Sich vom Glauben berühren lassen

Die Aachenerin Christiane Eichler-Magdsick fordert mit ihren Krippen-Installationen ihr Gegenüber heraus

Vom goldenen Kern: Christiane Eichler-Magdsick (l.) erläutert ihre Installation in der Aachener Citykirche zum Weltkrippenkongress im Januar 2020. (c) Dorothée Schenk
Vom goldenen Kern: Christiane Eichler-Magdsick (l.) erläutert ihre Installation in der Aachener Citykirche zum Weltkrippenkongress im Januar 2020.
Datum:
25. Nov. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 48/2020 | Dorothée Schenk

Die Krippenbau-Teams nehmen so langsam ihre Arbeit auf. Eine, die ihrem Rhythmus und eigenen Vorstellungen im Krippenbau folgt, ist die Aachenerin Christiane Eichler-Magdsick.

Christiane Eichler-Magdsick (c) privat
Christiane Eichler-Magdsick

„Die Heilige Familie sind Flüchtlinge, Ausgegrenzte, Außenseiter – das ist eine ungeheure Diskrepanz, die man nicht sehen will“, sagt die 76-Jährige mit Nachdruck. Wer an eine Krippe denkt, hat sofort Bilder im Kopf. Sie sind es, die Christiane Eichler-Magdsick aufbricht. „Für mich ist die Krippe die archetypische Sehnsucht nach dem Geborgensein.“ In diesem Sinne wird das Gegenüber herausgefordert, herkömmliche Sichtweisen werden verändert und neu definiert. 

Die ehemalige Kunsterzieherin stellt seit 2009 im rechten Seitenschiff der Aachener Citykirche St. Nikolaus an der Großkölnstraße ihre besonderen Krippen auf. Gekommen ist sie dazu, weil ihr „Eingriff“ beim Aufbau der traditionellen Krippenlandschaft im Jahr zuvor für Empörung sorgte: Zwischen die Figuren hatte sie Stelen gestellt, auf die Bilder von Luxusgütern aus Zeitschriften geklebt waren. Das erzeugte selbst beim Citykirchen-Personal lauten Widerspruch. 

„Der Krippenweg in Aachen hat für mich etwas Dekoratives, der aber nicht meinen Glauben berührt. Ich denke, das geht vielen anderen auch so“, sagt Christiane Eichler-Magdsick und nahm in den Folgejahren Kriegseindrücke, Flüchtlinge im Mittelmeerraum oder die goldene Paketflut, die die Heilige Familie auseinanderreißt, in ihre Darstellungen auf. 

In der Familientradition der Protestantin spielen Krippen keine Rolle. Als Kriegsflüchtling mit der Mutter von Pommern nach Weimar gekommen, kann sie sich nicht erinnern, je eine Krippe in einer Kirche gesehen zu haben. Die wirkliche Auseinandersetzung mit dem Glauben habe erst als Kunstlehrerin am St.-Ursula-Gymnasium begonnen. „Es ging mir immer darum, aus dem Herplappern von bekannten Texten herauszukommen, so dass ich wirklich merke: Ich bin gemeint“, unterstreicht die Kunstpädagogin.

Als sie bereits aus dem Schuldienst ausgeschieden war, gestaltete sie mit Schülerinnen für die Nikolauskirche eine besondere „Krippenausstellung“, die überschrieben war mit dem Leitwort: „Und wie sieht Weihnachten bei Ihnen aus?“ In viele Kartons als Einblicke in die unterschiedlichen Befindlichkeiten der harmonischen Familie, der Einsamen und Abgewendeten hatten die Mädchen sie gestaltet und Besucher eingeladen, auf einem Plakat dazu ihre Eindrücke zu hinterlassen. „Weihnachten ist auch Kommunikation“, sagt Christiane Eichler-Magdsick. Sie hat ihre eigene Tradition geprägt: Ihre Krippeninstallation „Vom goldenen Kern“ wird wohl auch in diesem Jahr zu sehen sein.