Schwamm aus dem Mund!

Jugendchorwochenende in Nideggen sorgt für Spaß, Stimmbildung und fördert die Gemeinschaft

KOnzentration bei der Probe (c) Stephan Johnen
KOnzentration bei der Probe
Datum:
19. Feb. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 08/2019 |Stephan Johnen
Nichts geht über Aufwärmübungen. Drei Mal kräftig „Du Sack!“ in den Raum gerufen, anschließend ein leichtes Hüpfen – und das „Dona nobis pacem“ klingt gleich viel kraftvoller.

Es ist nicht immer leicht, 130 Jugendliche ein Jugendchorwochenende lang bei Stimme, pardon, Stimmung zu halten. Schon gar nicht an einem schönen Samstagnachmittag, wenn es kurz vor der Kuchenpause bei den Proben etwas kniffliger wird. Doch Michael Hoppe hat immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. „Ich habe ja nichts gegen Körperhygiene. Aber bitte nehmt jetzt einmal den Schwamm aus dem Mund“, ruft der Kirchenmusikreferent im Bistum Aachen den jungen Sängerinnen und Sängern zu. Ein weiteres Lachen entspannt die Muskeln. „Ja, das ist schwierig, aber da müssen wir durch“, sagt der Chorleiter augenzwinkernd. Schließlich steht an diesem Wochenende in der Jugendherberge Nideggen noch viel auf dem Programm. Ganz nebenbei wächst auf kleinstem Raum eine Gemeinschaft zusammen. Es wird zusammen gearbeitet, geprobt, gescherzt und gelacht.

Luisa Marie Pütz, 11 Jahre, aus Kall: „Ich bin gerne im Chor, weil ich dort mit Freunden Spaß habe. Einmal in der Woche wird geprobt, darauf freue ich mich richtig. Singen ist eine Möglichkeit, die eigenen Gefühle auszudrücken. Deswegen mache ich auch gerne Musik und gehe tanzen.“

Unter dem Motto „Praise together“ hat das Bistum Aachen im Februar erstmalig Jugendchöre aus allen Regionen zu einer mehrtägigen Probe eingeladen. Höhepunkt war der Gottesdienst der Jugendlichen mit Bischof Helmut Dieser in der Nideggener Pfarrkirche St. Johannes Baptist. Am vergangenen Sonntag traten die Teilnehmer noch einmal zusammen in Aachen-Burtscheid auf.

Marie Gerts, 19 Jahre, aus Aachen-Forst: „Auch wenn am Anfang nicht immer alles wie aus einem Guss klingt, wächst der Chor von Probe zu Probe zusammen. Niemand ist verärgert, wenn man einen Fehler macht. Es ist schön zu erleben, wie sich alles harmonisch zusammenfügt.“

Die Idee, ein mehrtägiges Angebot zu unterbreiten, ist im Kreis der Kollegen entstanden, erklärte Chorleiter Frank Sibum aus Aachen-Forst. „Wir wollten speziell etwas für Jugendchöre anbieten“, sagt er. Die Idee fand Unterstützung beim Referat für Kirchenmusik des Bistums Aachen. 130 Jugendliche von 11 bis 20 Jahren aus dem Bistum nahmen an der Premiere in Nideggen teil. Von Pop bis Gospel und Worship erarbeiteten sich die Mitglieder der verschiedenen Chöre ab Freitagabend gemeinsam das neue Repertoire für den Gottesdienst. „Ich denke, dass wir mit diesem Angebot in der richtigen Spur sind“, freut sich Michael Hoppe. Singen sei zwar derzeit so populär wie schon lange nicht mehr, aber kirchliche Chöre hätten es dadurch nicht automatisch leichter, Nachwuchs zu finden. In Nideggen konnten die Jugendlichen eine „sehr lebendige Kirche“ erfahren.

Laura Woznica, 17 Jahre, aus Mönchengladbach-Odenkirchen: „Chor bedeutet für mich Flucht aus dem Alltag. Jeden Tag gibt es neue Herausforderungen, im Alltag, in der Schule, bei der Vorbereitung auf das Abitur. Jede Chorprobe hilft mir dabei, den Kopf wieder freizubekommen, neue Kraft zu schöpfen.“

„Zwei Tage lang habt ihr geprobt – heute ist alles live“, bedankte sich der Bischof während des Gottesdienstes bei den Jugendlichen für deren Einsatz. Aus eigener Erfahrung wisse er, wie mühsam Proben sein können, wie steinig mancher Weg sei. Aber es lohne sich, diese Mühen auf sich zu nehmen, Gemeinschaft zu erfahren, Freude zu schenken und geschenkt zu bekommen, Menschen mit dem Gesang zu berühren. „Singen im Chor ist auch eine spirituelle Erfahrung. Es macht Freude, aber die Jugendlichen sind auch berührt“, ist Bischof Dieser überzeugt.

Julian Eßer, 11 Jahre, aus Voißel: „Ich bin ein Musiker, spiele Schlagzeug, Cajon und Trompete. Seit fünf Jahren singe ich aber auch im Chor. Wenn ich beispielsweise nach einem sehr schnellen Stück am Schlagzeug wieder von der Hektik runterkommen möchte, hilft mir der Gesang dabei. Mittlerweile singe ich schon in zwei Chören.“

Das Programm des Gottesdienstes oder Konzertes war anspruchsvoll. Aber die einzelnen Stücke waren bewusst so ausgewählt, dass jeder Chor sie auch in der eigenen Gemeinde singen kann. In so großer Besetzung finden Jugendchorproben sonst aber nur selten statt. „Wir wollen Gemeinschaft erfahrbar machen, den Jugendlichen zeigen, dass es noch viele andere Gleichaltrige gibt, die im Chor singen“, erklärte Frank Sibum. „Die Chorarbeit prägt junge Menschen, hat soziale Aspekte“, fügt Michael Hoppe hinzu. Die jungen Sängerinnen und Sänger lernen, sich zu präsentieren, im Team zu arbeiten, aufeinander Rücksicht zu nehmen, Stärken und Schwächen auszugleichen. Dieses Teamwork konnte sich sehen und hören lassen.

Anton Neßeler, 14 Jahre, aus Aachen-Forst: „Singen im Chor bedeutet für mich Spaß haben. Wer singt, weiß: In der Gemeinschaft ist es noch schöner.“