bei der neben der Vorstandsvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Leah Floh, auch der Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), Hans-Ulrich Rosocha, gesprochen hat.

Rosocha ist der evangelische Vorsitzende. Er teilt sich mit seinem katholischen Kollegen Wolfgang Bußler und mit Svetlana Stepaneca für die jüdische Gemeinde den GCJZ-Vorsitz. Rosocha hat sich intensiv mit den Wurzeln des Antisemitismus beschäftigt. „Welche Rolle die christlichen Kirchen gespielt haben, ist schon erschreckend“, sagt er. „Wenn man bedenkt, dass Jesus Jude war und das Christentum aus dem Judentum entstanden ist…“ Er spüre große Verantwortung gegenüber der jüdischen Gemeinde.

Seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019 ist auch die Polizeipräsenz vor der Synagoge in Mönchengladbach wieder verstärkt worden. Wie nötig das ist, zeigt der Vorfall vergangene Woche. Direkt vor der Synagoge zeigte ein Mann den Hitlergruß – vor den Augen der Polizei. Der Mann konnte gefasst werden.

Der Vorfall zeigt deutlich, dass Antisemitismus wieder salonfähig geworden ist. Denn antisemitische Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen nehmen zu. Und sie sind oft nicht mehr anonym. Das Problem ist nicht neu: Bereits 2014 beklagte Leah Floh in einem Zeitungsinterview, dass sich Juden in Deutschland nicht mehr sicher fühlten. 
Neben dem Antisemitismus, den es in Deutschland auch nach dem Ende des Nationalsozialismus noch gab, sind in den vergangenen Jahren auch antisemitische Tendenzen durch Einwanderer dazugekommen. „Viel junge Muslime sind damit aufgewachsen“, sagt Rosocha. Er sieht daher die Arbeit mit jungen Menschen als eine der wichtigsten Grundlagen für die Bekämpfung des Antisemitismus. Die GCJZ engagiert sich stark in schulischen Projekten, um aufzuklären. Auch einen Schulpreis hat die GCJZ für Projekte rund um die Themen Judenverfolgung und Erinnerungskultur ausgelobt.
Jeder noch so kleine Schritt zähle, um den jüdischen Mitmenschen den Rücken zu stärken, ist Rosocha überzeugt – gerade dann, wenn es in der Verständigung Rückschläge gebe. Auf lange Sicht trage die Zusammenarbeit Früchte.