„Sein Sterben wurde österlich.“

Seine letzte Ruhestätte fand Papst Franziskus in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore. Auch im Aachener Dom nahmen zahlreiche Menschen von ihm Abschied. (c) Bistum Aachen/Christian van t'Hoen
Seine letzte Ruhestätte fand Papst Franziskus in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore. Auch im Aachener Dom nahmen zahlreiche Menschen von ihm Abschied.
Datum:
7. Mai 2025
Von:
Aus der Kirchenzeitung, Ausgabe 17/2025

Bischof Dr. Helmut Dieser: Beliebtheit und Faszination von Franziskus gehen über seinen Tod hinaus.

Nach Ansicht des Bischofs von Aachen, Dr. Helmut Dieser, gehen auch vom toten Papst Franziskus Faszination und Anziehung aus. „Diese Beliebtheit und Faszination gehen auch über seinen Tod hinaus von ihm aus und sind wirklich persönlich“, würdigte Dieser den verstorbenen Papst im Pontifikalrequiem im Aachener Dom. „Sein Sterben wurde österlich, nicht nur vom Datum, sondern von seinem Glauben her. Und so ist unser verstorbener Papst auch über seinen Tod hinaus ein Zeuge für den Auferstandenen.“ 

„Der Papst ist kein Großfürst, sondern Zeuge für einen anderen.“

Bischof Helmut Dieser würdigte die Bescheidenheit von Papst Franziskus und seine Nähe zu den  Menschen. (c) Bistum Aachen/Christian van t'Hoen
Bischof Helmut Dieser würdigte die Bescheidenheit von Papst Franziskus und seine Nähe zu den Menschen.

Wie der Bischof ausführte, haben ungezählte Menschen online die Bilder des toten Papstes Franziskus im offenen Sarg und dann bei seiner Beisetzung den geschlossenen Sarg auf dem riesigen Petersplatz gesehen. „Was ist das, ein toter Papst? Und hoffentlich bald wieder ein neuer Papst? Die Faszination, die Anziehung, die Petrus und seine Nachfolger ausstrahlen?“, fragte er nachdenklich. „Dürfen wir diesen Kräften trauen? Uns selbst ihnen überlassen?“

(c) Bistum Aachen/Christian van t'Hoen

Von Papst Franziskus sei bekannt, dass er den direkten Kontakt mit den Menschen immer gesucht und geliebt hat, und noch in den letzten Tagen seiner Schwäche habe er sich im Rollstuhl auf den Petersplatz bringen lassen, und die Menschen seien ganz nah an ihn herangekommen. In vielen seiner großen Schriften und in seinen vielen Ansprachen habe er immer wieder betont: Das Evangelium ist nicht rein geistig, es darf nicht entleiblicht werden, es ist nicht nur intellektuell, es ist auch fleischlich, es ist vor allem herzlich und wird gelebt in echten menschlichen Beziehungen. 

„Für all das wurde und wird Papst Franziskus geliebt“, hob der Bischof hervor. „Doch er selbst traute solchen Kräften nicht, er wollte keinen Kult um seine Person. Immer hat er Wert auf Schlichtheit gelegt. Er wollte auch als Papst möglichst sein wie alle anderen.“ So habe er zum Beispiel beim Optiker in Rom seine neue Brille selbst abgeholt und sei im einfachen Kleinwagen zu seinen Ortsterminen gefahren. „Der Papst ist kein Großfürst oder Machthaber im Reigen der Großen dieser Welt, sondern Zeuge für einen Anderen“, unterstrich Dieser. „Alle Faszination wollte Papst Franziskus auf diesen Anderen lenken, auf Jesus Christus, auf den Menschensohn, den Gekreuzigten, den Auferstandenen, den Sohn Gottes, der als Lebender beim Vater ist und für uns eintritt.“ 

„Solche Logik des Herzens wollte er anwenden in allen Lebensfragen und in allen Glaubensthemen.“

In Jesus, ja in seinem menschlichen Herzen, habe Papst Franziskus zum Ende seines Pontifikats alle Anziehungskraft und Richtigkeit des Evangeliums gebündelt und verbürgt gesehen. So habe er in seiner letzten Enzyklika aus dem Oktober vergangenen Jahres mit dem Titel „Dilexit nos“ („Er hat uns geliebt“) wie in einem Vermächtnis einige letzte Worte geschrieben: „Vor dem Herzen Christi bitte ich den Herrn, noch einmal Erbarmen zu haben mit dieser verwundeten Erde, die er als einer von uns bewohnen wollte.“ In diesen testamentarischen Worten des verstorbenen Papstes spüre er Franziskus´ eigenes Herz schlagen, erklärte Dieser. „Solche Logik des Herzens wollte er anwenden in allen Lebensfragen und in allen Glaubensthemen. So setzte er seine Zeichen und Gesten, so ging er mit den politischen Herausforderungen um, so prägte er seinen Stil als Papst, und so stellte er der ganzen Kirche die Aufgabe, den Glauben herzlich zu leben und eines Herzens aus ihm zu schöpfen.“

Papst Franziskus sei aber nicht naiv gewesen und habe kein einfaches Gutmenschentum gepredigt. Deshalb habe er in seiner letzten Enzyklika geschrieben: „Seien wir vorsichtig: Machen wir uns bewusst, dass unser Herz nicht eigenständig ist, es ist zerbrechlich und verwundet.“ Alle seine Lehren und Unterweisungen seien genau dieser inneren Richtung gefolgt: Aus etwas, was schon richtig sei, könne mehr werden; was verwundet sei, könne langsam heilen, was sei, werde gut, wenn es geliebt werde, und was falsch oder böse sei, könne nur von einer größeren Liebe überwunden werden, der göttlichen und menschlichen Liebe, die im Menschen Jesus, in seinem heiligsten Herzen, bei uns sei.

In seiner Ansprache erinnerte Dieser daran, dass der Papst in den Wochen seiner Lungenentzündung und seiner schweren Atemkrise mehrfach dem Tod nah gewesen sei. Er habe es jedoch mit Hilfe der Ärzte geschafft, bis Ostern zu überleben. Zum letzten Mal in seinem irdischen Leben habe er daraufhin am Ostersonntag seiner Bischofsstadt Rom und dem ganzen Erdkreis den Segen Urbi et Orbi spenden können und sei dann am Morgen des zweiten Tages der Osteroktav gestorben. Die Furcht vor dem Tod, die natürliche Abscheu, die alle Menschen vor dem Sterben und vor der Totenwelt hätten, werde durch die christliche Hoffnung verwandelt.“

„Dieses Geschenk hat auch unser verstorbener Papst von seinem Herrn bekommen“, betonte der Aachener Bischof. „Diesen Osterglauben wollen wir mit dem Verstorbenen teilen.“