Sei kein Otto!

Kampagne zum Spendentaler der Schervier-Schwestern

Generaloberin Sr. Martha Kruszynski, Sr. Veronika Stolze, Birte Ossenkop, Martha Breil, Genevieve Seillier – und Otto. (c) Andrea Thomas
Generaloberin Sr. Martha Kruszynski, Sr. Veronika Stolze, Birte Ossenkop, Martha Breil, Genevieve Seillier – und Otto.
Datum:
6. Nov. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 45/2018 | Andrea Thomas
In diesen Tagen, wenn Kinder mit ihren Laternen wieder singend an den heiligen Martin erinnern, steht auch wieder eine Szene aus seinem Leben im Mittelpunkt: der römische Soldat Martinus, der selbstlos mit seinem Schwert seinen warmen Mantel teilt, um die Not eines Bettlers zu lindern.
So sieht der neue grüne Spendentaler aus. (c) Andrea Thomas
So sieht der neue grüne Spendentaler aus.

 Bettler gibt es auch in den Straßen unserer Tage noch. Sie bitten uns meist um ein wenig Kleingeld. Wer es schafft, sein Herz zu verschließen vor einem Menschen in Not, der ignoriert dies und geht seiner Wege. Der, in dem ein wenig vom Geiste und der Nächstenliebe des heiligen Martin steckt, hat nun meist ein Problem. Helfen möchte er, aber nicht immer hat er Kleingeld zur Hand und ist Geld zu geben überhaupt die richtige Lösung? Bereits 2006 haben die Aachener Schervierschwestern daher den „Scherviertaler“, einen roten Plastikchip im Gegenwert eines Frühstücks in ihrer Franziska-Schervier-Stube, entwickelt.

Er soll Menschen die Begegnung mit Bedürftigen erleichtern, es einfacher machen, zu helfen, Not mit einer Mahlzeit ein wenig zu lindern und einem Mensch (Be-)Achtung zu schenken, indem man nicht wegsieht. Eine Aktion, die auch Birte Ossenkop, Genevieve Seillier und Martha Breil angesprochen und überzeugt hat. Die drei jungen Frauen studieren an der Fachhochschule Aachen Gestaltung und nutzten ein Semesterprojekt, um dem „Scherviertaler“ ein neues Aussehen zu verpassen und ihn über eine Werbekampagne (wieder) bekannter zu machen. Der Taler heißt jetzt „Spendentaler“ und hat ein hoffnungsvolles Grün. Für ihre Kampagne, die im Herbst startete, entwickelten sie den Slogan „Sei kein Otto! Drück dich nicht vor der Frage nach Kleingeld. Mit dem Spendentaler immer die richtige Antwort dabei“. Mit Otto, der liebevoll gezeichneten Figur eines jungen Mannes, der sich verschämt zu verstecken sucht, soll man sich identifizieren können. „Das Gefühl, das Menschen, die in Aachen unterwegs sind, gegenüber Obdachlosen haben, wird in der Figur Ottos überspitzt wiedergegeben“, erläutern die Studentinnen ihre Idee. Auf humorvolle Art werde der Betrachter auf ein Fehlverhalten aufmerksam gemacht und erkenne sich vielleicht sogar in Otto wieder. „Der Betrachter wird überzeugt, sich anders zu ver- halten, denn niemand will ein Otto sein.“

 

Hinsehen statt Wegsehen

Bei den Schwestern kam die Initiative der drei sehr gut an. „Auch der Obdachlose oder Bettler hat es verdient, dass man ihm ins Gesicht blickt, wenn man angesprochen wird“, sagt Schwester Veronika Stolze, Leiterin der Schervier-Stube. „Gerade die Lebenssituation auf Hilfe angewiesener Menschen ist oft nicht leicht. Das Selbstwertgefühl sinkt rapide bei Verlust der Arbeitsstelle, Lebensschicksalen oder auch psychischen Problemen.“ Natürlich sei niemand verpflichtet, etwas zu geben. Aber Hinsehen statt Wegsehen, so verstehe sie christliches Leben mit Menschlickeit, auch für die Armen. Zu bekommen sind die „Spendentaler“ im Kloster an der Elisabethstraße sowie in den Innenstadtfilialen der Bäckerei Nobis. Überschüssige Taler können an der Klosterpforte abgegeben werden. Denn, so wissen die Schwestern aus Erfahrung, nicht jedem gelinge es trotz Bedürftigkeit, Hilfe auch anzunehmen. Der Erlös aus dem Verkauf der Taler fließt auch in die Arbeit der Schervier-Stube.

Mehr:  www.sei-kein-otto.de